Frage an Ulrike Seemann-Katz bezüglich Finanzen

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Ulrike Seemann-Katz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Jörg R. •

Frage an Ulrike Seemann-Katz von Jörg R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Seemann-Katz,

zentrale, aber zu wenig thematisierte Frage des Wahlkampfes ist, wie die
Lasten der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise verteilt werden. Unterm
Strich und auf längere Sicht drohen massive Einschnitte vor allem für
einkommensschwache BürgerInnen und die öffentlichen Haushalte.

Eine Initiative von Vermögenden hat deshalb im Mai in einem öffentlichen
Appell, der in den Medien viel Beachtung fand, eine zeitlich befristete
Vermögensabgabe gefordert. Sie sieht vor, dass Personen mit einem Vermögen von
mehr als 500.000 Euro 2009 und 2010 fünf Prozent ihres Vermögens abgeben.

Außerdem fordert die Initiative, der sich mittlerweile 37 Vermögende
angeschlossen haben, nach 2010 die Vermögensteuer wieder einzuführen. Mehr
dazu finden Sie unter www.appell-vermoegensabgabe.de.

Nach Berechnungen der Initiative würde eine solche Vermögensabgabe in den zwei
Jahren ca. 100 Milliarden Euro einbringen.

Diese Einnahmen sollen - anders als die bisherigen Konjunkturpakete - in den
ökologischen Umbau der Wirtschaft, in Personal für Bildungs-, Gesundheits- und
Pflegeeinrichtungen sowie in die Erhöhung der Transferleistungen wie Harz IV
und BaFöG investiert werden.

Einer von der Initiative in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage zufolge
unterstützen 57 Prozent der Deutschen die Forderung nach einer Vermögensabgabe
(Quelle: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/Geld-Steuern;art271,2837503 ).

Als Sympathisant des Appells und Bürger Ihres Wahlkreises frage ich
Sie: Wie stehen Sie zu diesen Forderungen? Wenn Sie eine Vermögensabgabe
ablehnen, welche alternativen Lösungsvorschläge haben Sie für die sozialen und
ökologischen Probleme infolge der Krise?

Mit freundlichen Grüßen

Jörg Rohwedder

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Rohwedder,

ich unterstütze Ihr Anliegen. Die genauen Summen werden aber am Ende eine Frage der Verhandlung unter den dann existierenden Mehrheiten sein, das sei vorausgeschickt.

Grundsätzlich Grüne orientiert sich Haushalts- und Steuerpolitik am Leitbild der Nachhaltigkeit. Nachhaltig ist dabei nur, was alle Dimensionen berücksichtigt: Wirtschaft, Soziales, Ökologie. Damit der Staat die notwendigen Zukunftsinvestitionen tätigen kann, müssen wir die Verschuldung abbauen und einen langfristig ausgeglichenen Haushalt erreichen. Deshalb brauchen wir eine Stabilisierung der Steuereinnahmen.

Steuersenkungen müssen voll durch die Streichung von Steuervergünstigungen gegenfinanziert sein.

Unser Steuersystem muss einfacher und gerechter werden. Wir treten für eine gleichmäßige Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit der Einzelnen ein, die nicht nach Einkommensarten und –quellen unterscheidet.

Das heißt für mich: Ich werde keinem Vorschlag zustimmen, der allgemein die Steuern senkt, so wie es beispielsweise die FDP vorschlägt.

Niedrige Einkommen profitieren davon praktisch nicht.

Stattdessen werden Einschnitte in Ausgaben für Sozial- Kultur oder Umweltaufgaben folgen. Das ist mit Grüns und mit mir nicht zu machen.

Wir Grünen wollen Steuergeschenke und Subventionen – insbesondere umweltschädliche – abbauen, Steuerflucht und –hinterziehung konsequent bekämpfen und das Ehegattensplitting abschmelzen.

Betriebsverlagerungen ins Ausland dürfen nicht steuerlich begünstigt werden. Wir akzeptieren nicht, dass Unternehmen hohe Gewinne einfahren, aber keine Steuern zahlen. Die ökologische Steuerreform wollen wir weiterentwicklen, um den sparsamen Umgang mit Ressourcen und Investitionen in energiesparende Technologien zu fördern. Die Steuer auf große Privatvermögen soll wieder eingeführt und große Erbschaften stärker besteuert werden. Die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer muss verbreitert werden, denn sie ist die wichtigste Finanzierungsbasis der Kommunen.

Auf diesem Wege können jährlich 150 Milliarden zusätzlich eingenommen werden.

Wenn dann noch ökologisch vertretbares Wachstum (Erneuerbare Energien, neue Antriebsarten, naturrohstoffbasierte Chemie o. ä.) hinzukommt, können auch aus diesem Wachstum an neuen Jobs neue Mittel gewonnen werden - übrigens auch für die SAozialsysteme.

Wenn Sie noch Fragen haben, haken Sie nach.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Seemann-Katz