Frage an Sebastian Harmel bezüglich Gesundheit

Sebastian Harmel
PIRATEN
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Frage von Silke S. •

Frage an Sebastian Harmel von Silke S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Harmel,

ich möchte Sie fragen, was Ihre Partei gegen den Ärztemangel ( "Patientenstoppp") im ländlchen Raum tun möchte?

Natürlich finde ich es einfach nur dreist, wie Herr Bahr Wahlkampf macht. Er plakatiert " Praxisgebühr abgeschafft, Wahlfreiheit erhalten". Meines Erachtens setzen solche Sätze voll auf die Uninformiertheit der Bevölkerung. Denn immerhin hat die FDP die Praxisgebühren einst mit ihren Abstimmungsverhalten mit eingeführt bzw. im Bundesrat nicht gestoppt, wenn ich richtig informiert bin. Zum anderen verstehen viele gar nicht, was mit "Wahlfreiheit" gemeint ist.

Seit Jahren engagiere ich mich für sozial bedürftige Menschen. Ich kann von einem Fall berichten, wo jemand Knoten im Unterleib hatte, und wo dieser Patient von seinem Arzt mit den Worten weggeschickt wurde: " Da kann ich nichts machen, es ist zu aufwendig Sie aufzuschneiden". Das ist kein Einzelfall. Es häufen sich z.B. Beschwerden darüber, dass z.B. kein Notdienst kommt, wenn man die 110-Nummer wählt.
Wie will Ihre Partei das ändern? Wann hört die Klassenmedizin in Deutschland endlich auf?

Mit freundlichen Grüßen

Silke Sorbello

Antwort von
PIRATEN

Hallo Silke,

ich teile die Einschätzung. Unser Gesundheitssystem bedarf wirklich einiger grundlegender Veränderungen. Das Fehlen einer ausreichenden medizinischen Versorgung in ländlichen Regionen ist ein großes Problem, dass sich mit dem demographischen Wandel und der zunehmenden Landflucht noch verstärkt. Dem steht in vielen Städten wiederum ein Überangebot an Versorgung gegenüber. Wir Piraten haben folgende Vorschläge, um diese Umstände zu ändern:

Wir streben die Etablierung einer Bedarfsplanung an, in der jede Abweichung vom Durchschnitt der Versorgungsdichte besonders und öffentlich zu begünden ist. Dazu gehört auch eine sinnvolle Neugliederung der Versorgungsgebiete, um überhaupt erst eine bedarfsgerechte Planung durchführbar zu machen. Tendenziell besteht insgesamt eine Überversorgung an medizinischen Leistungen, die zu Lasten der Versichertengemeinschaft aufrecht erhalten wird. Beispiele hierfür sind zu viele Krankenhausbetten in Ballungsgebieten. Dieses Geld fehlt dann in der wohnortnahen Versorgung in dünner besiedelten Gebieten. Um die Versorgungslücken auf dem Land zu schließen, schlagen wir vor, dass Kommunen hausärztliche Vertragsarztsitze übernehmen und Ärzte anstellen können. Damit wird es den Gemeinden vor Ort möglich, gezielt um Ärzte zu werben. Momentan laufen zudem erste Projekte an, in denen mobile Arztpraxen erprobt werden. Sollte sich dieses Modell als praktikabel erweisen, so werden wir die Weiterentwicklung dieser Versorgungsform unterstützen.

Die Wahlfreiheit bedeutet für uns, dass jeder Mensch in der Bundesrepublik das Recht hat frei zwischen den ärztlichen Leistungen und deren Anbieter wählen zu können. Oder anders gesagt: Jeder wählt selbst, wie er wann von wem behandelt wird. Die Abschaffung der Praxisgebühr haben auch die Piraten begrüßt, allerdings war es für die FDP, wie Sie ja auch beschreiben, eher eine PR-Maßnahme gewesen.

Zu dem von Ihnen angesprochene Problem bezüglich Nichtbehandlung und Notdienst kann ich folgendes sagen: Die betroffene Person hat die Möglichkeit sich beim Patientenbeauftragten der Bundesregierung Wolfgang Zöller ( http://www.patientenbeauftragter.de ), seiner Krankenkasse, sowie bei der für den Behandler zuständigen Ärztekammer zu beschweren. Die Notdienste wiederum sind unterschiedlich organisiert, in Leipzig ist das derzeit die Berufsfeuerwehr Leipzig ( http://www.feuerwehrleipzig.de/index.htm ). Hier wäre es ratsam, sich an die Verantwortlichen der Berufsfeuerwehr zu wenden und dort das Problem anzusprechen.

Generell halten wir das Bestehen einer Zwei-Klassenmedizin für ethisch nicht vertretbar. Aus diesem Grund setzen wir uns für eine Bürgerversicherung ein, die die Finanzierung unserer Gesundheitsversorgung auf eine breitere Basis aufbaut und Fehlanreizen, beispielsweise bei der Vergabe von Behandlungsterminen, entgegenwirkt. Noch wichtiger ist allerdings, dass die zur Verfügung stehenden Mittel fair verteilt und optimal eingesetzt werden. Daher soll durch Einsparungen bei Arzneimittelausgaben verstärkt Versorungsforschung betrieben werden, um Patienten besser mit den für sie passenden therapeutischen Maßnahmen zu versorgen. Dazu gehört auch die Erforschung von Effekten durch die aktuellen Vergütungssysteme (Fallpauschalen und einheitlicher Bewertungsmaßstab), die durch ihre Ausgestaltung einer guten Behandlung entgegenstehen können. Beispielsweise spielt die Qualität der Behandlung für die Vergütung heute keine Rolle und ist für die Patientinnen und Patienten nicht nachvollziehbar. Das muss sich dringend ändern!

Unser Wahlprogramm:
http://www.piratenpartei.de/politik/wahl-und-grundsatzprogramme/wahlprogramm-btw13/gesundheitspolitik/

Gerne stehe ich für Rückfragen zur Verfügung. Über Vorschläge, wie die medizinische Versorgung der Zukunft aussehen könnte, würden wir uns sehr freuen. Einfach auf www.openantrag.de oder als Antrag für unsere zukünftigen Programme einbringen, eine Parteimitgliedschaft ist dazu nicht erforderlich.

Es ändert sich nur etwas, wenn wir selbst aktiv werden: http://wiki.piratenpartei.de/AG_Gesundheitspolitik - Link zu unserer Bundesarbeitsgemeinschaft Gesundheitspolitik

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Harmel