Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler bezüglich Recht

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Sabine Bätzing-Lichtenthäler
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Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Josef T. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Bätzing,

ich möchte Sie bitten Stellung zu Ihrem Interview vom 21.1.09 an das Deutschlandradio ( http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/907241/ ) zu nehmen.

Sie sagten: "... wir wollen dennoch eine deutliche Reduzierung von deren Verfügbarkeit, und wir wollen eine deutliche Reduzierung des Konsums, allerdings mit Mitteln der Kontrollen, der Aufklärung, der Stärkung von Lebenskompetenzen, nicht mit Mitteln des Zwangs und nicht mit missionarischem Eifer. Und darüber besteht hier in Deutschland Konsens, und auch hier ist unser übergreifender Ansatz sicherlich das richtige Instrument."

Auch wenn nach Ihrer Theorie keine "Mittel des Zwangs" angewendet werden, so schaut die Praxis dennoch anders aus, wenn z.B. in Bayern, welches wohl auch zu Deutschland gehört, Personen wegen dem Besitz von 0.1 g Cannabis eine Hausdurchsuchung bekommen oder Ihnen der Führerschein abgenommen wird, obwohl sie nie bekifft am Steuer saßen.

Des weiteren sagten Sie: "Also seit den 70er-Jahren gibt es die Strafverfolgung, das ist korrekt, und seit 1998, also seit etwa zehn Jahren, gibt es einen ausgewogenen Ansatz."

Welche Gesetzesänderung hat es im Jahr 1998 gegeben, die etwas an der Strafverfolgung geändert hat?

Von einer Entriminalisierung der Konsumenten sind wir in der Praxis noch weit entfernt.

mit freundlichen Grüßen

Josef Thielmann

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Sehr geehrter Herr Thielmann,

Sie bezweifeln, dass es einen ausgewogenen Ansatz im Umgang mit Cannabis in Deutschland gibt. Dazu teile ich Ihnen Folgendes mit:

Bei der gesetzlichen Regelung des Umgangs mit Cannabis geht es darum, einen verfassungskonformen Ausgleich zwischen dem notwendigen Gesundheitsschutz für den Einzelnen und die Allgemeinheit einerseits und den Einschränkungen der persönlichen Handlungsfreiheit infolge des strafbewehrten Cannabisverbots andererseits zu finden. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in seiner bekannten „Haschisch-Entscheidung" vom 9. März 1994 ausdrücklich anerkannt und u.a. aus diesem Grund die Rechtmäßigkeit der Cannabisverbote festgestellt. Mit seinen Beschlüssen vom 29.06.2004 (Az: BVerfG, 2 BvL 8/02) und 30.06.2005 (Az: BVerfG, 2 BvR 1772/02) hat das Bundesverfassungsgericht seine früheren Beschlüsse zur Strafbarkeit bestätigt und damit die Position der Bundesregierung ausdrücklich bekräftigt. Nach dem einstimmigen Gerichtsbeschluss liegen derzeit keine neuen Erkenntnisse vor, die die frühere Einschätzung zur Gefährlichkeit von Cannabis-Produkten erschüttern würde.

Als Reaktion auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes im Jahr 1994 regte die Bundesregierung seinerzeit bei den Landesjustizministerien die Festlegung von einheitlichen Kriterien für die Einstellungspraxis nach § 31a BtMG - insbesondere die Bestimmung der „geringen Menge" für den Eigenkonsum von Cannabis im Sinne dieser Vorschrift - an. Es kam dann allerdings nicht zu einer ländereinheitlichen Festlegung, vielmehr haben die Justizverwaltungen der Länder nach und nach in Einzelerlassen bzw. Richtlinien unterschiedliche Kriterien und Mengen für die Anwendung des § 31a BtMG festgelegt. Zunächst ergab eine rechtstatsächliche Untersuchung im Jahr 1997, dass beim Umgang mit beispielsweise Haschisch und Marihuana, hinsichtlich der Mengen, bei denen die Vorschrift des § 31a BtMG regelmäßig zur Anwendung kommt, bundesweit ein hohes Maß an Übereinstimmung in der strafrechtlichen Praxis vorliege. So konnte im Wesentlichen von einer einheitlichen Rechtsprechung, wie sie das Bundesverfassungsgericht gefordert hatte, ausgegangen werden.

2002 wurde vom damaligen Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung beim „Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht“ (MPI) in Freiburg erneut eine rechtsvergleichende Studie zum Thema „Drogenkonsum und Strafverfolgungspraxis“ in Auftrag gegeben, die 2006 veröffentlicht wurde. Durch die Studie wurde die gegenwärtige Rechtspraxis der Staatsanwaltschaften bei der Anwendung des § 31a BtMG – die Möglichkeit des Absehens von der Strafverfolgung – im Kontext anderer Einstellungsvorschriften evaluiert. Im Ergebnis stellt das MPI fest, dass § 31a BtMG in den Bundesländern eine unterschiedliche Anwendung erfahre. Die Studie des MPI löste in den Bundesländern einen Angleichungsprozess aus. Danach gehen die Justizministerinnen und -minister der Länder nun von einer im Wesentlichen einheitlichen Rechtsanwendung aus.

Ihre Annahme, dass einem Cannabiskonsumenten die Fahrerlaubnis entzogen werden kann, wenn ihm nachgewiesen wird, dass er regelmäßig Cannabis konsumiert, bzw. bei ihm eine geringe Menge eines Cannabisproduktes gefunden wird, deckt sich so pauschal nur teilweise mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. In einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Dezember 2004 (siehe: http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20041221_1bvr265203.html besonders ab Randziffer 24ff.) sind die Bedingungen für einen Führerscheinentzug eingegrenzt worden. Eine Kommentierung der aktuellen Rechtsprechung dazu finden Sie in dem Artikel "Drogenabhängigkeit, Drogenkonsum und Strafrecht" von Karl-Rudolf Winkler, Leitender Oberstaatsanwalt Koblenz, in der Zeitschrift Sucht, Heft 2, 2007 v.a. ab Seite 100.

Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich mich zu dem von Ihnen beispielhaft genannten Einzelfall nicht äußern kann. Eine angemessene Beurteilung der Entscheidung der ermittelnden Behörde wäre nur möglich, wenn dazu Äußerungen aller Beteiligten vorlägen.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Bätzing

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