Warum ist der Entwurf des neuen Tierschutzgesetzes derart enttäuschend? Warum gibt es kein Verbot des Verkaufs von Welpen und anderen Tieren über Online-Plattformen?

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Renata Alt
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Frage von Susanne S. •

Warum ist der Entwurf des neuen Tierschutzgesetzes derart enttäuschend? Warum gibt es kein Verbot des Verkaufs von Welpen und anderen Tieren über Online-Plattformen?

Warum werden dadurch die vollen Tierheime nicht entlastet?

Warum werden die Belange der Bürger überhaupt nicht ernst genommen?

Warum kein Verbot von Langstrecken-Tiertransporten in Länder außerhalb der EU? Ist längst überfällig und Tierquälerei!

Warum muss ich Bilder ertragen von Rindern in riesigen Fährschiffen, die wochenlang im stinkenden Kot stehen, bis die entsetzliche Reise zu Ende ist?

Warum gibt es kein Verbot von Amputationen, um Tiere an landwirtschaftliche Haltungssysteme „anzupassen“? Niemand darf einem Tier grundlos Schmerzen zufügen?

Warum gibt es kein Verbot jeglicher Form der Anbindehaltung?

Warum gibt es kein Verbot der Privathaltung exotischer Wildtiere als „Haustiere“?

Warum gibt es kein Verbot aller Wildtierarten im Zirkus (ohne Schlupfloch)? Cirque du Soleil hat gezeigt, wie erfolgreich es ohne Tiere geht?

Warum gibt es kein Verbot von Qualzuchten in der Landwirtschaft und im Heimtierbereich? Seriöse Züchter steuern bereits dagegen.

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Sehr geehrte Frau S.,

gerne beantworte ich Ihre Fragen. 

Warum ist der Entwurf des neuen Tierschutzgesetzes derart enttäuschend? 

Der Tierschutz ist eine herausfordernde Balance zwischen notwendigen Verbesserungen für die Tiere und der Entwicklung praxistauglicher Regelungen. Deutschland zählt bereits weltweit zu den führenden Nationen in diesem Bereich. Auch auf EU-Ebene gibt es bereits die international besten Tierschutzstandards. Trotzdem wollen wir immer besser werden, z. B. durch die Einführung einer verpflichtenden Videoüberwachung in Schlachthöfen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat einen Entwurf für ein neues Tierschutzgesetz entwickelt auf den eine Rekordzahl an Rückmeldungen von verschiedenen Verbänden sowie zahlreiche Änderungsanträge vom Bundesrat folgten. Diese Reaktionen verdeutlichen, dass der Entwurf des BMEL noch erheblichen Überarbeitungsbedarf hat. Das Gesetz steht nun am Beginn der parlamentarischen Beratung und wir werden sorgfältig prüfen, inwiefern die Anmerkungen und Vorschläge Berücksichtigung finden können. Die Belange aller, auch der Bürger, nehmen wir dabei ernst.

Warum gibt es kein Verbot des Verkaufs von Welpen und anderen Tieren über Online-Plattformen?

Durch höhere Anforderungen an das Onlineangebot von Tieren wird eine lückenlose Rückverfolgbarkeit zum jeweiligen Anbieter eines Tieres sichergestellt. Damit sind die Möglichkeiten zur Kontrolle des Anbieters durch die zuständigen Behörden verbessert. Kriminellen Aktivitäten der Anbietenden wird damit keine Plattform mehr geboten.

Warum werden dadurch die vollen Tierheime nicht entlastet? 

Dass Tierheime voll sind, kann viele Gründe haben. Ein Verbot des Onlinehandels würde nicht automatisch zu einer Entlastung führen.

Warum kein Verbot von Langstrecken-Tiertransporten in Länder außerhalb der EU? Ist längst überfällig und Tierquälerei! Warum muss ich Bilder ertragen von Rindern in riesigen Fährschiffen, die wochenlang im stinkenden Kot stehen, bis die entsetzliche Reise zu Ende ist?

Das Thema Tiertransporte in Drittländer wird in der Novelle zum Tierschutzgesetz nicht aufgegriffen, weil es rechtlich in Deutschland nicht umsetzbar ist. Unsere nationale Gesetzgebung ist an die die EU-Transportverordnung gebunden, die allein für die grenzüberschreitenden Transporte innerhalb der EU und in Drittländer zuständig ist.  Es wäre reine Augenwischerei etwas in unser Tierschutzgesetz zu schreiben, wenn in Drittländern nicht rechtssicher vollzogen werden kann.  Fakt ist: Bei den Tiertransporten besteht eine ausschließliche Zuständigkeit der EU, die eine Sperrwirkung für Mitgliedsstaaten bedeutet. Demnach dürfen Mitgliedsstaaten nur tätig werden, wenn sie von der Union dazu ermächtigt werden oder wenn sie Rechtsakte der Union durchführen. Insofern versuchen wir über alternative Wege Einfluss auf die Bedingungen für Tiertransporte in Drittländer zu nehmen, indem wir uns beispielsweise auf EU-Ebene für bessere Regelungen für Tiertransporte und einen Ausbau des Datenbanksystems TRACES einsetzen. Wir begrüßen auch die jüngsten Verschärfungen der deutschen Tierschutztransportverordnung, wonach tierwohlgerechtere Maßnahmen im Bereich Temperaturanforderungen, innerstaatliche Transportdauer, Mindestalter und behördliche Kontrolle.

Warum gibt es kein Verbot von Amputationen, um Tiere an landwirtschaftliche Haltungssysteme „anzupassen“? Niemand darf einem Tier grundlos Schmerzen zufügen?

In der konventionellen Nutztierhaltung kann man heute noch nicht vollständig auf nicht-kurative Eingriffe verzichten.  Durch die Einführung der neuen Tierhaltungskennzeichnung werden aber neue Anreize gesetzt, damit Nutztierhalter auf das Schwänze kupieren bei Schweinen oder auf die Enthornung bei Kälbern verzichten. Als FDP ist uns aber die freie Entscheidung des Nutztierhalters sehr wichtig. Ein pauschales Verbot des Schwänze kupieren bei Schweinen wird aber kein Mehr an Tierwohl bringen, weil es vielfältige Gründe für das Schwanzbeißen gibt. Das Enthornen von Kälbern darf nur noch mit Betäubung durch eine fachkundige Person geschehen.

Warum gibt es kein Verbot jeglicher Form der Anbindehaltung?

Die ganzjährige Anbindehaltung wird in 10 Jahren beendet sein – dazu haben wir uns innerhalb der Ampel-Koalition verständigt. Inwieweit eine temporäre Anbindung im Rahmen von Ausnahmegenehmigungen für bestimmte Betriebe in der Rinderhaltung erlaubt sein kann, werden wir im parlamentarischen Verfahren beraten. Die Forderung einer vollständigen Abschaffung der Anbindehaltung in der Falknerei lehnen wir ab.  Die Zielrichtung des Gesetzes betrifft die Rinderhaltung und nicht die jagdliche Falknerei.

Warum gibt es kein Verbot der Privathaltung exotischer Wildtiere als „Haustiere“?

Die Haltung dieser exotischen Tiere fällt unter die Kategorie Artenschutz. Viele dieser Exoten werden nur in Privathand oder nur bei Spezialisten gepflegt. Dadurch ist für diese Arten in Menschenobhut eine Reservepopulation entstanden. Tatsächlich sind einige Exoten in der Natur sehr selten geworden oder auch ausgestorben. 

Warum gibt es kein Verbot aller Wildtierarten im Zirkus (ohne Schlupfloch)? Cirque du Soleil hat gezeigt, wie erfolgreich es ohne Tiere geht?

Als Freie Demokraten sprechen wir uns gegen pauschale Verbote aus. Solange auch in Zirkussen eine artgerechte Haltung gewährleistet ist, spricht aus unserer Sicht nichts dagegen, dies für bestimmte Wildtierarten weiterhin zuzulassen. Entscheidungen darüber müssen nach Ansicht der FDP wissenschaftsbasiert getroffen werden.

Warum gibt es kein Verbot von Qualzuchten in der Landwirtschaft und im Heimtierbereich? Seriöse Züchter steuern bereits dagegen.

Beim Zuchtverbot von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen dürfen wir nicht über das Ziel hinausschießen und beispielsweise bestimmte Hunderassen vollständig verbieten. Ein Verbot der Dackel- und Teckelzucht ist nicht zielführend. Sehr viel sinnvoller ist ein Zuchtverbot für Tiere mit spezifischen Qualzuchtmerkmalen. Wir begrüßen darüber hinaus das im Gesetzentwurf eingebrachte Ausstellungsverbot für Wirbeltiere mit Qualzuchtmerkmalen. So verhindert man, dass ein von Qualzucht betroffenes Tier einem Publikum vorgestellt und damit Nachfrage generiert wird. 

Mit besten Grüßen

Renata Alt MdB 

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