Frage an Wolfgang Schäuble bezüglich Innere Sicherheit

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Frage an Wolfgang Schäuble von Ingo W. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble,

als Privatpilot stehe ich nunmehr seit 2005 unter dem Verdacht, terroristische Aktivitäten planen zu wollen. Dazu gab es zu keiner Zeit weder eine Veranlassung, noch hat die Bundesregierung, vertreten durch die Landesluftfahrtbehörde Münster, jemals versucht, meine Ehre wiederherzustellen. Für mich wird dieser Zustand langsam untragbar. Ich bin seit 1976 Pilot und seit 1985 Fluglehrer. Ich habe einen großen Teil meines Lebens ehrenamtlich in Luftsportvereinen viele Flugschüler zu guten Luftfahrern ausgebildet, die sich ausnahmslos korrekt bei der Ausübung ihres Hobbys verhalten haben.

Als potentieller Terrorist lebt es sich nicht gerade unbeschwert. Mir wurde unter anderem ein Antrag abgepresst, mich bei 13 Behörden und zuständigen Stellen "überprüfen" zu lassen. Da dies nicht Grundgesetzkonform ist, sollte ich diesen Antrag "freiwillig" stellen, andernfalls würde meine Lizenz eingezogen.

Wie mir ergeht es weiteren zigtausend Sportpiloten.

Ich möchte von Ihnen wissen, wie und warum es zu diesem Gesetz kommen konnte und ob Sie es für angebracht, rechtlich tragbar und sinnvoll erachten. Auch möchte ich wissen, wer die Bundesregierung diesbezüglich beraten hat und ob diese Beratung durch Experten durchgeführt wurde.
Weiterhin interessiert mich, warum ich als unbescholtener Deutscher Staatsbürger und Pilotenlizenzinhaber ausgespitzelt werden muß, wenn ich deutschen Luftraum benutzen möchte, ausländische Piloten aber nicht.
Und mir stellt sich die Frage, warum die Millionen von Autofahrern (mit Autos werden in der Welt nachweislich die meisten Terrorattacken durchgeführt) in Deutschland nicht auf ihre Zuverlässigkeit in genau derselben Art wie die Sportpiloten "durchleuchtet werden.

Die Antwort hierauf, die wohlbemerkt meine Antwort ist, möchte ich Ihnen selbst geben: Der Bruch des Grundgesetzes würde innerhalb von Tagen von einer riesigen Bevölkerungsgruppe bemerkt und rechtlich bekämpft werden.

Danke für Ihre Antworten,

Ingo Wiebelitz

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Sehr geehrter Herr Wiebelitz,

gegenüber anderen Verkehrsträgern unterliegt der Luftverkehr einer besonderen Gefährdung durch den internationalen Terrorismus, die auch in absehbarer Zeit fortbestehen wird. Mit der Zuverlässigkeitsüberprüfung für Privatpiloten und Flugschüler motorgetriebener Luftfahrzeuge wurde einer einstimmigen Forderung der Innenministerkonferenz nachgekommen. Auslöser dafür war der Fall des "Frankfurter Motorseglers" im Januar 2003, der die zuständigen Behörden veranlasst hat, die Sicherheit der Kleinflughäfen und der Kleinflugzeuge in Deutschland zu überprüfen. Mit der Ausdehnung soll ein besserer Schutz auch auf Kleinflughäfen und der allgemeinen Luftfahrt gewährleistet werden.

Die Zuverlässigkeitsüberprüfungen stellen eine wichtige vorbeugende Maßnahme im Rahmen gestaffelter Schutzmaßnahmen der Luftsicherheit dar. Privatpiloten werden durch diese Regelung ebenso wenig unter "Generalverdacht" gestellt wie andere Personen, die einer Sicherheitsüberprüfung, z.B. nach dem Waffen-, Atom- oder dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz, unterliegen. So müssen sich auch meine Mitarbeiter Sicherheitsüberprüfungen unterziehen, ohne dass ich ihre Integrität ansatzweise in Zweifel ziehen würde.

Zur Verhältnismäßigkeit der Zuverlässigkeitsüberprüfung darf ich auf die zahlreichen gerichtlichen Entscheidungen in diesem Zusammenhang verweisen. In einem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahr 2007 wird beispielsweise ausgeführt, dass angesichts des hohen Ranges der gefährdeten Rechtsgüter und des immensen Ausmaßes eines eventuellen Schadensereignisses ein ganz erhebliches öffentliches Interesse daran besteht, dass bestimmte Personengruppen, u.a. die Privatflugzeugführer, einer Zuverlässigkeitsüberprüfung unterzogen werden, auch wenn im Einzelfall keine konkreten Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit bestehen. Das gelte umso mehr, als die Zuverlässigkeitsprüfung nach § 7 des Luftsicherheitsgesetzes mit keinem erheblichen Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen verbunden sei.

Darüber hinaus möchte ich hinzufügen, dass mit der überarbeiteten Luftsicherheits-Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung vom 23. Mai 2007 der Turnus für die Wiederholungsüberprüfung ab 2009 auf fünf Jahre verlängert wird. Hierdurch soll neben einer Verwaltungsvereinfachung auch eine finanzielle Entlastung aller Beteiligten erreicht werden.

Die Gewährleistung eines angemessenen Sicherheitsniveaus in der Luftsicherheit auch durch die Zuverlässigkeitsüberprüfung entspricht dem gemeinsamen Interesse aller Bürger; ein individuelles Werturteil gegenüber den Piloten ist damit nicht verbunden. Ich bin der Überzeugung, dass die Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach dem Luftsicherheitsgesetz einen entsprechenden Beitrag dazu leisten und würde mich freuen, wenn diese Ausführungen zu einem besseren Verständnis der Maßnahme beitragen würden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
Dr. Wolfgang Schäuble