Welches Interesse haben die Träger von Werkstätten, Werkstätten langfristig abzuschaffen/überflüssig zu machen? Sind Sie für die langfristige Abschaffung? Warum kein Mindestlohn in WfbM?

Takis Mehmet Ali (282)
Takis Mehmet Ali
SPD
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Frage von Jannis F. •

Welches Interesse haben die Träger von Werkstätten, Werkstätten langfristig abzuschaffen/überflüssig zu machen? Sind Sie für die langfristige Abschaffung? Warum kein Mindestlohn in WfbM?

Hallo Herr Ali, WfbM dienen offiziell der Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Jedoch profitieren ja die Einrichtungen auch davon Wertschöpfung zu betreiben und die arbeitenden kaum zu bezahlen. Wenn es Ziel ist, dieses System abzuschaffen, was es sein sollte. Sind dann die Werkstätten nicht eher ein Problem als Teil der Lösung? Welchen Vorteil hätten sie, wenn sie überflüssig wären? Sind Sie für die Abschaffung? Wenn nein, widerspricht das nicht ihrem Posten? Stellen diese Werkstätten nicht eine Form der Ausbeutung dar? Warum gibt es keinen Mindestlohn?

Takis Mehmet Ali (282)
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SPD

Werkstattbeschäftigte im Arbeitsbereich einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen erhalten einen monatlichen Werkstattlohn auf Basis folgender Rechtsgrundlagen von der WfbM:

Grundbetrag =   126,00 € (§ 59 Absatz 2 SGB IX)

Arbeitsförderungsgeld= 52,00 € (§ 59 Absatz 2 SGB IX)     

Steigerungsbetrag gemäß § 221 Abs. 2 SGB

Das monatliche Werkstattentgelt betrug in Summe zuletzt durchschnittlich 221 €.

 

Die WfbM beschäftigt Personen, die wegen Art und/oder Schwere ihrer Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können. Konsequenz dessen ist es, dass Werkstattbeschäftigte i.d.R. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII) oder eine Rente wegen Erwerbsminderung (SGB IV) beziehen.

Der Werkstattlohn (Arbeitsbereich) bzw. das Ausbildungsgeld (Berufsbildungsbereich) kommt also zu den existenzsichernden Leistungen hinzu, wobei etwaige Anrechnungen möglich sind.

D.h. eine werkstattbeschäftigte Person muss ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich von dem Werkstattentgelt bestreiten.

 

Werkstattbeschäftigte Personen sind aufgrund Ihrer Behinderung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht in der Lage mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ist unter den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen jedoch Voraussetzung, um im Rahmen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung den gesetzlichen Mindestlohn zu erhalten.

 

Im Koalitionsvertrag wird zum Werkstattlohn in den WfbMs das Folgende formuliert:

"Wir werden das Beteiligungsvorhaben zur Entwicklung eines transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystems in den WfbM und deren Perspektiven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt fortsetzen und die Erkenntnisse umsetzen."

 

Hierzu wurde eine wissenschaftliche Untersuchung durchgeführt. In Kürze soll der Abschlussbericht hierzu auch vorliegen.

Aus den Ergebnissen dieser Untersuchung sollen anschließend Maßnahmen abgeleitet werden, um das Entgeltsystem und die Möglichkeiten zum Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verbessern.

Den folgenden Links können Sie auch bereits die ersten beiden Zwischenberichte zu dieser Studie entnehmen:

https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Forschungsberichte/fb-586-studie-entgeltsystem-menschen-mit-behinderungen-zwischenbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=3

https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Forschungsberichte/fb-607-entgeltsystem-fuer-menschen-mit-behinderungen.pdf?__blob=publicationFile&v=4

Mit einem Gesetzespaket mit Fokus auf die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, mit Schwerpunkt auf das Entgeltsystem und die bessere Übergangsgestaltung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, kann also noch in dieser Legislaturperiode gerechnet werden.

Wie diese Reform genau ausgestaltet sein wird und welchen Anpassungen die Werkstätten unterliegen werden, kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht seriös beantwortet werden.

 

Klar ist jedoch, dass ich mich im Rahmen meines Auftrages mit ganzer Kraft dafür einsetzen werde, dass wir zu einer möglichst adäquaten Umsetzung des Artikel 27 er UN-BRK kommen, wobei es stets gilt, die individuellen Wünsche und Bedarfe betroffener Personen anzuerkennen.

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