Frage an Udo Bullmann bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Udo Bullmann
SPD
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Frage von Tim S. •

Frage an Udo Bullmann von Tim S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Bullmann,

wie ich höre, werden viele Gesetzesvorlagen an Abgeordnete von großen, multinationalen Konzernen versandt und teilweise von diesen 1:1 als Gesetzesvorlage eingebracht. Insbesondere geht es um das neue Datenschutzabkommen. Hier sollen Amazon, Ebay, Google und Co viele der Vorlagen auf diese Weise "mitgestaltet" haben.

Meine Frage:
Wie stellen Sie sicher, dass die von Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen eingebrachten Gesetzesvorlagen nicht im Endeffekt zu 90% von Lobbyisten geschrieben sind? Wie verteidigen Sie also im Endeffekt beispielsweise mein Grundrecht auf Datenschutz vor den Interessen der Konzerne? Wie viele solcher Vorschläge erhalten sie pro Monat?

Vielen Dank für Ihre Antwort(en)!

Mit freundlichen Grüßen,

Tim Steinhaus

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Steinhaus,

vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an unserer Arbeit im Europäischen Parlament.

Die von EU-Justizkommissarin Viviane Reding Anfang letzten Jahres vorgelegte Gesetzesinitiative zur Reform des europäischen Datenschutzes ist notwendig, um einen einheitlichen und modernen Rahmen für den Datenschutz in der EU zu schaffen. Die derzeit gültige EU-Datenschutzrichtlinie aus dem Jahr 1995 muss den Anforderungen des digitalen Zeitalters angepasst werden. In sozialen Netzwerken, bei Bankgeschäften oder beim Einkauf im Internet geben heute immer mehr Menschen persönliche Daten an. Diese Daten werden nicht nur in Deutschland, sondern vielfach in anderen europäischen Ländern oder im außereuropäischen Ausland gespeichert. Ein einheitlicher Rechtsrahmen, der die Grundrechte der europäischen Bürger sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU wirksam schützt, ist dringend geboten. Wir brauchen Vorschriften, die ein hohes Datenschutzniveau garantieren, gleichzeitig aber nicht das Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit einschränken oder unnötigerweise die unproblematische, für Alltagsabläufe erforderliche Verarbeitung von personenbezogenen Daten verhindern.

Bei der Vorbereitung der Datenschutzreform hat die EU-Kommission die verschiedenen Interessensgruppen angehört und die Auswirkungen einer Reform analysiert. Seitdem der Kommissionsvorschlag veröffentlicht ist und im Parlament diskutiert wird, hat meine Kollegin Birgit Sippel, Datenschutzexpertin der SPD-Delegation und Mitglied des Innenausschusses, zahlreiche Gespräche mit Interessensvertretern über die geplante Reform geführt. Sowohl Unternehmen als auch viele Verbraucherschutzverbände und Nichtregierungsorganisationen haben in Gesprächen ihre Interessen dargestellt.

Bei Gesetzesprojekten ist es grundsätzlich wichtig, ein umfassendes und ausgewogenes Bild über die unterschiedlichen Interessen in der Gesellschaft zu bekommen. Problematisch ist die Zusammenarbeit mit Lobbyisten, wenn Abgeordnete Positionen nicht hinterfragen und einseitig einzelnen, womöglich ressourcenstarken Lobbyisten Gehör schenken. Das ist absolut inakzeptabel und widerspricht meiner Auffassung von einem Abgeordnetenmandat im Auftrag der Wählerinnen und Wähler. Lobbyisten dürfen keinen direkten Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen. Abgeordnete sind ihrem Gewissen unterworfen und tragen die Verantwortung für die Mitgestaltung an der Gesetzgebung und für ihr Abstimmungsverhalten.

Deshalb gilt auch bei der Datenschutzreform: Keinesfalls dürfen einseitig die reinen Profit-Interessen großer Unternehmen berücksichtigt werden. Wir Sozialdemokraten im EU-Parlament setzen uns dafür ein, dass Unternehmen nicht auf Kosten der Privatsphäre Geschäftsmodelle entwickeln. Denn Datenschutz ist unverzichtbar. Dieses Grundrecht muss bei allen persönlichen Daten gelten - seien es etwa die Gehaltsabrechnung, Informationen über den Gesundheitszustand oder über Websites, die jeder einzelne im Internet aufruft, um nur ein paar wichtige Beispiele zu nennen. Es ist wichtig, dass jeder aufgrund von strengen Datenschutzbestimmungen auf einen verantwortungsvollen Umgang mit seinen Daten vertrauen kann.

Bei der anstehenden Gesetzesreform ist daher unser Ziel, persönliche Daten in all diesen Bereichen - privat, beruflich und im Umgang mit Behörden - umfassend zu schützen und damit europaweit Datenschutz als Grundrecht durchzusetzen.

Ich hoffe, dass diese Informationen Ihnen weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen

Udo Bullmann

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