Frage an Uwe Hiksch bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Uwe Hiksch
DIE LINKE
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Frage von Marie R. •

Frage an Uwe Hiksch von Marie R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Hiksch,

wie stehen Sie eigentlich diesen "Beschäftigungsträgern" gegenüber, die vom JobCenter / Arbeitsamt mit Sachmitteln ausgestattet werden, damit sie Menschen für 1,50 € / Std. für sich arbeiten lassen?
Ich bin seit heute in einem solchen Mehraufwandsentschädigungsverhältnis für einen Kulturträger tätig und stolperte 1. darüber, dass mir im JobCenter keine Auskunft über die Höhe der Sachmittel, die dieser Träger nun erhält gegeben wurde, im Gegenteil, ich wurde nachgerade gemassregelt, dass mich dies nichts anginge und 2. wie kann es sein, das jemand der durch staatliche Gelder bereits in die Lage versetzt wurde Menschen für geradezu sklavische Löhne arbeiten zu lassen, nun auch noch weitere Steuergelder obendrauf erhält dafür dass er dies tut?

So kann es doch garnicht funktionieren, oder?

Mit freundlichem Gruss, Marie Reinhardt

Antwort von
DIE LINKE

Sehr geerhrte Frau Reinhardt,

vielen Dank für Ihre Frage.

Wer Arbeitet soll dadurch auch so viel verdienen, damit er von seinem Einkommen aus der Arbeit menschenwürdig leben kann. Dies ist bei einem Ein-Euro-Job und 1,50-Euro-Jobs nicht der Fall. Wir überall in den Kommunen zur Zeit eine großflächige Verdrängung von ehemalig sozialversicherungspflichtig Beschäftigten durch Ein-Euro-Jobler, die zum Teil die gleiche Arbeit machen müssen, wie früher Menschen die dafür nach Tarif bezahlt wurden.
Auf Friedhöfen, in Parks, in sozialen Einrichtungen - überall finden sich zwischenzeitlich Ein-Euro-Jobler auf Arbeitsplätzen die eigentlich durch sozialversicherungspflichtig Beschäftigte erledigt werden müssten.In unserem Wahlprogramm wird dazu ausgeführt:"Nach jahrelanger Senkung der Reallöhne brauchen wir wieder deutlich steigende Masseneinkommen. Auch der Staat selbst ist gefordert. Bund, Länder und Kommunen müssen ihre Investitionen im Sinne sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit deutlich steigern.
In den vergangenen Jahren wurden  hunderttausende Vollzeitarbeitsplätze im öffentlichen Dienst abgebaut. Dieser Trend muss gestopptund umgekehrt werden. Aufbauend auf den skandinavischen Erfahrungen, ist eine Ausweitung sozialer Dienstleistungen erforderlich – vor allem in den Bereichen Kinderbetreuung, Bildung, Gesundheit, Sozialwesen, Sport und Kultur. Dieser Bedarf soll mit öffentlich geförderter Beschäftigungfür Erwerbslose verzahnt werden.
Ein-Euro-Jobs sind in tariflich bezahlte Stellen umzuwandeln."(S. 8, Kapitel 2.1. Gute Arbeit)"Wenn gute Arbeit und Löhne wachsen und nicht Minijobs, Ein-Euro-Jobs und prekäre Arbeit, haben dieSozialkassen mehr Geld zur Verfügung."(S. 21, Kapitel 2.7: Soziale Sicherheit: Solidarität statt Privatisierung)

"Hartz IV abschaffen und damit die schädlichen Wirkungen auf den Arbeitsmarkt beseitigen: alle Erwerbslosen gleich behandeln; den gleichen Zugang zu arbeitsmarktpolitischen Integrationsleistungen herstellen und alle Ein-Euro-Jobs in sozialversicherungspflichtige, tariflich bezahlte Arbeitsverhältnisse umwandeln;
 Hartz IV durch eine bedarfsdeckende und sanktionsfreie Mindestsicherung ersetzen, die Armut tatsächlich verhindert und die die Bürgerrechte der Betroffenen achtet:"

(S. 25, Erwerbslosigkeit verhindern)Sie sehen an diesen wenigen Beispielen, dass sich DIE LINKE bundesweit klar positioniert hat. Wir lehnen die Ein-Euro-Jobs klar ab, da wir sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze schaffen wollen.Auch in meiner sonstigen Arbeit versuche ich dieses Thema immer wieder zu diskutieren. So haben die NaturFreunde Berlin einen klaren Beschluss gefasst, dass in den Einrichtungen des Landesverbandes keine 1-Euro-Jobler eingesetzt werden dürfen, da dies nach unserer Auffassung mit den Grundüberzeugungen der NaturFreunde nicht übereinstimmt, da wir uns - als Verband der seine Wurzeln in der ArbeiterInnenbewegung des 19. Jahrhunderts hat - solche ausbeuterischen Arbeitsverhältnisse in unserem Landesverband nicht vorstellen wollen. Dies hat dazu geführt, dass sich einer unserer Träger, der solche Ein-Euro-Jobs in der Vergangenheit durchgeführt hatte, aus solchen Maßnahmen zurückziehen musste.
Es ist für mich ein Skandal, dass Menschen für einen oder einen Euro fünfzig in der Stunde arbeiten gehen müssen und wenn sie sich - völlig berechtigt - verweigern, mit Leistungsabzügen von ihren ohnehin nicht ausreichenden Hartz-IV-Sätzen rechnen müssen.Im nächsten Bundestag wird die Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag ihren Kampf gegen diese Form der Ausbeutung weiterhin fortsetzen.Gleichzeitig ist die Situation für Hartz-IV-Empfangende zwischenzeitlich so prekär, dass sich viele Hartz-IV-Beziehende um die Ein-Euro-Job-Stellen bewerben, da ihnen dieser zusätzliche Hungerlohn hilft, ihr unzureichendes Einkommen wenigstens ein wenig aufzubessern und sie über die Arbeiten eine gewisse soziale Anerkennung erfahren.
DIE LINKE wird mithelfen, dass so etwas in Zukunft nicht mehr notwendig ist.Aus diesem Grund werden wir uns in der nächsten Legislaturperiode dafür einsetzen, dass:

Anspruch für alle in der Bundesrepublik lebenden Menschen, die über kein ausreichendes Einkommen und Vermögen verfügen, um ihren Mindestbedarf zu decken;
DIE LINKE unterstützt den Kampf der Gewerkschaften und Sozialverbände im »Bündnis soziales Deutschland« für eine sofortige Anhebung der Regelsätze für Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger. Wir fordern für die nächste Wahlperiode die Anhebung auf 500 Euro. Danach soll der RegelsatzJahr für Jahr zumindest in dem Maße wachsen, wie die Lebenshaltungskosten steigen. Perspektivischsetzen wir auf die Einführung einer bedarfsdeckenden und sanktionsfreien Mindestsicherung;

(Wahlprogramm S. 25)Für mich ist es von Seiten des Job-Centers auch ein nicht akzeptables Verhalten, wenn Ihnen die Auskunft darüber verweigert wird, wie viele Sachmittel für einen Ein-Euro-Job dem jeweiligen Träger zur Verfügung gestellt werden. Aus diesem Verhalten des Job-Centers lerne ich, dass hier die gesetzlichen Regelungen so verändert werden müssen, dass dies automatisch veröffentlicht wird. Zur Zeit erleben wir ja die Situation, dass private und soziale Träger durch die sogenannten Sachmittel an den Ein-Euro-Joblern durchaus gute Zusatzeinnahmen generieren. Diese Form der Finanzierung von solchen Trägern muss zuende gehen.

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Hiksch