Frage an Wolfgang Wieland bezüglich Recht

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Wolfgang Wieland
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Frage an Wolfgang Wieland von Mark P. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Wieland,

in Ihrer Antwort vom 06.08.08 schreiben Sie, dass die Polizei sich sehr gut darauf versteht, Gesetze mit Augenmaß anzuwenden. Ein befreundeter Polizist hat mir allerdings gesagt, dass sowohl ihm als auch vielen seiner Kollegen die konkrete Bedeutung der Gesetzesverschärfung NICHT klar ist, weil der von Ihnen oft genannte „Wille des Gesetzgebers“ aus dem Gesetzestext nicht ersichtlich ist!

Konkrete Fragen zum WaffG wurden auf abgeordnetenwatch widersprüchlich beantwortet. Werden die Abgeordneten auf diese Unlogik angesprochen, weichen sie den Fragen aus oder schieben die Verantwortung an Länder und Polizei ab. Wenn aber selbst denjenigen, die dieses Gesetz verabschiedet haben, dessen genaue Bedeutung nicht klar ist, woher soll dann der Polizist bzw. Bürger wissen, wie das Gesetz „richtig“ anzuwenden ist? Wäre nicht – wenn überhaupt – ein einheitliches und ausnahmsloses Führungsverbot für alle Messer ab 8,5 cm Klingenlänge eindeutiger und damit wirkungsvoller?

Wie Sie selbst am 25.06.08 schreiben, können Messer-Attacken durch das Führungsverbot NICHT verhindert werden, weil keine präventiven Kontrollen vorgesehen sind. Aber selbst im unwahrscheinlichen Fall einer Kontrolle, darf jeder – wie Herr Weidner dargestellt hat - sein Einhandmesser weiterhin führen, solange er behauptet, dass er gerade auf dem Weg zu einem „anerkannten Zweck“ ist. Wie soll ein Polizist diese Aussage widerlegen und deshalb das Messer gem. WaffG beschlagnahmen? Wodurch soll dann die Zahl der Waffen auf deutschen Straßen zurückgehen?

Auch das umfangreiche Messer-Verbot von 2003 hat doch nachweislich nicht zu einem Rückgang der Messer-Kriminalität geführt, was ja unlogischer Weise als Begründung für die Gesetzesverschärfung genannt wurde. Warum sollte sich das Führungsverbot der Einhandmesser völlig anders auswirken? Ist es nicht absehbar dass – wenn überhaupt – die Jugendlichen bzw. Kriminellen lediglich auf andere Messer-Arten umsteigen?

Mit freundlichen Grüßen

Mark Padberg

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Sehr geehrter Herr Padberg,

das Gesetz bedarf – ich habe es mit Ihnen und vielen anderen ja hier so diskutiert – bezüglich der Frage, was ein „anerkannter Zweck“ ist, in der Tat einer Auslegung, auch durch den anwendenden Polizeibeamten. Gesetzmäßiges und sinnvolles Vorgehen muss im Rahmen seiner Aus- und Fortbildung besprochen werden. Dann klappt das auch.

Ich bleibe optimistisch, dass hier sehr schnell eine sinnvolle Praxis gefunden wird, die dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Der ist erkennbar: die Entwaffnung (vor allem jugendlicher) Gewalttäter und die Abrüstung auf unseren Strassen, in Kneipen und Schulen, besonders in Gefahrenlagen. Und er ist auch umsetzbar – Polizistinnen und Polizisten werden außer in wenigen Ausnahmefällen sicher keine Schwierigkeiten haben, die Plausibilität eines „anerkannten Zwecks“ und die jeweilige Situation einzuschätzen und entsprechend zu handeln. Das ist eine Abwägung und Bewertung, die ihnen von zahlreichen Gesetzen abverlangt wird und die sie nach meiner Erfahrung auch angemessen und souverän vornehmen.

Sie sollten aus meiner Antwort, dass es weiterhin Messerattacken geben wird, nicht schließen, dass diese Gesetzesnovelle wirkungslos wäre. Denn – auch das habe ich schon gesagt – es wird durch dieses Gesetz möglich, Waffen aus dem Verkehr zu ziehen. Ein Totalverbot von Messern einer bestimmten Länge oder eine Reglementierung analog Schusswaffen hätte man sich natürlich vorstellen können und sie hätte an manchen Punkten mehr Klarheit gebracht. Aber: Es gibt bei Messern eben „zivile“ Nutzungen, die erlaubt bleiben sollen – „anerkannte Zwecke“ eben.

Gesetze schaffen ein Problem nie völlig aus der Welt – aber sie können helfen, es bewusst zu machen und es zu verkleinern. Das wird auch der Effekt dieser Regelung sein.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Wieland