Frage an Torsten Jung bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Torsten Jung
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Frage an Torsten Jung von Simon S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Hallo Herr Jung,

ich bin 26 Jahre. Habe bisher eine Ausbildung zum Teilezurichter und musste aus Gesundheitlichen Grund eine Umschulung machen. Also habe ich mich zum Bürokaufmann umschulen lassen.

Seit über einem Jahr bin ich auf der suche nach einer Stelle als Bürokaufmann. Dabei habe ich dann festgestellt das man mittlerweile überwiegend nur noch arbeit über Zeitarbeitsfirmen bekommt, die sehr schlecht bezahlen. Mein Leben ist voller Pläne wie Kinder, ein eigenes Haus, nicht einmal groß.

Aber mit einem Lohn von 8,50 EUR ist das unmöglich. Zumal die Arbeitskollegen die neben einen stehen oder sitzen und in einer Festanstellung sind, bekommen für die selbe Arbeit den doppelten Lohn.

Im Juni habe ich eine stelle als Fahrer und Fahrzeugpfleger bei Sixt gehabt. Mit einem Stundenlohn von 7,79 EUR. Eingestellt über eine Zeitarbeitsfirma die von Sixt selbst gegründet ist.

Warum lässt man mit Arbeitnehmern so schlecht umgegangen wird. Bzw. warum schränkt man die Zeitarbeit nicht ein. Warum gibt man den Unternehmen keine klare Regelungen, das man ein Mitarbeiter nach Probezeit fest übernehmen muss. Oder das ein Unternehmen eine Bestimmte anzahl von Mitarbeitern von Zeitarbeitsunternehmen einstellen dürfen.

Ich bin jetzt 26 Jahre und glücklich verheiratet. Aber habe bisher nicht im geringsten die Chance bekommen in einem vernünftig bezahlten Arbeitsverhältnis zu arbeiten. Auf dauer ist das sehr deprimierend.

Freundliche Grüße

Simon

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FREIE WÄHLER

Lieber Simon,

Ihren Frust kann ich völlig nachvollziehen. Ich war vor einigen Jahren ebenfalls auf Job-Suche und bekam fast ausschließlich nur schlecht bezahlte Angebote von Zeitarbeitsfirmen.

Solange die Politik den Unternehmen die Möglichkeit gibt, über den Paragraphen 613a BGB Teile ihres Unternehmens auszugliedern und so Mitarbeitern schlechtere Arbeitsbedingungen aufzudrücken, wird sich das nicht ändern lassen.

Der 613a BGB wurde damals von der SPD eingeführt, um in Not geratene, mittelständische Unternehmen die Möglichkeit zu geben, Teile ihres Unternehmens auszugliedern. Leider wird dieser Paragraph meistens nur von Großunternehmen genutzt, um Personal loszuwerden und/oder um sie schlechter bezahlen zu können.

In meinen Augen muss hier dringend eine Änderung des 613a BGB her, um solche unsozialen Methoden abzuschaffen.

7,79 Euro sind leider heutzutage in der Wirtschaft keine Seltenheit mehr. Auch hier sind Politik aber auch Gewerkschaften gefragt. Es gibt Gewerkschaften die fordert seit Jahren einen Mindestlohn von 9,50 Euro, aber dies bezüglich verschließen alle sogenannten Volksparteien ihre Ohren.

Das Argument der Regierung, das wäre ein Eingriff in die Tarifautonomie, ist meiner Meinung nach nur ein vorgeschobener Grund.

Mit einem Mindestlohn, eingeführt von der Politik würde der ein oder andere „Schlechtbezahler“ schnell vom Markt verschwinden.

Wenn man Ihre Situation mal bundesweit hochrechnet, wird Ihre Generation (zu der in Übrigen auch mein Sohn gehört) nichts von ihrer Rente haben und wird in die Altersarmut stürzen. Da ist die soziale Verantwortung der Bundespolitik und da sollte der Ansatz sein.

Was die Festeinstellung nach der Probezeit betrifft, da haben leider die Firmen die Möglichkeit über befristete Arbeitskräfte ihren temporären Arbeitsbedarf zu deckeln. Die Regelung zu befristeten Arbeitsverträge sind im Teilbefristungsgesetz verankert. Da ist zu unterscheiden zwischen Befristung mit und ohne Sachgrund. Wird ohne Sachgrund verlängert ist die Befristung nur bis zu dreimal möglich und das nur mit einer längsten Laufzeit bis zu 2 Jahren. Das bedeutet das der Arbeitnehmer nur befristet eingestellt werden kann wenn die Dauer des Vertrages nicht länger als 2 Jahre dauert und wenn die Laufzeit weniger ist, kann der Vertrag nur bis zu dreimal verlängert werden, aber die Gesamtdauer der Verträge darf 2 Jahre nicht überschreiten.

Ihr Ansatz den Firmen vorzugeben mit wie vielen Zeitarbeiter sie arbeiten ist ein sehr interessanter Ansatz. Allerdings fällt das in die Tarifautonomie der Gewerkschaften. Trotzdem könnte man das ja Mal als Idee einwerfen.

Aus unserer Sicht kann unser Sozialsystem nur funktionieren, wenn alle einen vernünftigen Lohn bekommen. Wir müssen wieder dahin kommen, dass ein Familienvater mit seiner beruflichen Tätigkeit eine Familie ernähren kann. Nur so werden wir in Deutschland zukunftsfähig bleiben.

Liebe Grüße und Ihnen und Ihrer Familie ein schönes, besinnliches Weihnachtsfest

Ihr Torsten Jung