Frage an Renate Künast bezüglich Finanzen

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Renate Künast
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Frage von Nell B. •

Frage an Renate Künast von Nell B. bezüglich Finanzen

S.g. Frau Künast,

lt. Medienberichten von heute werden die Grünen einem weiteren Hiflspaket für Griechenland vorauss. zustimmen.

Wie stehen Sie zu der zunehmenden Verarmung der Menschen hier im Land aufgrund der Eurorettung bzw. der Zinspolitik der EZB, die Deutschland mit vertritt?

Durch die lange Phase der extrem niedrigen Zinsen verringern sich Sparguthaben und Lebensversicherungen der Menschen im Land von Jahr zu Jahr. Dies ist eine schleichende Inflation und Verarmung der Bevölkerung zugunsten einer Eurorettung, die dem Land hohe Risiken aber keine ersichtlichen Vorteile bringt.

Der deutsche Export steigt lt. neuesten Pressemeldungen kontinuierlich, obwohl die verschuldeten Länder, die wir mit unseren Steuergeldern retten wollen, nicht mehr solvent sind und kaum noch importieren. Deutschland hat längst andere Märkte gewonnen und zwar hauptsächlich - mit Ausnahme von Frankreich - außerhalb der Eurozone.

Es wäre wünschenswert, wenn Opposition & Bundestag diese Eurorettung nicht immer nur kritiklos abnicken, sondern sich auch um Alternativen bemühen würden. Sowie um eine ehrliche und transparente Auskunft über die Kosten für die Eurorettung - und zwar inklusive der Verluste der Vermögen der Deutschen aufgrund der permanent niedrigen Zinsen.

Man hat manchmal den Eindruck, den Grünen ginge es aus partei-ideologischen Gründen hauptsächlich um die Rettung verarmter südeuropäischer Menschen - zu Lasten der Bürger hier im Land.

MfG
N. Bernstein

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Sehr geehrte Frau Bernstein,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema europäische Finanzpolitik. Ich erläutere Ihnen gern, warum ich für die Weiterführung der Finanzhilfen für Griechenland gestimmt hat.

Sie schreiben, der europäische Binnenmarkt mitsamt seinen Exportmöglichkeiten verliere für Deutschland an Relevanz. Dieser Einschätzung steht entgegen, dass unter den zehn größten Exportländern Deutschlands im Jahr 2012 sieben EU-Länder sind. Für den EU-Binnenmarkt ist die Stabilität des Euro zentral. Ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro würde diese Stabilität gefährden und Deutschland sehr viel mehr kosten als die bisher gewährten Finanzhilfen. Es liegt also im ureigenen wirtschaftlichen Interesse Deutschlands und seiner BürgerInnen, die Euro-Zone nicht auseinander brechen zu lassen.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung war lange überzeugt, dass sich die Probleme Griechenlands ausschließlich durch Sparen lösen lassen. Nachdem Griechenland für die Bevölkerung harte Einsparungen vorgenommen hat, ist eingetreten, wovor wir lange gewarnt haben: Sparen ohne Investitionen in nachhaltiges Wachstum verschärft die Rezession, welche wiederum das Einnahmeproblem des griechischen Staates noch vergrößert. Darum braucht Griechenland mehr Zeit für die notwendige Strukturreform - und diese Zeit kostet wiederum Geld.

Sie sorgen sich, dass es in Deutschland auf Grund von geringen Zinsen zu einer schleichenden Verarmung kommt. Es ist jedoch gerade eine Politik, die auf den Verbleib Griechenlands im Euro und generell auf eine stabile Wirtschafts- und Währungsunion setzt, welche die deutschen Spareinlagen und Versicherungen langfristig sichert. Niedrige Zinsen sind letztlich auch Ausdruck eines begrenzten Verlustrisikos. Hier behalten wir die Interessen der deutschen Bürger fest im Blick, wenngleich Europa für uns mehr ist als eine Abwägung von ökonomischen Kosten und Nutzen. Kooperation auf europäischer (und internationaler) Ebene ist notwendig, da einzelne Nationalstaaten den globalen Herausforderungen allein nicht gewachsen sind. Solidarität in Krisenzeiten ist Ausdruck dieser politischen Union.

Mit freundlichen Grüßen

Renate Künast

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