Frage an Till Steffen bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Till Steffen im Niendorfer Gehege bei einer Fahrradtour
Till Steffen
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Knut B. •

Frage an Till Steffen von Knut B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Steffen,

vor vier Wochen wollte ich Ihre Position zu einer möglichen Schwarz-Grünen Koalition in Hamburg erfahren. Aus Ihrer Antwort habe ich ein klares Jein, ein wenns-denn-sein-muss und ein man-weiß-ja-nicht herausgelesen. Inzwischen hat Christa Sager die Möglichkeit einer solchen Koalition in Betracht gezogen und die Diskussion neu entfacht.

Halten Sie es wirklich für angebracht nach all den Fehlleistungen des CDU-Senats (LBK-Verkauf, geplante Elbvertiefung, soziale Spaltung der Stadt, Kürzungen im Sozialetat, Volksgesetzgebung, usw.) auch nur in Betracht zu ziehen dieser Partei weiterhin zu ermöglichen die Politik in Hamburg zu bestimmen? Warum gibt es kein klares NEIN von der GAL?

Als (ehemaliger) Stammwähler der GAL werde ich diesmal sicherlich keine Partei unterstützen, die einen Beust-Senat weiterhin im Amt halten will. Die Alternative ist für mich daher (zähneknirschend) die Linke, nur so kann ich sicher sein, dass ich nicht indirekt einen CDU-geführten Senat wähle.

Erwarten Sie positive oder negative Auswirkungen einer solchen Koalitionsdiskussion für die GAL und warum wird nicht mit gleicher Verve über eine linke Alternative diskutiert, das "A" der GAL stand doch mal für Alternative?

Mit freundlichen Grüßen
K.Bergmann

Till Steffen im Niendorfer Gehege bei einer Fahrradtour
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Bergmann,

ich kann Ihre Irritation verstehen, die nicht nur Sie in sich tragen, sondern viele unserer WählerInnen und Mitglieder. Aus diesem Grunde hat der Landesvorstand der GAL gestern einen Beschluss gefasst, den ich Ihnen unten im vollen Wortlaut beifüge. Das Ergebnis lautet:

"Vor diesem Hintergrund ist der Landesvorstand der Auffassung, dass die inhaltliche Basis für Koalitionsverhandlungen mit der CDU nicht ausreicht."

Ich will mich keineswegs hinter dem Beschluss verstecken; vielmehr habe ich eine Beschlussfassung in der Richtung eingefordert und sie entspricht voll meiner Überzeugung. Wir haben immer gesagt: Es kommt auf die grünen Inhalte an. Eine nüchterne Bestandsaufnahme der Politik der CDU - wie sie Kern des Beschlusses des Landesvorstands ist - lässt jedoch keinen Spielraum für die Umsetzung grüner Inhalte erkennen. Die Lage für die GAL ist: Entweder es reicht für rot-grün oder wir haben weiter das Vergnügen in der Opposition.

Etwas unlogisch finde ich Ihre Schlussfolgerung: Die Frage nach anderen Mehrheiten - zu nennen ist hier insbesondere auch die Große Koalition - stellt sich ja erst, wenn die Linkspartei so stark wird, dass es für rot-grün nicht reicht. Alle diskutierten Alternativen zu rot-grün führen zu Herrn von Beust als Bürgermeister. Das wäre also logische Konsequenz Ihrer Wahlentscheidung.

Mehrheiten auf die Linke zu stützen scheidet nach Überzeugung von SPD, GAL und auch der Linken aus. Auf dem letzten Parteitag der Linken ist die Idee eines Tolerierungsangebots an rot-grün abgelehnt worden. Aus unserer Sicht konsequent, weil die Linke im Westen noch ein ganzes Stück entfernt ist von einer politischen Kraft, auf die man eine Regierung wird stützen können. Die Linke scheut auch den Test an der Realität, weil dann viele Dinge nicht mehr so einfach sind, wie in der jetzt gelebten Totalopposition.

Ich hoffe, ich kann Sie für das Ziel eines rot-grünen Senats bei der Stange halten und freue mich über weitere Nachfragen.

Schöne Grüße

Till Steffen

Beschluss des Landesvorstandes vom 5.2.2008

Der Landesvorstand beschließt:

Klarstellung
Nach den Spekulationen in den Medien über schwarz-grün am vergangenen Wochenende ist eine Klarstellung gegenüber unseren Wählerinnen und Wählern und SympathisantInnen in Hamburg notwendig. Das höchste beschlussfassende Gremium der GAL, die Landesmitgliederversammlung, hat eindeutig das Wahlziel eines rot-grünen Machtwechsels beschlossen. Dafür kämpft die GAL, die Erfolgsaussichten für rot-grün sind in den letzten Wochen deutlich gewachsen. Grundlegend für diese Zielsetzung sind unsere politischen Inhalte.

Zu den Spekulationen über schwarz-grün stellen wir folgendes fest:

In den wesentlichen politischen Fragen fehlt zwischen der GAL und der CDU eine inhaltliche Schnittmenge. Die inhaltlichen Differenzen sind durch die Entscheidungen der CDU in den letzten Wochen noch weiter gewachsen und deutlicher hervorgetreten:

Der CDU-Senat hat die Zustimmung zur Anmeldung des Weltnaturerbes Wattenmeer verweigert. Der CDU-Senat hat den Baubeginn eines gigantischen Kohlekraftwerks vorab genehmigt. Die CDU will die Elbvertiefung. In der Schulpolitik verschärft die CDU mit ihrem Zwei-Säulen-Modell das Aussortieren, statt für eine bessere individuelle Förderung aller Kinder zu sorgen. Völlig inakzeptabel ist auch, dass durch die Verlängerung des Konzessionsvertrages für die Gasnetze mit EON die Gewinne des Energiemonopolisten für die nächsten sechs Jahre zu Lasten der Hamburger VerbraucherInnen festgeschrieben wurden. Für die nächsten Jahre ist die Chance vertan, die Privatisierung der Gasnetze wieder rückgängig zu machen. Eine so weitreichende Entscheidung drei Wochen vor der Bürgerschaftswahl zu treffen, unterstreicht das mangelnde Demokratieverständnis des CDU-Senats, wie es auch in der Missachtung der LBK- und Wahlrechts-Volksentscheide zum Ausdruck kam.

Vor diesem Hintergrund ist der Landesvorstand der Auffassung, dass die inhaltliche Basis für Koalitionsverhandlungen mit der CDU nicht ausreicht. Im Übrigen entscheidet über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen bei den Grünen immer eine Landesmitgliederversammlung.

Was möchten Sie wissen von:
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Till Steffen
Bündnis 90/Die Grünen