Frage an Ulrich Goll bezüglich Bildung und Erziehung

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Ulrich Goll
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Frage von Nicole V. •

Frage an Ulrich Goll von Nicole V. bezüglich Bildung und Erziehung

Ich möchte gerne Ihre Ihre Position zum Thema Studiengebühren erfahren.
Ist es richtig, daß Junge menschen die eine Ausbildung in einem Betrieb absolvieren bezahlt werden, und die die ihre Ausbildung in einer Schule vollenden dafür bezahlen müssen?
Wird es dann nicht weniger Akademiker in Deutschland geben und in einigen Jahren solche vom Ausland angeworben werden müssen?
Ist es nicht interessanter die Bildung zu fördern, schon allein aufgrund der Pisa- ergebnisse um das internat. Ansehen zu stärken?
Wie ist Ihre meinung und was haben sie sich für Jugend, Bildung und Berufsförderung vorgenommen?

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FDP

Sehr geehrter Frau Vees,

Haben Sie vielen Dank für Ihre heutige Frage zum Thema Bildung und Studiengebühren.

Eine Berufsausbildung, ob Studium oder Lehre, soll in der Hand der jungen Menschen liegen. Jeder sollte die Chance haben, einen Beruf zu ergreifen, der seinen Fähigkeiten und Neigungen entspricht. Diese sollten bereits in der Schule verstärkt gefördert werden. Und weil eben nicht alle Menschen gleich sind - dem einen liegen Sprachen mehr, dem anderen eher die Naturwissenschaften - muss der Einzelne im Mittelpunkt stehen.

In der Tat ist es so, dass bei der betrieblichen Ausbildung die Auszubildenden nicht mehr wie früher Lehrgeld bezahlen müssen, sondern vom jeweiligen Unternehmen eine Ausbildungsvergütung erhalten. Schließlich erbringen sie - insbesondere in den späteren Lehrjahren - eine Leistung, die unmittelbar dem Unternehmen zugute kommt. Dieser Unterschied zwischen betrieblicher und universitärer Ausbildung hat in der Vergangenheit nicht dazu geführt, dass wir zuwenig Studierende haben. Vielmehr hat die Zahl der Akademiker stark zugenommen.

Wir wollen die akademische Bildung verbessern, damit die Absolventen im nationalen und internationalen Vergleich wieder an der Spitze stehen. Da dies durch eine Finanzierung allein aus öffentlichen Mitteln leider nicht mehr gesichert werden konnte, sah sich die Landesregierung zur Einführung von Studiengebühren veranlasst. Für die Liberalen war und bleibt jedoch Bedingung, dass die Gebühren allein den Hochschulen zugute kommen und niemanden von einem Studium abhalten sollen. Deshalb war es uns wichtig, dass jeder Studierende ein Darlehen in Anspruch nehmen kann, das erst dann in Raten zurückgezahlt werden muss, wenn nach Abschluss des Studiums ein bestimmtes Mindesteinkommen erzielt wird.

In punkto Berufsförderung sehe ich es als wichtige Aufgabe der Landespolitik an, dafür zu sorgen, dass ein Ausbildungsplatz in Baden-Württemberg auch weiterhin kein Lottogewinn sondern eine Selbstverständlichkeit ist. Darum setzen wir uns auch so stark für den Mittelstand in Baden-Württemberg ein. Handwerk und Mittelstand brauchen faire Bedingungen durch ein einfacheres und gerechteres Steuersystem und viel weniger Bürokratie. Denn diese Betriebe sind es, die die meisten Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen und sie auch in schwierigen Zeiten erhalten.

Ihr

Ulrich Goll

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Sehr geehrte Frau Vees,

Studiengebühren sind - der Name sagt es - für ein Studium zu entrichten, nicht für Bildung/Ausbildung in der Schule. Ich kann nicht nachvollziehen, wieso Sie in Ihrer Eingangsfrage das Gegenteil behaupten. Wir (Deutschland, Baden-Württemberg, die Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft ...) brauchen Akademiker; aber wer studiert, hat hiervon auch großen individuellen (und zwar auch materiellen) Nutzen. Daß er sich mit einem kleinen Beitrag an den Kosten seines Studiums beteiligt, ist daher gerechtfertigt; und eine Begründung z.B. dafür, daß ein junger Mensch seinen Meisterkurs in fünfstelliger Höhe selbst zahlen und über die von ihm
zu zahlenden Steuern gleichzeitig das beitragsfreie Studium etwa Gleichaltriger mitfinanzieren muß, hat mir noch niemand geben können. Es lassen sich weitere Gründe dieser Art anführen.

Niemand wird - das war uns wichtig - ernsthaft vom Studium abgeschreckt, jeder hat vielmehr Anspruch auf einen zinsgünstigen Kredit, dessen Rückzahlung erst und nur dann fällig wird, wenn er im Beruf steht und sein Einkommen bestimmte Mindesthöhen übersteigt. Weitere soziale Aspekte werden berücksichtigt; z.B. wird von der Gebühr befreit, wer ein Kind erzieht.

Die Gebühreneinnahmen fließen als zusätzliche Mittel über die fortbestehende staatliche Finanzierung hinaus an die Hochschulen; die Hochschulen müssen sie zur Verbesserung von Studium und Lehre einsetzen.
Die Sicherung und Steigerung der Qualität der Lehre kommt den Studierenden zugute. Allein aus öffentlichen Mitteln, also den Mitteln der Steuerzahler (vgl. oben), wäre dies nicht möglich. Im Vergleich zu den anderen
Bundesländern hat Baden-Württemberg die höchsten Bildungsausgaben; das läßt sich nicht beliebig weiter steigern - übrigens gerade im Interesse der jungen Menschen nicht, zu deren Lasten die staatliche Verschuldung geht..

Die Einnahmen aus den Studiengebühren werden dazu beitragen, gerade die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen zu steigern. Bei dieser Gelegenheit: Wer im Ausland studiert, muß dort in aller Regel längst - und oft deutlich höhere - Gebühren zahlen.

Ulrich Goll