Frage an Roland Claus bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Portrait von Roland Claus
Roland Claus
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Roland Claus zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Udo R. •

Frage an Roland Claus von Udo R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Claus,

zur Frage der Gebührenerhöhung der Krankenkassen könnten Sie doch eine Eindeutige Stellung beziehen, einfach nur noch eine Kasse und für alle die gleichen Beiträge oder werden Kanzler und Bundestagsabgeordnete anders Krank als wir einfache Beitragszahler?
Wie wäre es noch mit der Abschaffung der Beamten oder der Besteuerung dieser einschließlich der gesamten Abzüge die ein normaler Arbeitnehmer hat , Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung usw. ?
Wie wäre es außerdem mit einer Bezahlung der Bundesregierung die sich an der allgemeinen Wirtschaftslage orientiert , Ursache für Mißstände ist doch die Politik die Sie machen.
Warum stimmen alle geschlossen einer Diätenerhöhung zu ? Mit welchem Recht bedienen Sie sich mit an den Steuern die ich zahle? Mit welchem Recht bekommen Politiker soviel Geld und diskutieren über Mindestlöhne ?

Portrait von Roland Claus
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Rasch,

es ist für mich immer eine gute Sache, wenn sich Menschen aus dem Burgenlandkreis - meinem Wahlkreis - mit ihren Fragen an mich wenden. Haben Sie also Dank dafür! Nun ist es freilich gleich eine ganze Reihe von Fragen, die Sie da an mich stellen, und die Antwort wird daher etwas länger ausfallen.

Ganz schnell sind die Dinge in der Frage der Krankenkassen erledigt. Da sind wir uns ganz einig. Meine Partei DIE LINKE fordert das, was Sie fordern, schon lange: eine Krankenkasse für alle, eine Rentenversicherung für alle. Wenn es das gibt, haben wir eine echte Solidargemeinschaft. Sie haben ja Recht: Bundeskanzler und Abgeordnete werden nicht anders krank als andere. Gleiche Beiträge für alle wollen wir aber nicht. Die Beiträge sollen weiterhin vom Einkommen abhängen. Wer mehr hat, soll auch mehr in die Solidargemeinschaft zurückgeben. Und wer weniger hat, hat ein Recht auf die solidarische Hilfe der anderen. Nur dann kann die Gesellschaft wirklich funktionieren - das heißt: so funktionieren, dass alle Menschen in Würde leben können.

Auch in der Frage des Beamtenrechts sind wir nicht weit voneinander entfernt. Eine Reform steht auch für DIE LINKE auf der Tagesordnung. Da muss im Sinne einer Solidargemeinschaft in der Tat Vieles auf den Prüfstand. Ich bitte Sie jedoch, zu bedenken, dass die Begriffe „Beamte“ und „Reichtum“ nicht automatisch zusammengehören. Viele Beamtinnen und Beamte in den Verwaltungen, in der Polizei, in der Volksbildung und an vielen anderen Stellen arbeiten in unteren Gehaltsgruppen mit entsprechend niedrigen Rentenansprüchen. Bei einer Reform muss all dies berücksichtigt werden.

Zur Ihrer Position in Sachen Bezahlung der Bundesregierung möchte ich Sie zunächst auf Folgendes aufmerksam machen: Sie benennen als Ursache für die Missstände „die Politik, die Sie machen“. Damit sprechen Sie mich direkt an. Nun bin ich aber nicht in der Regierung, und auch meine Partei DIE LINKE ist nicht an der Regierung beteiligt. Wir sind im Bundestag linke Opposition und kritisieren als solche die Bundesregierung. Das können Sie auf unserer Website www.linksfraktion.de jederzeit nachlesen: In unseren Reden und Anträgen fordern wir die Bundesregierung immer wieder auf, sich ihrer direkten Verantwortung für die Finanz- und Wirtschaftskrise stellen. Das heißt für uns vor allem: Die Bundesregierung muss ihren politischen Kurs ändern. Sie muss aufhören mit einer Politik, in der das Volksvermögen immer weiter von unten nach oben verteilt wird. Sie muss endlich beginnen, das Vermögen von oben nach unten zu verteilen. Das heißt: Es muss Schluss sein mit Steuergeschenken für die großen Unternehmen und die Reichen und Vermögenden. Und es muss für die Arbeiterinnen und Arbeiter und für die Angestellten Mindestlöhne geben. Wir fordern einen Mindestlohn von 8 Euro pro Stunde, der bis 2013 auf 10 Euro pro Stunde wachsen soll. Man muss von seiner Arbeit in Würde leben können. Und es müssen die Bezüge der Hartz-IV-Empfänger deutlich erhöht werden. Es muss dem unerhörten Druck, der auf die Hartz-IV-Empfänger ausgeübt wird, ein Ende bereitet werden. Es ist nicht gut für die Gesellschaft, wenn den Hartz-IV-Empfängern unterstellt wird, nicht arbeiten zu wollen. Alle Erfahrung besagt, dass dann, wenn es genügend Arbeit gibt, von der man leben kann, die Menschen auch arbeiten wollen.

Und die Bundesregierung muss ihre Finanzpolitik ändern. Die Krise ist entstanden, weil immer mehr gewaltige Vermögen und Unternehmensanteile in die Finanzspekulation gepumpt worden sind. Es geht um Hunderte Milliarden Euro, die auf diese Weise dem Wirtschaftskreislauf und damit auch dem alltäglichen Leben der Menschen entzogen worden sind. Die Bundesregierung muss diesem Umgang mit Vermögen einen Riegel vorschieben. Die Vermögen sind durch die Arbeit von Millionen Menschen entstanden - sie müssen auch diesen Millionen Menschen zugute kommen. Bis heute allerdings - und das kritisieren wir scharf - ist die Bundesregierung zu einem solchen Umsteuern nicht bereit. Im Gegenteil: Sie hat Gesetze zur Eindämmung der Finanzspekulation, die sie mitten in der Krise gefasst hat, schon wieder aufgehoben. Es ist wieder Spekulation in allergrößtem Rahmen möglich.

Die Gehälter der Bundesregierung, die Sie ansprechen, werden vom Bundestag beschlossen. Bitte bedenken Sie bei all Ihrem Ärger, dass dies auch künftig einem rechtsstaatlichen Verfahren folgen muss. Und bitte haben Sie für einen Moment auch im Auge, dass die Mitglieder der Bundesregierung zwar sehr viel mehr als die durchschnittlichen Gehaltsempfänger und erst recht viel mehr als die Empfänger von Hartz IV verdienen, aber oft auch deutlich weniger als viele Unternehmerinnen und Unternehmer, Managerinnen und Manager, Bankerinnen und Bankern und manch andere. Deutschland hat über 800.000 Millionärinnen und Millionäre. Ministerinnen und Minister sind kaum darunter. Ich frage mich daher, ob sich Ärger und Protest über die herrschenden Verhältnisse tatsächlich auf die Ministergehälter konzentrieren sollten. Gut: Die Ministergehälter stammen aus Steuergeldern, und die Millionärsvermögen nicht. Aber auch die Millionärsvermögen kommen aus der Arbeit der Bevölkerung! Auch das ist Vermögen, das sich aus der Arbeit von Millionen speist. Und nicht selten auch direkt aus Steuervergünstigungen. Und zuweilen sogar aus Steuerhinterziehung.

Sie merken, worauf ich hinaus will: Es geht mir immer wieder vor allem um die Politik, die die Regierungsmitglieder machen. Kümmern sie sich um den gesellschaftlichen Ausgleich, sorgen sie also für all die, die mit ihren Einkünften ganz unten stehen - oder gilt ihre Sorge der Vergrößerung der ohnehin schon großen Einkünfte und Vermögen, schaffen sie dadurch also noch mehr Armut und spalten sie die Gesellschaft weiter. Daran müssen sie gemessen werden. Und genau hier kritisieren wir die jetzige Bundesregierung aufs Schärfste. Und wenn sich dann - wie jüngst bei Außenminister Westerwelles Attacken auf die Hartz-IV-Empfänger - zeigt, dass keinerlei Bodenhaftung mehr vorhanden ist, dass der Bezug zum realen Leben vollständig verloren gegangen ist, dann kann ich die Wut auf Gehälter und Einkünfte natürlich verstehen.

Ein letztes Wort zu den Diäten der Abgeordneten. Auch diese werden vom Bundestag beschlossen - aber keineswegs so einstimmig, wie Sie das darstellen. Meine Partei zum Beispiel hat der letzten Diätenerhöhung in der vergangenen Wahlperiode nicht zugestimmt und dann, als diese Erhöhung beschlossen war, für sich den Beschluss gefasst, die Erhöhung in Sozialprojekte zu spenden.

Sehr geehrter Herr Rasch, schauen Sie den Abgeordneten auf die Finger. Prüfen Sie selbst genau, was die unterschiedlichen Abgeordneten und Parteien für eine Politik machen. Gern bin ich bereit, mit Ihnen auch einmal persönlich über diese Dinge zu reden. Sie finden die Kontaktdaten meines Wahlkreisbüros in Naumburg auf meiner Website www.roland-claus.de .

Mit freundlichen Grüßen
Roland Claus