Frage an Udo Bullmann bezüglich Jugend

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Udo Bullmann
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Frage von Richard S. •

Frage an Udo Bullmann von Richard S. bezüglich Jugend

Sehr geehrter Herr Dr. Bullmann,

heute habe ich eine Nachricht erhalten, aus der sich ergibt, dass "die EU", welche EU-Instanz damit gemeint ist, ergibt sich daraus nicht, plant, Bücher zu verbieten, in denen "alte Rollenklischees" verbreitet werden. Sollte es dazu kommen, könnten Bücher wie z. B. "Pipi Langstrumpf", "Grimms Märchen" oder auch "Wir Kinder aus Bullerbü" verboten werden.
Da es sich hier um eine Nachricht aus einem Internet-Forum handelt und ich bei meiner Recherche im Internet keine offizielle Seite finden konnte, aus der ich entweder eine Bestätigung oder eine gegenteilige Mitteilung finden konnte, habe ich mich entschieden, mich an Sie zu wenden, da Ihnen sicher mehr Möglichkeiten zur Verfügung stehen, Informationen zu diesem Thema zu erhalten als ich.

Daher habe ich folgende Bitte: Könnten Sie sich hierzu informieren und mir Ihre Ergebnisse dazu zuleiten. Außerdem interessiert mich sehr Ihre p e r s ö n l i c h e Meinung zu diesem Thema.

Sollte es tatsächlich so sein, dass ein V e r b o t entsprechender Bücher geplant ist, so stellt sich mir allerdings die Frage, inwieweit sich dies noch von aus Diktaturen bekannten Bücherverbrennungen unterscheidet. Wie stehen Sie zu diesem Thema?

Es grüßt Sie freundlich

Richard Schütz

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Sehr geehrter Herr Schütz,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne gebe ich Ihnen nähere Informationen zu diesem Thema.

Es gibt auf europäischer Ebene nach meiner Kenntnis keinerlei Bestrebungen Kinderbücher zu zensieren oder gar zu verbieten. Die einschlägigen Nachrichten in Internetforen basieren auf Gerüchten beziehungsweise einer fälschlich dargestellten Entschließung des EU-Parlaments zum Abbau von Geschlechtsstereotypen. Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter hatte im Dezember 2012 einen Bericht zum Thema Geschlechterstereotype in der EU verabschiedet. Dieser attestiert mangelnden Fortschritt und mehr Handlungsbedarf, auf nationaler wie auf EU-Ebene, beim Abbau von Rollenklischees in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung, Medien und Kultur sowie auf dem Arbeitsmarkt. Auf dieser Grundlage hat das Plenum des EU-Parlaments am 12. März dieses Jahres eine Entschließung zum "Abbau von Geschlechterstereotypen in der EU" verabschiedet (http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2013-0074+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE). Hierin fordert das Parlament die Mitgliedsstaaten auf, Schulbücher und Lehrpläne im Hinblick auf Geschlechterstereotypen zu bewerten und dabei etwa die Rolle von Frauen in der Geschichte zu verdeutlichen. Von Zensur oder gar einem Verbot von Büchern ist jedoch im gesamten Text nicht die Rede, auch werden Kinderbücher nicht explizit erwähnt. Darüber hinaus legen Entschließungen die Positionen des EU-Parlaments dar, haben aber keinen verbindlichen Gesetzescharakter. Bildungspolitik fällt in die Kompetenz der Mitgliedsstaaten und ist in Deutschland Ländersache.

Unabhängig von dieser Gesetzeslage sind es jedoch die Verlage selbst, die bei Neuauflagen von Büchern oft Änderungen und Aktualisierungen vornehmen. So hat der Hamburger Oetinger-Verlag 2009 beispielsweise entschieden, den Vater in "Pippi Langstrumpf" künftig "Südseekönig" zu nennen. Auch in vielen anderen Büchern wurden ähnliche Änderungen vorgenommen, die von den Verlagen frei und in Eigenverantwortung getragen werden. Mit EU-Recht hat dies jedoch nichts zu tun.

Sie können also beruhigt sein. Kinderbücher werden von der EU keineswegs verboten. Mir persönlich und meiner Fraktion der Sozialdemokraten liegt die Gleichstellung von Frauen und Männern sehr am Herzen. Dazu gehört auch der Abbau von Geschlechtsstereotypen, ebenso jedoch auch die freie Meinungsäußerung und die freie Literatur. Ein Verbot von Kinderbüchern wäre für mich persönlich aber auch sicherlich für die Großzahl meiner Kolleginnen und Kollegen völlig inakzeptabel. Auch ich möchte, dass sich junge Menschen weiterhin an solchen Kinderbuchklassikern erfreuen können.

Mit freundlichen Grüßen
Udo Bullmann

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