In welchem Jahr hat sich die 2018 auf Wunsch der SPD (GroKo) eingeführte und jetzt mit Zustimmung der SPD (Ampel) wieder abgeschaffte Aussetzung des „Nachholfaktors“ bei Rentenerhöhungen ausgewirkt?

Takis Mehmet Ali (282)
Takis Mehmet Ali
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Frage von Edgar F. •

In welchem Jahr hat sich die 2018 auf Wunsch der SPD (GroKo) eingeführte und jetzt mit Zustimmung der SPD (Ampel) wieder abgeschaffte Aussetzung des „Nachholfaktors“ bei Rentenerhöhungen ausgewirkt?

Takis Mehmet Ali (282)
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Sehr geehrter Herr F.,

 vielen Dank für ihr Schreiben zur Reaktivierung des Nachholfaktors. Gerne erläutere ich Ihnen den Sachverhalt.

Die Aussetzung des Nachholfaktors wurde 2018 mit der Einführung der Haltelinie beim Rentenniveau von 48 % ausgesetzt, und hätte sich erstmals im Jahre 2022 ausgewirkt. Der am 24. November 2021 von SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP vorgelegte Koalitionsvertrag sieht nun vor, dass der Nachholfaktor rechtzeitig vor der Rentenanpassung 2022 unter Beachtung der Haltelinie wieder eingesetzt wird.

Die Rentenanpassungen folgen grundsätzlich der Lohnentwicklung. Mit der Rentengarantie haben wir aber Rentenkürzungen in der Corona-Krise verhindert, während viele Beschäftigte weniger Geld zur Verfügung hatten. Der gegenwärtig „ausgeschaltete“ Nachholfaktor – nicht zu verwechseln mit dem Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenanpassungsformel – hätte nun dafür gesorgt, dass die unterlassene Rentenkürzung im Folgejahr mit der Rentenerhöhung verrechnet wird. Es ist also richtig, dass die beabsichtigte Wiedereinführung des Nachholfaktors zu einer leichten Dämpfung des Rentenanstiegs führt.

Der SPD war es ein wichtiges Anliegen, auch mit Reaktivierung des Nachholfaktors ein dauerhaftes Rentenniveau von mindestens 48 % im Koalitionsvertrag zu verankern. Das ist eine Frage der Verlässlichkeit und des Respekts im System der gesetzlichen Rentenversicherung. Mit dieser Haltelinie von 48 % begrenzen wir die Wirkung des Nachholfaktors und sorgen für Stabilität, damit Rentnerinnen und Rentner nicht von der Lohn- und Gehaltentwicklung abgekoppelt werden. Die Reaktivierung des Nachholfaktors ist aufgrund des Zusammenwirkens mit der Haltlinie für das Rentenniveau von mindestens 48 % sehr komplex. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) prüft gegenwärtig die konkrete Ausgestaltung und Umsetzung. Klar ist dabei, dass auch mit einer Aktivierung des Nachholfaktors stets die Einhaltung der Haltelinie von mindestens 48 % gewährleistet werden muss und werden wird.

Und noch eine Regelung war uns in diesem Zusammenhang wichtig: 2019 gab es eine Änderung der Statistik, durch die das Rentenniveau 2021 um rund einen Prozentpunkt anstieg. Eine Rentenerhöhung war damit nicht verbunden, es handelte sich um einen rein statistischen Effekt. Ließe man diesen geänderten Wert, d.h. den "Revisionseffekt" aber bestehen, würde die untere Haltelinie von 48 % erst später greifen. Daher war es uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wichtig, diesen Revisionseffekt auszuschalten, damit die Haltelinie wie vorgesehen greift. Im Koalitionsvertrag haben wir deshalb explizit festgehalten, dass beim Mindestrentenniveau 48 % VOR der Statistikrevision gemeint sind.

Nach den aktuellen Modellrechnungen ergibt sich zum 1. Juli 2022 ohne Reaktivierung des Nachholfaktors voraussichtlich eine Rentenanpassung West von rund 5,18 %. Die Reaktivierung des Nachholfaktors würde die Rentenanpassung West 2022 auf etwa 4,4 % mindern. Die Ergebnisse der Modellrechnungen sind erfahrungsgemäß aber mit großer Unsicherheit behaftet. Mit dieser Anpassung würde dann die Haltelinie mit einem Rentenniveau von 48 % greifen. Ohne Haltelinie würde die Rentenanpassung mit dem reaktivierten Nachholfaktor geringer als 4,4 % ausfallen. Das Rentenniveau würde bei einem vollständigen Ausgleich der im Jahr zuvor unterlassenen Kürzung unter 48 % rutschen. Wir werden das Gesetz aber so anpassen, dass die Haltelinie immer Vorrang hat. Das ist uns wichtig und wird auch bei den kommenden Rentenanpassungen so sein. Unter 48 % wird das Rentenniveau nicht fallen. Damit entwickeln sich die Renten parallel zu den Löhnen. Rentenkürzungen sind auch weiterhin ausgeschlossen.

Die tatsächliche Höhe der Rentenanpassung 2022 kann final erst Ende März kommenden Jahres bestimmt werden, wenn alle dafür erforderlichen Daten vorliegen. Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Takis Mehmet Ali

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