Frage an Sylvia Pantel bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Sylvia Pantel
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Frage von Stephan M. •

Frage an Sylvia Pantel von Stephan M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Frau Pantel,
ich schreibe ihnen, da ich mir ernsthafte Sorgen mache:
Nur drei Jahre nachdem unser Land durch die schrecklichen Taten der NSU aufgeschreckt worden, wird in der Öffentlichen Diskusion wieder die Ausländerfeindlichkeit "light", welche letztendlich die Einstiegsdroge zum Rechtsextremismus darstellt, genährt.

Ich finde es wäre überfällig hier von oben gegenzusteuern um ein klares statement zu setzen: Flüchtlinge kommen nicht zu uns um unseren Reichtum zu plündern sondern um eine Chance auf ein Menschenwürdiges Leben zu haben da sie aus ihrer Heimat vertrieben wurden.
Gerade mit Blick auf den demographischen Wandel in unserem Land denke ich Deutschland sollte diese Menschen als Chance sehen und willkommen heißen statt ihnen Hürden in den Weg zu stellen und ihnen das Gefühl vermitteln eine unzumutbare Bürde zu sein.

Teilen sie diese Aufassung und könnten sie sich vorstellen hierbei aktiv zu werden?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Müller,

herzlichen Dank für Ihre Frage, zu der ich Ihnen gerne mit ein paar Gedanken antworte.

Sie bringen die Sorge zum Ausdruck, dass in der öffentlichen Diskussion eine neue Form der Ausländerfeindlichkeit genährt werde. Ich kann diese Einschätzung nicht teilen. Wir erleben im Moment in Deutschland eine komplexe gesellschaftliche Debatte.

Lassen Sie mich daher zu nächst ein paar Worte zu Flucht und Migration verlieren. Menschen fliehen aus afrikanischen Staaten über das Mittelmeer nach Europa, weil sie sich von Krieg und Verfolgung bedroht sehen. Menschen fliehen aus dem Nahen und Mittleren Osten, weil ihnen der syrische Bürgerkrieg oder die Gräuel des IS keine Hoffnung mehr auf ein Leben in Sicherheit geben. Zusätzlich ist der Wohlstand der europäischen Staaten für viele Menschen auf der Welt eine Verheißung. Die Begriffe Asyl, Flucht und Migration werden allerdings in der Diskussion häufig unzulässig vermischt. Wer gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention in Deutschland Asyl sucht, den werden wir nicht abweisen, dem werden wir helfen und dem werden wir Schutz bieten. Auch will Deutschland gerne eine neue Heimat und Zukunft für Menschen sein, die mit ihrem Wissen und Können ein neues Leben beginnen wollen. Doch dürfen wir an genau dieser Stelle nicht vergessen, dass Deutschland nicht mehr der verheißungsvolle Ort von Sicherheit und Wohlstand wäre, wenn es für den Zuzug, sprich die wirtschaftliche Migration, keine Regeln gibt. Würden 2015 plötzlich fünf Millionen Menschen nach Deutschland kommen, nicht nur unser Sozialstaat, auch unsere Gesellschaft könnte daran zerbrechen. Daher gilt es in dieser Debatte um Flucht und Zuwanderung darum, genau darauf zu achten, welche Terminologien man nutzt und von was man spricht.

158.000 Menschen haben im Zeitraum von Januar bis Oktober in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Davon zum Beispiel allein rund 40.000 Menschen aus Syrien und Eritrea, zwei grausam von Krieg und Diktatur geschundenen Ländern. Das Leid, was dem Einzelnen widerfahren ist, können wir uns kaum vorstellen.

Dennoch, wenn 158.000 Menschen Asyl in Deutschland beantragen und sich Bürgerinnen und Bürger dadurch unsicher fühlen, dann dürfen wir diese Ängste nicht kleinreden. Wir sollten uns davor hüten, jede Frage nach Umsetzung von Asylbewerberaufnahme, jede Diskussion um die Unterbringung von Flüchtlingen gleich mit dem Stempel "ausländerfeindlich" zu versehen. Die Angst vor dem Fremden und die Skepsis vor Veränderung ist zutiefst menschlich und wird nicht durch Tabuisierung genommen, sondern durch einen offenen und ehrlichen Diskurs.

Wenn Menschen Angst vor Kriminalität und Gewalt in ihren Dörfern und Städten durch Konflikte mit oder zwischen Asylsuchenden haben, dann sollten wir als Politik, aber auch als Gesellschaft!, diese Ängste ansprechen und nicht pauschal versuchen mit den Begriffen "Ausländerfeindlichkeit" und "Rechtsextremismus" um uns zu werfen. Es hat noch nie einer Gesellschaft gut getan, wenn Sorgen und Nöte der Bürger zu Tabuthemen wurden. Der sachliche und unaufgeregte Umgang mit diesem Thema gilt übrigens auch in die andere Richtung! So schrecklich und grausam die terroristischen Morde des NSU waren, so sind statistisch doch nur 0,012% der Deutschen überhaupt einem gewaltbereiten rechtsextremen Spektrum zuzuordnen. Jede dieser gewaltbereiten Personen ist eine zu viel. Wir müssen aufklären, Gespräche führen und sehen, wo Verbesserungsbedarf besteht. Dabei sollten wir uns nicht auf Bauchgefühle und Leitartikel verlassen, sondern mit den Zahlen, Daten und Fakten arbeiten, die uns die Wissenschaft und die Sicherheitsbehörden zur Verfügung stellen. Wenn wir als Politiker rational die Sorgen und Ängste der Menschen aufnehmen, mit Bürgerinnen und Bürgern über Flucht, Asyl und Zuwanderung sprechen, dann können wir erfolgreich ein Hafen der Sicherheit für Menschen aus aller Welt sein und gleichzeitig eine sichere Heimat für unsere Bürgerinnen und Bürger bleiben.

http://www.unhcr.de/service/zahlen-und-statistiken.html

http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/statistik-anlage-teil-4-aktuelle-zahlen-zu-asyl.pdf?__blob=publicationFile

http://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-rechtsextremismus/zahlen-und-fakten-rechtsextremismus/zuf-re-2013-gewalt-gesamt.html

http://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-rechtsextremismus/zahlen-und-fakten-rechtsextremismus/zuf-re-2013-gesamtuebersicht.html

Mit freundlichen Grüßen

MdB Sylvia Pantel