Änderung des Infektionsschutzgesetzes und Grundrechtseinschränkungen

Ein von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachter Gesetzentwurf zur Hilfe für Flutopfer in Deutschland sieht auch Änderungen des Infektionsschutzgesetzes vor. Diese sollen unter anderem in bestimmten Einrichtungen eine Auskunftspflicht von Mitarbeiter:innen zu ihrem Impf- oder Genesenenstatus ermöglichen.

Im Vorfeld hatte die Opposition für das Gesetzespaket eine namentliche Abstimmung nur über die Punkte verlangt, die auch das Infektionsschutzgesetz betreffen.

Die Neuregelungen wurden mit 344 Ja-Stimmen der Unions- und SPD-Fraktion gegen 280 Nein-Stimmen der Oppositionsfraktionen sowie einzelner Abgeordneter der Union und SPD angenommen. Lediglich eine Abgeordnete hatte sich bei der Abstimmung enthalten.

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Dafür gestimmt
344
Dagegen gestimmt
280
Enthalten
1
Nicht beteiligt
84
Abstimmungsverhalten von insgesamt 709 Abgeordneten.
NameFraktion Aufsteigend sortieren WahlkreisStimmverhalten
Bernd RützelBernd RützelSPD249 - Main-Spessart Dafür gestimmt
Ralf KapschackRalf KapschackSPD139 - Ennepe-Ruhr-Kreis II Dafür gestimmt
Portrait von Swen SchulzSwen SchulzSPD78 - Berlin-Spandau-Charlottenburg Nord Dafür gestimmt
Portrait von Sonja SteffenSonja SteffenSPD15 - Vorpommern-Rügen - Vorpommern-Greifswald I Dafür gestimmt
Portrait von Marja-Liisa VöllersMarja-Liisa VöllersSPD40 - Nienburg II - Schaumburg Dafür gestimmt
Portrait von Stefan ZierkeStefan ZierkeSPD57 - Uckermark - Barnim I Dafür gestimmt
Bild Uwe SchmidtUwe SchmidtSPD55 - Bremen II - Bremerhaven Dafür gestimmt
Portrait von Christine LambrechtChristine LambrechtSPD188 - Bergstraße Dafür gestimmt
Portrait von Matthias BartkeMatthias BartkeSPD19 - Hamburg-Altona Nicht beteiligt
Isabel Mackensen-GeisIsabel Mackensen-GeisSPD208 - Neustadt - Speyer Nicht beteiligt
Portrait von Lars CastellucciLars CastellucciSPD277 - Rhein-Neckar Dafür gestimmt
Portrait von Susanne MittagSusanne MittagSPD28 - Delmenhorst - Wesermarsch - Oldenburg-Land Dafür gestimmt
Portrait von Yasmin FahimiYasmin FahimiSPD42 - Stadt Hannover II Dafür gestimmt
Portrait Dietmar NietanDietmar NietanSPD90 - Düren Dafür gestimmt
Portrait von Angelika GlöcknerAngelika GlöcknerSPD210 - Pirmasens Dafür gestimmt
Portrait von Sabine PoschmannSabine PoschmannSPD143 - Dortmund II Nicht beteiligt
Portrait von Sebastian HartmannSebastian HartmannSPD97 - Rhein-Sieg-Kreis I Dafür gestimmt
Portrait von Sönke RixSönke RixSPD4 - Rendsburg-Eckernförde Dafür gestimmt
Gabriele Hiller-OhmGabriele Hiller-OhmSPD11 - Lübeck Dafür gestimmt
Portrait von Sarah RyglewskiSarah RyglewskiSPD54 - Bremen I Dafür gestimmt
Portrait von Gabriele KatzmarekGabriele KatzmarekSPD273 - Rastatt Dafür gestimmt
Portrait von Frank SchwabeFrank SchwabeSPD121 - Recklinghausen I Dafür gestimmt
Portrait von Mathias SteinMathias SteinSPD5 - Kiel Dafür gestimmt
Portrait von Dirk VöpelDirk VöpelSPD117 - Oberhausen - Wesel III Dafür gestimmt
Portrait von Jens ZimmermannJens ZimmermannSPD187 - Odenwald Dafür gestimmt
Coronavirus-Symbol mit der Kreide gezeichnet

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD hatten mit ihrem Gesetzentwurf Unterstützung für Flutopfer mit Änderungen des Infektionsschutzgesetzes in zunächst einer Abstimmung zusammenfassen wollen. Nach der allgemeinen Aussprache in einer Bundestagssitzung können jedoch alle Bestimmungen eines Gesetzentwurfs einzeln aufgerufen und abgestimmt werden. Das hatte die Opposition für die Änderungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) beantragt.

Die Neuregelungen sehen unter anderem vor, dass nach Deutschland Einreisende dazu verpflichtet werden, einen Test-, Impf- oder Genesenennachweis vorzulegen. Zudem wird die Hospitalisierungsrate von Covid-Patienten in Krankenhäusern als in Zukunft wesentlicher Maßstab für Corona-Beschränkungen definiert.

Eine besonders kontrovers diskutierte Neureglung sieht vor, in bestimmten Einrichtungen eine Auskunftspflicht der Mitarbeiter:innen zu ihrem Impf- oder Genesenenstatus zu ermöglichen. Dazu zählen nach Angaben der Bundesregierung Kitas, Schulen und Pflegeheime. Diese Regelung gilt nur während einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Eine solche wurde zuletzt per Abstimmung vom 25. August bis November verlängert.

Für die CDU/CSU-Fraktion verteidigte Stephan Stracke das sogenannte Auskunftsrecht des Arbeitgebers. Es gebe schon seit längerer Zeit ähnliche Regelungen im Gesundheits- und Pflegebereich. Die Maßnahme sei für die Organisation der Arbeit wichtig und schütze die Menschen entscheidend.

Sabine Dittmar argumentierte in der allgemeinen Aussprache für die SPD-Fraktion, dass es notwendig und richtig sei, künftig bei der Festlegung der Corona-Beschränkungen stärker auf die Hospitalisierungsrate zu achten. In jedem Fall sei es nötig, dass sich mehr Menschen impfen lassen würden, um sicher durch Herbst und Winter zu kommen.

Die Oppositionsfraktionen brachten vor allem Kritik daran hervor, dass die Regierungsfraktionen die Unterstützung für Flutopfer an Änderungen des Infektionsschutzgesetzes geknüpft hatten. Detlev Spangenberg, gesundheitspolitischer Sprecher der AfD, sagte dazu, dass es bedauerlicherweise zur parlamentarischen Norm geworden sei, die Opposition zu zwingen, mit dieser Vorgehensweise bestimmte Änderungen gegen ihren Willen anzunehmen. Man unterstütze das Fluthilfe-Gesetz, aber lehne die „grundrechtsfeindliche[n] Änderungen des Infektionsschutzgesetzes“ ab.

Dr. Gesine Lötzsch der Fraktion Die Linke nannte die Durchsetzung des Auskunftsanspruchs der Arbeitgeber über den Impfstatus „völlig überstürzt“. Man müsse gerade in Krisenzeiten sorgsam mit Arbeitsrecht und Datenschutz umgehen, da alles andere Vertrauen zerstöre. Sie unterstütze weitere niedrigschwellige Impfangebote, aber den vorliegenden Gesetzesentwurf könne ihre Fraktion nicht mittragen. Überhaupt brauche es mehr weltweite Solidarität, um die Pandemie zu bewältigen.

Der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki betonte im Namen der FDP, dass man den Änderungen nicht zustimmen werde. Es sei völlig unklar, wann der gegenwärtige Ausnahmezustand beendet werde und man wieder zur Normalität zurückkehre. Schließlich erklärte Kubicki ganz grundsätzlich: „Nach unserer Auffassung lassen sich weitere massive Grundrechtseinschränkungen nicht mehr begründen.“

Die Neuregelungen wurden mit 344 Ja-Stimmen der Unions- und SPD-Fraktion gegen 280 Nein-Stimmen der Oppositionsfraktionen sowie einzelner Abgeordneter der Union und SPD angenommen. Veronika Bellmann der CDU/CSU-Fraktion hat sich als einzige Abgeordnete enthalten. 84 Abgeordnete haben sich nicht beteiligt.