Wieso wird die Verlängerung der Sperrfrist bei Eigenbedarfskündigung auf 10 Jahre bei angespannten Wohnlagen insbesondere im Speckgürtel Berlins von Ihnen verweigert.

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Rainer Genilke
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Frage von Olaf M. •

Wieso wird die Verlängerung der Sperrfrist bei Eigenbedarfskündigung auf 10 Jahre bei angespannten Wohnlagen insbesondere im Speckgürtel Berlins von Ihnen verweigert.

Sehr geehrter Herr Genilke, auf Grund verfehlter Wohnungspolitik in Berlin und z.B. in Potsdam ist es zu einer erhebliche Anspannung im Mietwohnungsmarkt, insbesondere auch für mittlere Einkommen, gekommen. Dies führt, wie Sie der Presse entnehmen konnten, durch geplante Verkäufe zu befürchteten, sozialen Verdrängungen aktueller Mieter. Die von der Stadtverwaltung Potsdams propagierte Ausweichmöglichkeit in anderen, vergleichbaren Wohnraum ist nicht gegeben. Dies ist auch in der seit Jahren rückläufige Zahl an Umzügen innerhalb der Stadt sichtbar. Entgegen Ihrer Aussage, dass hier kein Bedarf für die punktuelle Verlängerung der Kündigungssperrfristen besteht, besteht dieser Bedarf dringend. Zumal Sie von der Stadt Potsdam wohl schon mehrfach um diese Fristverlängerung gebeten wurden. Ich bitte Sie doch für mich als Bürger und ggf. Betroffener Ihre Ablehnung fundierter und nachvollziehbarer zu begründen.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr M.

vielen Dank für Ihre Frage zur Verlängerung der Sperrfrist bei Eigenbedarfskündigung von drei auf zehn Jahre.

Bei Kündigungen wegen Eigenbedarfs sind nach meiner Auffassung die verfassungsrechtlich geschützten Interessen von Mietern und Eigentümern wechselseitig abzuwägen. Dieser Interessensausgleich erfolgt insbesondere über das Mietrecht. Neben der dreijährigen Sperrfrist bei einer Wohnungsumwandlung nach § 577a BGB muss ein Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses haben und sein Bedarf muss nachvollziehbar sein und auch nachgewiesen werden. Der Vermieter muss darüber hinaus tatsächlich die ernsthafte Absicht haben, die fragliche Wohnung selbst zu nutzen oder zumindest einem Angehörigen zu überlassen. Zusätzlich legt das Mietrecht dem Vermieter weitere Nachweise auf, wie beispielsweise, dass der Bedarf des Vermieters nicht durch eine andere freistehende oder freiwerdende Wohnung gedeckt werden kann.

Dem Mieter hingegen steht neben der grundsätzlich immer möglichen gerichtlichen Überprüfung der Kündigung auch die Berufung auf diverse Härtefallregelungen frei. Hier kommen insbesondere das Alter, ein im Bereich des Mieters vorhandener Pflegebedarf etc. in Betracht.

Damit schafft das bestehende Mietrecht bereits einen fairen Interessensausgleich zwischen Mieter und Vermieter.

Das Land Brandenburg hat im Jahr 2020 ein Gutachten zur „Überprüfung der Gebietskulisse mit angespannten Wohnungsmärkten im Land Brandenburg im Hinblick auf den Bedarf für die Verlängerung der Kündigungssperrfrist nach § 577a Abs. 2 BGB sowie bei Feststellung des Bedarfs der Fristendifferenzierung nach Gemeinden“ erstellen lassen. Nach Auffassung des Gutachters wurde die Relevanz der Tatbestände der Kündigungssperrfrist als äußerst gering eingeschätzt. Insbesondere hat die Datenlage keinen konkreten Aufschluss für die Notwendigkeit einer Kündigungssperrfristverordnung auf Landesseite liefern können. 

Den Kommunen steht es jedoch offen, einen anderweitigen Nachweis zu führen, wobei insbesondere gegenüber dem Verordnungsgeber darzulegen und angemessen zu untersetzen wäre, warum die allgemeine Kündigungsbeschränkung von drei Jahren unzureichend wäre, und es stattdessen einer bis zu zehnjährigen Frist bedürfte. Dies ist bisher nicht erfolgt.

Freundliche Grüße

Rainer Genilke

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