Frage an Wolf Klinz bezüglich Finanzen

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Wolf Klinz
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Frage von Dimitri I. •

Frage an Wolf Klinz von Dimitri I. bezüglich Finanzen

Hallo,

Laut der Präsentation von Hans-Werner Sinn "Ist der Euro noch zu retten?" vom 19.12.2011
haben wir ein großes Problem mit der EZB, denn der EZB-Rat ist das oberste Beschlussorgan der EZB und trifft die meisten Entscheidungen mit einfacher Mehrheit, wobei jedes Mitglied eine Stimme hat, d.h. dass Deutschland genau so viel zu sagen hat wie Malta, Zypern usw. und nicht wie z.B. im Rat der EU oder dem ESM (mit inderektem deutschen Vetorecht).

Nun akzeptiert die EZB bei der Kreditvergabe die Griechischen Anleihen als Sicherheit, was dazu führt, dass Griechenland eigene Anleihen ausgeben und dafür bei der EZB zu 1% Zins Kredit finanzieren kann, ohne ESM/EFSF zu nutzen (geschweige den Kapitalmarkt).

Die Hälfte des Auslandsvermögen der Deutschen Zentralbank, besteht aus Forderungen an die EZB. Also stellen sich für mich folgende Fragen, die ich an Sie richten möchte:

1. Was halten Sie allgemein von einem Kreditverhältnis unter den EU-Partnern, denn an Kreditverhältnissen können Freundschaften scheitern.

2. Warum hat Deutschland im EZB-Rat so wenig Einfluss, obwohl die EZB nach dem Vorbild der deutschen Zentralbank agieren sollte.

Mit freundlichen Grüßen
Dimitri Idessis

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Idessis,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Zu Ihren Fragen:

1. In der Tat können Freundschaften an Kreditverhältnissen scheitern. Allerdings sind Kreditverhältnisse zwischen den Partnern in der Eurozone auch ein Zeichen gegenseitiges Vertrauen und schon seit langen Jahren, auch schon zu Zeiten der DM, eine gängie Praxis. Trotzdem muss auch bei diesen Kreditverhältnisen die richtige Balance gewahrt werden und Risiken dürfen nicht ignoriert werden.

2. Deutschland hat seit Gründung der EZB (1998) zu jedem Zeitpunkt ein Mitglied im Direktorium gehabt (Ottmar Issing von 1998 bis 2006; Jürgen Stark von 2006 bis Ende 2010; seit Anfang 2012 Jörg Asmussen), obwohl es keine explizite rechtliche Regelung auf ein Vorrecht gibt. Zudem ist der Präsident der Deutschen Bundesbank, derzeitig Jens Weidmann, Mitglied im EZB-Rat. Dadurch ist Deutschland nominell sehr stark vertreten und ist somit an allen Entscheidungen der EZB beteiligt. Es ist jedoch festzustellen, dass die Unabhängigkeit der EZB im institutionellen Rahmen für die einheitliche Geldpolitik (dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, AEU-Vertrag, und der ESZB-Satzung) festgelegt ist. Entscheidungen zur Geldmarktpolitik werden somit im EZB-Rat getroffen und sind von politischer Einflussnahme durch Externe geschützt.

Mit freundlichen Grüßen

i.A.

Tilman Anger