Frage an Thomas Marquardt von Martin W. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrter Herr Marquardt,
Sie stellen soweit zutreffend fest, dass Brutto (vor Steuern) auf die Lebensarbeitszeit betrachtet ein Beamter des gehobenen Dienstes nicht mehr verdient als ein Beamter des höheren Dienstes unter Einbeziehung der Studienzeiten.
Ausgehend von einem Ausbildungsbeginn/Beginn des Studiums mit 20 Jahren verdient ein Beamter des gehobenen Dienstes bis zur Pension mit 66 Jahren ca. 1,8 Mil.€ (ca. 38.000 €/Jahr) und einer des höheren Dienstes ca. 2.2 Mil. € (ca. 46.900 €/Jahr).
Beides durchschnittliche Karieren unter Berücksichtigung der Altersstufen in der Besoldungstabelle nach dem Entwurf ab 2014:
Gehobener Dienst: 3 Jahre Anwärterzeit + 6 Jahre A9 + 12 Jahre A10 + 13 Jahre A11 + 12 Jahre A12
Höherer Dienst: 6 Jahre Studium (inkl. Prüfungen und Wartezeiten auf Referendariat) + 2 Jahre Referendariat + 7 Jahre A13 + 19 Jahre A14 + 12 Jahre A15
Netto (nach Steuern) kehrt sich dieses Verhältnis aber um. Die Besoldung verteilt sich beim höheren Dienst auf einem kürzeren Zeitraum. Der individuelle Steuersatz bestimmt sich nach dem Jahreseinkommen, dass somit beim höheren Dienst durch die kürzere Verdienstdauer höher ist.
Berücksichtigt man noch Studienkosten (z.B. BAföG-Rückzahlungen) oder höhere Kosten im Krankheitsfall (höhere Kostendämpfungspauschale für den höheren Dienst) ist ein Mehrverdienst für jemanden mit Universitätsabschluss (höherer Dienst) nicht vorhanden.
Ist meine Rechnung soweit zutreffend?
Als Schlussfolgerung empfinde ich, dass sich nach den Plänen der SPD ein Hochschulstudium nicht mehr lohnt, insbesondere da der öffentliche Dienst eine Beispielswirkung sein soll.
Kann nach den Plänen der SPD NRW zur Beamtenbesoldung somit einem Abiturienten aus finanzieller Sicht nicht mehr zu einem Universitätsbesuch geraten werden?
Die „starken Schultern“ kann ich aufgrund dieses Hintergrundes des nur zeitlich begrenzten Mehrverdienst nicht verstehen und bitte um Erläuterung.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Weber
Sehr geehrter Herr Weber,
ich habe mir Ihre Berechnungen sehr genau angesehen. In zwei Punkte kann mich Ihre Argumentation nicht überzeugen.
Beim Vergleich der Bruttoeinkommen legen sie jeweils eine durchschnittliche Verweildauer in einer Besoldungsgruppe zugrunde. Wenn Sie die Frage klären wollen, ob sich ein Studium lohnt, sollten Sie berücksichtigen, dass die Beförderungschancen durchaus auch von der individuellen Leistung abhängen.
Auch bei dem Vergleich der Netto-Einkommen legen Sie bestimmte Annahmen zugrunde. Sie müssen unterscheiden zwischen den Steuersätzen der Einkommensgruppen und dem effektiven Steuersatz (wer ein höheres Einkommen hat, kann auch mehr von der Steuer absetzen).
Mit besten Grüßen
Thomas Marquardt