Sollte nicht zuerst Israel primär verantwortlich sein, die humanitäre Hilfe für die Zivilpersonen im Gazastreifen zu organisieren und vor allen auch zu leisten ?

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Frage von Andreas S. •

Sollte nicht zuerst Israel primär verantwortlich sein, die humanitäre Hilfe für die Zivilpersonen im Gazastreifen zu organisieren und vor allen auch zu leisten ?

Sehr geehrte Frau Alt,
die Hamas hat Israel angegriffen. Israel hat Selbstverteidigungsrecht!
Inwieweit das, was ISrael derzeit macht noch vom Völkerreccht gedeckt ist, möchte ich hier nicht hinterfragen, wo selbst die UNO und die USA zur Mäßigung aufrufen.
Ich bitte jetz keinen Textbaustein zum Angriff der Hamas !
Ich habe eine klare Frage.!
Sollte nicht Israel primär verantwortlich sein, die humanitäre Hilfe für die Zivilpersonen im Gazastreifen zu organisieren und vor allen auch zu leisten ???
Israel ist kein armes Dritteweltland ! Leistet Israel überhaupt humanitäre Hilfe im benötigten Rahmen?

Andreas S.

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Sehr geehrter Herr S.,

Ihre Besorgnis um die Menschen im Gazastreifen, deren Lage katastrophal ist, begrüße ich sehr. Es ist dringend nötig, die Versorgung der Zivilbevölkerung so gut wie möglich zu gewährleisten. Vor dem Überfall der Hamas hat Israel z. B. 50 % des Stroms und bis zu 10 % des Wassers in den Gazastreifen geliefert. Das Völkerrecht verpflichtet eine Konfliktpartei nicht dazu, selbst Lieferungen in das Gebiet der anderen Partei zu liefern. Aus israelischer Sicht muss die Hamas den Diebstahl von Hilfsgütern einstellen und die Lieferungen freigeben, die sie der Zivilbevölkerung gestohlen hat, um ihre terroristischen Ziele zu unterstützen. Zwar lässt Israel weiterhin Hilfsgüter in den Gazastreifen hinein, aber es kommt nicht genügend bei den Bedürftigen an.

Die Bundesregierung setzt sich auf diplomatischer Ebene intensiv für eine humanitäre Feuerpause und für sichere Korridore ein, damit kurzfristig deutlich mehr Hilfsgüter in den Gazastreifen geliefert werden können. Dass dies noch nicht geschehen ist, liegt in erster Linie daran, dass die Hamas auf einem vollständigen Rückzug Israels und dem Ende des Krieges beharrt. Läge der Hamas das Wohl der Menschen am Herzen, hätte sie ihre Geiseln längst freigelassen, statt sich weiter hinter der Zivilbevölkerung zu verschanzen.

Ich begrüße es, dass sich die Bundeswehr am Abwurf von Hilfsgütern beteiligt, denn diese Hilfe habe ich selbst bereits im November 2023, auch in den Medien, als eine mögliche zusätzliche Unterstützung gefordert. Aber die Bedürftigen können nur auf dem Landweg gezielt und nachhaltig versorgt werden.

Bereits vor dem 7. Oktober 2023 war ein Großteil der Bewohner des Gazastreifens auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Hamas, die den Gazastreifen seit 16 Jahren regiert, hat vorrangig in ihre militärische Aufrüstung investiert, statt die Lage der Zivilbevölkerung zu verbessern. Das Palästinenserflüchtlingshilfswerk UNRWA organisiert seit Jahrzehnten die Hilfstransporte von Wasser, Lebensmitteln, Medizin etc. in den Gazastreifen und regelt die Verteilung der Hilfsgüter vor Ort. Finanziert wird das UN-Hilfswerk zu fast 90 Prozent von den Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen. Die übrigen zehn Prozent kommen von den Vereinten Nationen selbst, von Unternehmen und Stiftungen. Die größten Geberländer sind die USA und Deutschland.

Immer wieder gab es Vorwürfe gegen UNRWA wegen zu großer Nähe zu militanten islamistischen Organisationen. Etwa 10 Prozent der rund 13.000 UNRWA-Mitarbeiter im Gazastreifen sollen Verbindungen zur Hamas bzw. zum Islamisches Dschihad haben. Im Januar 2024 wurde bekannt, dass einige der UNRWA-Mitarbeiter im Gazastreifen am Überfall der Hamas auf Israel teilgenommen haben.

Aktuell gibt es im Gazastreifen leider keine anderen Strukturen, weshalb die Arbeit von UNRWA vorläufig weitergeht. Die Versorgung der Bevölkerung mit den Hilfsgütern ist laut der internationalen Hilfsorganisationen, die vor Ort aktiv sind, aktuell ohne UNRWA überhaupt nicht möglich. Nach dem Ende der Kampfhandlungen ist eine grundlegende Neuaufstellung der UN-Strukturen im Nahen Osten dringend nötig, um zukünftig einen Missbrauch von internationalen Hilfsmitteln auszuschließen und eine bessere Versorgung der palästinensischen Zivilbevölkerung zu erreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Renata Alt

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