Frage an Thomas Oppermann bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Thomas Oppermann
SPD
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Frage von Holger L. •

Frage an Thomas Oppermann von Holger L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Oppermann,

1. Warum wird über diesen Vertrag ein Mantel des Schweigens gelegt?

2. Wie viel von dem Inhalt des Vertrages haben Sie selbst verstanden?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lindner,

vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch.de zum EU-Reformvertrag von Lissabon.

Der Reformvertrag von Lissabon enthält wichtige Neuerungen, die die europäischen Institutionen demokratischer, effizienter und transparenter machen. Der Reformvertrag bietet die Voraussetzung für die Vertiefung der sozialen Dimension der EU, die wir stärken müssen, um den Bedürfnissen der Menschen nach sozialer Sicherheit im Zeitalter der Globalisierung gerecht werden zu können.

Der Vertragstext selbst ist nicht leicht zu lesen. Es handelt sich um einen Änderungsvertrag, in dem lediglich die Änderungen der geltenden Verträge aufgeführt sind. Dieser Umstand ist dem Scheitern des Verfassungsvertrags auf Grund der Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden geschuldet, denn der lag als verständlicher Fließtext vor. Der Rat der Europäischen Union hat im April 2008 eine "konsolidierte Fassung" des EU-Reformvertrages vorgelegt. Damit liegt jetzt eine für die Bürgerinnen und Bürger verständliche Textform des EU-Reformvertrags vor.

Die schlechte Lesbarkeit des Vertrages von Lissabon ist auch dem Umfang der Politikbereiche und der Komplexität des EU-Gefüges geschuldet. Der Vertrag von Lissabon ist aber für den Laien sicherlich nicht schwerer zu verstehen als Nationale Änderungsgesetze wie die Gesetze zur Änderung der Sozialgesetzbücher oder des Steuerrechts. Das ist keine Entschuldigung, aber ein Zeichen für die Regelungsdichte des nationalen und Europarechts.

Die Ablehnung des EU-Reformvertrages durch die irische Bevölkerung am 12. Juni 2008 ist sicherlich auch vor diesem Hintergrund zu sehen. Das Nein der irischen Bevölkerung ist zu respektieren, aber bedauerlich. Denn ich bin weiterhin davon überzeugt, dass die Menschen in Deutschland und Europa den Reformvertrag von Lissabon brauchen.

Der Vertragstext steht nicht im Gegensatz zum Ziel, Entscheidungen so offen und bürgernah wie möglich zu treffen.

Unabhängig von der Zukunft des EU-Reformvertrages ist es unsere Aufgabe, den Bürgerinnen und Bürgern Europa näher zu bringen und sowohl die Vorteile der Europäischen Union als auch die Notwendigkeit ihrer Reform zu erklären. Dies ist bislang zu kurz gekommen. Unsere Aufgabe ist es daher, den Menschen die EU in den kommenden Jahren zu erklären und zu vermitteln. Es ist unsere Aufgabe, die schwierigen politischen Verfahren und Regelungsinhalte der EU-Rechtsakte in eine verständliche Sprache zu übersetzen und zu erläutern.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Oppermann