Frage an Winfried Hermann bezüglich Soziale Sicherung

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Winfried Hermann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Georg M. •

Frage an Winfried Hermann von Georg M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Herrmann,

ich fühle mich von allen Parteien in diesem Wahlkampf ausgegrenzt.

Zuerst verlor ich meinen Arbeitsplatz an einen polnischen Einwanderer. Dann verlor ich meine Wohnung und nun wohne ich in einer Wohnung, wo man aus der Tür muss, um zur Dusche und zur Toilette zu kommen. Ich habe kein Leben mehr, es geht nur noch um das Überleben. Die ständig Aussagen wie Fachkräftemangel und demographischen Wandel empfinde ich nur noch als Zynismus.

Der Statistiker Gerd Bosbach schreibt in seinem Buch "Lügen mit Zahlen", dass die Arbeitslosigkeit dreimal so hoch ist, wenn man alle Sozialmaßnahmen, die stille Reserve usw. mit berücksichtigt. Stimmen Sie dem zu?

Was tun Sie konkret, damit Arme eine bezahlbare Wohnung bekommen? Ich suche seit Jahren, gebe Kleinanzeigen auf, doch nichts hilft.

Wie viel Zuwanderung will Ihre Partei denn noch und warum wird nur die Zuwanderung von Flüchtlingen, nicht aber die aus anderen EU-Staaten heiß diskutiert? Ich meine, es reicht nun langsam mal für Wohltaten für die Anderen,- ohne, dass nach den Ärmsten hierzulande ordentlich geschaut wird. Können Sie das verstehen?

Ich habe nur ein Einkommen von 438 Euro pro Monat, bekomme also noch ALG II, da ich Miete bezahlen muss.

Finden Sie Hartz IV in der jetzigen Höhe für angemessen?

Wollen Sie die Sanktionspraxis ändern oder beibehalten? Ich finde es ungerecht, dass die Jobcenter erst kürzen dürfen und dann kann man auf dem Sozialgericht klagen, und irgendwann mal wird darüber verhandelt. Ist das Ihrer Meinung nach gerecht?

Ich fühle mich an den Rand gedrängt!

Mit freundlichen Grüßen

G. M.

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr M.,

es ist sehr bedauerlich, dass Sie Ihren Arbeitsplatz und in der Folge davon auch Ihre Wohnung verloren haben.

In der EU gilt – wie Sie sicher wissen – die Freizügigkeit für alle Bürgerinnen und Bürger der EU-Staaten. Sie haben das Recht, sich zum Zweck der Arbeitssuche und auch zur Ausübung einer Arbeit in anderen EU-Staaten dauerhaft aufzuhalten. Aus diesem Grund konzentriert sich die Diskussion um die Begrenzung von Zuwanderung auf Menschen, die aus Nicht-EU-Staaten hierher kommen.

Durch den Zuzug von Flüchtlingen aus den Bürgerkriegsregionen ändert sich für die Menschen hier im Land im Hinblick auf staatliche Unterstützung in Notlagen nichts. Zwar erhalten auch Flüchtlinge staatliche Leistungen, diese liegen aber erstens unter dem Satz für Einheimische und führen zweitens nicht zu einer Kürzung anderer Leistungen.

Die statistischen Angaben zur Arbeitslosigkeit werden immer wieder diskutiert und angezweifelt. Auch wenn sie hier in Deutschland höher wäre als die offiziellen Zahlen angeben, besteht in Fachkreisen Einigkeit darüber, dass sie zumindest in Baden-Württemberg so niedrig ist wie lange nicht. Darüber hinaus bietet die Freizügigkeit in der EU die Möglichkeit, auch anderswo einen Arbeitsplatz zu suchen.

Durch das Landesarbeitsmarktprogramm der GRÜN-geführten Landesregierung haben mehr als 9500 Menschen den Weg zurück in eine berufliche Zukunft gefunden. Ein Bestandteil des Arbeitsmarktprogramms des Landes ist die Teilzeitausbildung, die es Menschen ermöglicht, berufliche Ausbildung und beispielsweise familiäre Aufgaben miteinander zu vereinbaren. Wir setzen uns dafür ein, dass es diese Möglichkeit weiterhin geben wird.

Mit dem bundesweit einmaligen Modellprojekt zum Passiv-Aktiv-Tausch wollen wir bestehende Paradigmen in der Arbeitsmarktpolitik ändern: Statt wie bisher die Arbeitslosigkeit von Langzeitarbeitslosen zu finanzieren, bezuschussen wir Arbeitsplätze von staatlicher Seite und unterstützen somit die Aufnahme einer regulären Beschäftigung. Auch Menschen, die momentan keine Chancen in der Arbeitswelt haben, sollen mit dem sozialen Arbeitsmarkt Perspektiven erhalten. Dieses Modell werden wir weiterführen und uns dafür einsetzen, dass es auch auf Bundesebene übernommen wird. Informationen zum Modell finden Sie hier:

https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/de/arbeit-soziales/musterland-fuer-gute-arbeit/landesprogramm-gute-und-sichere-arbeit/

Ich hoffe sehr, dass Sie bald wieder einen Ihren beruflichen Qualifikationen
entsprechenden Arbeitsplatz finden und wünsche Ihnen dafür viel Erfolg.

Mit freundlichen Grüßen
Winfried Hermann

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