Sehr geehrter Herr Dr. h.c. Thierse,

als Vorsitzender der Parlamentarische Versammlung der OSZE befassen Sie sich, wenn ich das richtig verstehe, mit den Aufbau und der Stärkung demokratischer Strukturen. Im Zusammenhang z.B. mit den Vorgängen um die kürzlich erfolgten Wahlen in Russland stellt sich ja nun die Frage, inwieweit Drangsalierung, Einschüchterung, Kriminalisierung und damit Marginalisierung der russischen Oppositionsgruppen demokratische Strukturen stärken. Um mein Verständnis zu fördern, äußern Sie sich doch bitte zu folgenden Erklärungsansätzen:
Handelt es sich beim Einparteiensystemen wie jetzt de facto in Russland, grundsätzlich um gegenüber Mehrparteiensystemen gestärkte demokratische Strukturen?
Oder bemisst sich das demokratische eines Staatswesens an den Renditequoten derjenigen, die mit Geld statt mit Händen arbeiten?
Oder ist hier unser großer EX-Bundeskanzler Dr. h.c. mult. Gerhard Schröder Vorbild (der sich ja leider mit seinem Rücktritt verzockt hat), und für den (nach meiner bescheidenen Analyse) Sympathie ("Männerfreundschaft") und ein erfreuliches Wechselspiel von Geben und Nehmen die Koordinatenpunkte zum Verorten demokratischer Zustände sind?

Sollte sich also, um ein geflügeltes Wort dieses moralischen Monolithen aufzugreifen, die Lupenreinheit einer Demokratie tatsächlich daran bemessen, wiewenig sichtbare Unterschiede sie zulässt?

Zum zweiten stelle ich Ihnen die Frage, ob die geplante Speicherung der Kommunikation der Bevölkerung ebenfalls demokratiefördernd ist? Handelt es sich bei der Annahme, jeder könne ein Verbrecher sein, um die logische Konsequenz aus dem Auftrag, alle Menschen gleichzubehandeln?

Und, wenn dieses Gesetz gültig würde, und somit "Namen und den wesentlichen Adressdaten" für jeden Kläger verfügbar wären, würden dann wieder am Dialog in diesem Forum teilzunehmen?

Es wäre doch so schön, wenn man ihren sich in alle Richtungen so ausbreitenden demokratischen Prinzipien auch hier wieder teilhaftig würde.