Frage an Rainer Wend bezüglich Senioren

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Rainer Wend
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Frage von Ludwig R. •

Frage an Rainer Wend von Ludwig R. bezüglich Senioren

Rentendilemma
Anhebung auf Kosten der Jüngeren

Hallo, Herr Abgeordneter

das Horror-Szenario, daß derzeit von sogenannten Experten, Volksvertretern und Arbeitgebern, unterstützt von den dafür bekannten Medien-Monopolen, in der Öffentlichkeit betrieben wird, grenzt an Volksverhetzung!
Haben Sie schon vergessen: Im Oktober 2005 waren die Rentenkassen ausgeplündert. Die zwangsweise erhobenen Rentenbeiträge der vielen Millionen Beschäftigten geburtenstarker und vor allem vollbeschäftigter Jahrgänge waren von der Regierung Kohl & Co und deren Nachfolger für versicherungsfremde Leistungen zweckentwendet worden.

Die heutige Rentnergeneration hat ihr Rentenkapital selbst aufgebracht. Dafür muß die jüngere Generation nicht einstehen.
Sie muß vielmehr einstehen für die Fehlentscheidungen unserer gewählten Volksvertreter in der Vergangenheit bis heute.

Wie stehen Sie, Herr Abgeordneter, zu diesen Tatsachen?
Sind Sie auch verantwortlich für die Verwendung der vielen Milliarden Rentengelder für versicherungsfremde Leistungen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Recktenwald,

die gesetzliche Rentenversicherung beruht auf dem so genannten Umlageverfahren. Das bedeutet, die eingezahlten Beiträge werden unmittelbar für die Finanzierung der Leistungen herangezogen. Rücklagen werden nur in einem sehr geringen Umfang gebildet. Deshalb ist Ihre Aussage, die heutige Rentnergeneration habe ihr Rentenkapital selbst aufgebracht, nicht ganz richtig. Die heutigen Rentner haben vielmehr – wie alle Beitragszahler in der gesetzlichen Rentenversicherung – einen Anspruch auf Leistungen erworben. Finanziert werden die Renten aber von den heutigen Arbeitnehmern. Damit ausreichend Renten ausgezahlt werden können, muss es also auch ausreichend Arbeitnehmer geben, die Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung leisten.

Bereits in meiner Antwort vom 18. März 2008 an Herrn Sollinger habe ich auf die demografische Entwicklung und ihre Auswirkungen hingewiesen: Unsere Gesellschaft altert durch die steigende Lebenserwartung und die niedrigen Geburtenzahlen. Das bedeutet, dass das Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Rentner immer ungünstiger wird. 1950 wurde die Rente eines Rentners noch durch die Beiträge von vier Erwerbstätigen finanziert, heute sind es noch zwei Beitragszahler je Rentner. 2040 werden es lediglich noch 1,5 sein und bereits 2050 beträgt das Verhältnis unter gleich bleibenden Bedingungen fast eins zu eins. Außerdem beziehen die Rentner durch die gestiegene Lebenserwartung immer länger ihre Renten. Seit Beginn der 80er Jahre ist die durchschnittliche Rentenbezugsdauer bei Männern von 11,1 auf 14,8 Jahre und bei Frauen von 14,1 auf 18,8 Jahre gestiegen.

Schaut man sich diese Zahlen an, wird deutlich, dass die Renten unserer Kinder und Enkelkinder deutlich niedriger ausfallen werden, als die jetzigen Renten. Denn bereits jetzt gibt es erhebliche Lücken in der Rentenkasse, die mit Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt – und damit aus Steuergeldern! – gedeckt werden müssen. Diese Zuschüsse belaufen sich mittlerweile auf knapp 80 Mrd. Euro im Jahr. Das ist ein Drittel des gesamten Bundeshaushaltes! Der vielfach geführte Einwand, dass mit diesen Steuerzuschüssen so genannte „versicherungsfremde Leistungen“ gezahlt werden ist richtig, ändert aber nichts an der Grundaussage, dass wir vor allem aufgrund der demografischen Entwicklung ein Finanzierungsdefizit in der gesetzlichen Rentenversicherung haben. Bei genauerer Betrachtung der versicherungsfremden Leistungen wird zudem deutlich, dass diese nicht vermeidbar sind. Denn das sind Leistungen, die die Rentenversicherung unabhängig von Beitragszahlungen des Versicherten gewährt, etwa für Kindererziehungszeiten oder für die Rentenanteile aus Anrechnungszeiten und Ersatzzeiten, z.B. der Kriegsteilnehmer.

Mir ist bewusst, dass es viele Rentner gibt, deren Renten nicht hoch sind und die nicht viel Geld zur Verfügung haben. Ich habe mich auch keineswegs gegen die Rentenerhöhung ausgesprochen, weil ich Rentnern keine höhere Rente gönne. Mit einer planmäßigen Anpassung der Renten an die Lohnentwicklung (das wären in diesem Jahr dann 0,46% statt der nun geplanten 1,1%) bin ich auch vollkommen einverstanden. Die geschilderten strukturellen Veränderungen unserer Gesellschaft machen aber deutlich, dass es unseren Kindern und Enkelkindern im Alter wesentlich schlechter gehen wird, wenn wir jetzt nicht umsteuern. Deshalb waren Maßnahmen wie die schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters dringend notwendig und deshalb ist es aus meiner Sicht nicht verantwortlich, die heutigen Renten deutlich zu erhöhen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Rainer Wend