Frage an Wolfgang Wieland bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Wolfgang Wieland
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Frage an Wolfgang Wieland von Tanja G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wieland,

zu Ihrer Antwort vom 31.5. betr. Abgeltungs- und Kirchensteuer an Frau Hendlmeier:

Bei den von den Banken abgezogenen Kirchensteuern handelt es sich nicht um "Durchlaufende Gelder".
Andernfalls würde die Steuer ohne vorherige Festsetzung eingezogen. Tatsächlich ist es aber so, dass die Banken die Höhe der Kirchensteuer ermitteln und somit auch die Steuer festsetzen. Stimmen Sie dieser Feststellung jetzt zu?

Sie schrieben: Eine Rechtsbehelfsbelehrung wird eine Bank nicht abgeben müssen, da sie nicht hoheitlich tätig wird.
Trifft es zu, dass hoheitliche Tätigkeiten auf Private übertragen werden können und dass dabei strenge Voraussetzungen zu erfüllen sind?

Wenn Kirchensteuerpflichtige oder angeblich Kirchensteuerpflichtige sich ab 2011 (Bestehen einer staatlichen Datenbank) für die Abgeltungssteuer entscheiden, entfällt für sie(kein Wahlrecht bei der Kirchensteuer) die Kirchensteuerveranlagung durch das Finanzamt (erteilt in seinen Fällen eine Rechtsbehelfsbelehrung!).
Müssen Personen auf eine gfs. für sie günstigere Abgeltungssteuer verzichten, um die Möglichkeit des Widerspruchs gegen die Kirchensteuerfestsetzung zu haben?
Darf also der Rechtsschutz von finanziellen Verlusten bei einer anderen Steuer abhängig gemacht werden?

Da die Rechtsweggarantie zu den Grundrechten gehört, frage ich Sie: Soll der Bundespräsident seine Unterschrift unter das Unternehmensteuerreformgesetz davon abhängig machen, dass entweder die Banken eine Rechtsbehelfsbelehrung erteilen
oder auf die Ankoppelung der Kirchensteuer an die Abgeltungssteuer verzichtet wird?

Mit freundlichen Grüßen
Tanja Großmann

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Großmann,

wie Sie wissen, nehme ich persönlich gegenüber der Abgeltungssteuer eine sehr kritische Haltung ein und unsere Fraktion hat gegen den Gesetzentwurf gestimmt. Ihre sehr detaillierten Fragen beantworte ich Ihnen gerne. Bitte beachten Sie aber, dass für den Gesetzesvollzug die Bundesregierung verantwortlich ist.

Ich kann Ihnen folgende Auskünfte geben:

- Die Festsetzung der Steuer erfolgt durch die Finanzämter. Die Rolle der Bank ist in dem Gesetz ger Großen Koalition eher mit einem Inkassounternehmen vergleichbar. Sie zieht von den Geldern einen Betrag ab, den sie an das Finanzamt auskehrt. Existiert keine Kirchensteuerpflicht, entfällt dieser Posten. Es wird nur die übliche Steuer abgezogen.

- Die öffentliche Hand kann einen Privaten mit der Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten beauftragen (sogenannte Beleihung). Dabei handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass nur Beamte und Angestellte der öffentlichen Verwaltung in Rechtsverhältnisse der Bürgerinnen und Bürger eingreifen. Deshalb bedarf die Beleihung einer gesetzlichen Grundlage.

- Rechtsschutz gegen die Festlegung der Kirchensteuer ist dann möglich, wenn ein Bürger in seinen Rechten verletzt wird. Das ist dann gegeben, wenn die Festlegung der Steuer zu finanziellen Einbußen führt. Ob dies der Fall ist, muss konkret an Hand der Steuerfestsetzung überprüft werden.

- Der Bundespräsident hat ein formelles und ein eingeschränktes materielles Prüfungsrecht. Der Bundespräsident übt sein Prüfungsrecht nach eigenem Ermessen aus. Es steht mir als Mitglied des Deutschen Bundestages als der gesetzgebenden Körperschaft nicht zu, rechtliche Einschätzungen abzugeben, die eine Handlungsempfehlung für den Bundespräsidenten beinhalten. Ich bitte dafür für Ihr Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Wieland