Frage an Sahra Wagenknecht bezüglich Familie

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Sahra Wagenknecht
BSW
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Frage von Gerd B. •

Frage an Sahra Wagenknecht von Gerd B. bezüglich Familie

Fragen an die Kandidaten der Wahlkreise zu den Bundestagswahlen:

1. Trifft es zu, dass das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) ausschließlich für die Bürger und Versicherten des Beitrittsgebietes geschaffen wurde, um deren Rentenbelange nach der Wiedervereinigung zu regeln?

2. Waren Ihrer Meinung nach die Deutschen, die vor dem Mauerfall und Wiedervereinigung die DDR verlassen haben und rechtsstaatlich in die alten Bundesländer eingegliedert wurden, zum Zeitpunkt des Beitritts der DDR als DDR-Bürger anzusehen?

3. Die ehemaligen DDR-Flüchtlinge wurden im Zug ihrer Eingliederungsverfahren nach geltendem Recht (Fremdrentenrecht) in die bundesdeutschen Sozialversicherungen übernommen. Die Rentenversicherungsträger haben den Versicherten darüber entsprechende Bescheide erteilt. Können Sie ein Gesetz nennen, das nach erfolgtem Beitritt der DDR die Löschung dieser Rentenanwartschaften und eine Neubewertung nach dem RÜG zulässt bzw. sogar verlangt? Können Sie ein Gesetz nennen, das die Versicherungsträger aus der Pflicht entlässt, die betroffenen Versicherten darüber zeitnah zu informieren, also auf die Versendung entsprechender Aufhebungsbescheide zu verzichten?

4. Der Bundestag ist lt. Grundgesetz der Gesetzgeber. Die Gesetzesvorlagen werden in der Regel von Fachleuten aus den einschlägigen Ministerien erstellt. Gesetzeskraft erhalten diese nach der Verabschiedung durch den Bundestag.
Halten Sie es für vertretbar, dass die Exekutive nach der Verabschiedung eines Gesetzes dieses Gesetz eigenmächtig auf eine weitere Zielgruppe anwendet, die bei der Debattierung und Verabschiedung des Gesetzes ausdrücklich ausgeschlossen wurde?

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BSW

Sehr geehrter Herr Bartmuß,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Fremdrente für Übersiedler und Flüchtlinge aus der DDR.

Ja, Sie haben Recht. Auf den ersten Blick bzw. hauptsächlich bezieht sich das Rentenüberleitungsgesetz auf die Menschen, die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz in der DDR (gesetzestechnisch Beitrittsgebiet genannt) hatten. Beim Rentenüberleitungsgesetz von 1991 handelt es sich um ein Artikelgesetz und so wurde zugleich im Artikel 14 geregelt, dass es nach fünf Jahren Vertrauensschutz gleiche Regelungen für die in der DDR zurückgelegten Zeiten geben wird - ganz gleich, ob die Personen immer dort verblieben oder vor dem Mauerfall in die Bundesrepublik übersiedelt sind. Das ist ordnungspolitisch sicher nachzuvollziehen, aber ahistorisch gedacht.

1993 wurde das RÜG dahingehend verändert, dass das Fremdrentengesetz nur noch auf diejenigen angewendet wird, die vor dem 1. Januar 1937 geboren sind.

In der Tat hat die Bundesregierung völlig unzureichend über diese Regelungen informiert.

Diejenigen, deren Rente nach dem Rentenüberleitungsgesetz berechnet wird, sind mit den Problemen konfrontiert, vor denen auch diejenigen stehen, die in der DDR geblieben sind. DIE LINKE bzw. früher die PDS hat seit Beginn der 90er Jahre darauf gedrängt, Lücken der Rentenüberleitung zu schließen und Fehlentscheidungen zu korrigieren. In der ablaufenden Wahlperiode hat die Fraktion DIE LINKE im Bundestag insgesamt 17 diesbezügliche Anträge vorgelegt (DS 16/7019 bis 16/7035). Sie wurden allerdings von den anderen Fraktionen abgelehnt.

Wenn unsere Anträge zum Tragen kommen würden, dann wäre das auch für viele Menschen gut, deren Altersbezüge nicht mehr nach Fremdrentengesetz sondern gemäß dem Rentenüberleitungsgesetz berechnet werden.

Unsere Initiativen beziehen sich zum Beispiel auf die Pädagoginnen und Pädagogen der DDR, deren Ansprüche aus dem Zusatzversorgungssystem gekappt wurden. Auch zur Altersversorgung der technischen Intelligenz haben wir entsprechende Forderungen gestellt. Nicht zuletzt verlangen wir seit langem die Angleichung des Rentenwertes Ost an West. Das wäre, unabhängig vom Beruf, für alle wichtig, die Rentenanwartschaften in der DDR erworben haben. Leider hat auch dieser Antrag der LINKEN keine Mehrheit gefunden. Aber immerhin ist dieses Thema stärker in die öffentliche Diskussion gekommen.

Ich wünsche ich Ihnen alles Gute und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Sahra Wagenknecht

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