Frage an Alfred Dagenbach bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

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Alfred Dagenbach
REP
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Frage von Reni H. •

Frage an Alfred Dagenbach von Reni H. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Dagenbach,
Sie waren landwirtschaftlicher Sprecher. Welche Forderungen haben Sie an die Landwirtschaft, wie stehen Sie zum erweiterten Anbau genmanipulierter Pflanzen?

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Antwort von
REP

Meine Antwort an Frau Reni Hoffmann:

Vielen Dank für Ihr Interesse. Sie haben Recht: Ich war landwirtschaftspolitischer Sprecher der REP-Fraktion im Landtag von 1996 bis 2001. Ihre Frage lautet "Forderung an die Landwirtschaft...". Meine Grundforderung an die Landwirtschaft ist die Erzeugung gesunder, frischer und ausreichender Nahrungsmittel. Ich habe dabei angesichts unserer zeitgemäßen und sich auf hohem Niveau befindlichen deutschen Landwirtschaft kaum Bedenken, daß diese Voraussetzungen weitesgehend gesichert sind. Nicht so sehr überzeugt bin ich allerdings von manchen Importen, die in unseren Kettenläden angeboten werden. Unsere Landwirte sind sehr verantwortungsbewußt, weshalb sie auch von sich aus mit größter Zurückhaltung gegenüber gentechnisch verändertem Pflanzgut reagieren. Eine pauschale Verteufelung, womöglich aus ideologischen Gründen, ist aber genauso falsch, wie die kritiklose Zustimmung aus merkantiler Denkweise. Die Problematik der Gentechnik liegt darin, daß durch sie einerseits jahrelange Züchtungsarbeit abgekürzt werden kann, andererseits aber zu Monopolen bei der Saatgutherstellung führt, die kleinere Saatzuchtbetriebe in den Ruin führen kann. Kritisch ist auch die gezielte Genmanipulation, durch die gleichzeitig zur Anwendung bestimmter Pflanzenschutzmittel gezwungen und somit Abhängigkeit geschaffen wird.

Die Vielfalt des Lebens von der einfachen Bakterie bis zum hochentwickelten Menschen wäre ohne die in Jahrmillionen stattgefundenen Genveränderunen (Mutationen) nicht möglich gewesen. Bei jeder Befruchtung einer Samen- oder Eizelle kommt es dabei zu einer völlig neuen Zusammensetzung der Gene. Die Gene ihrerseits sind bei allen Lebewesen nur aus 4 Basen zusammengesetzt: (Adenin, Thymin, Guanin, Cytosin). Verändert sich in einem Gen durch äußere Einflüsse (z.B. radioaktive Strahlung, Viren) die Zusammensetzung der Basen, so kommt es zu einem Erbsprung. In den meisten Fällen ist dieser negativ, d.h. das künftige Lebewesen ist mit Mängeln behaftet und auf Dauer nicht überlebensfähig.

Die relativ wenigen positiven Veränderungen haben aber dennoch in Jahrmillionen zur Entwicklung immer besserer Lebewesen geführt, was durch natürliche Auslese noch gefördert wurde (Evolution). Herkömmliche Saatzüchtung versuchte daher auch auf diesem Weg Fortschritte zu erzielen, was auch in einem mühsamen und zeitlich weiten Weg erreicht werden konnte. Eingesetzt wurde dazu auch z.B. Röntgenstrahlen und Zellgifte.

Die Gentechnik versucht nun, diesen mühsamen Weg abzukürzen und bereits bekannte positive Eigenschaften in das lebende Zellmaterial zu implantieren, indem z.B. Gene, die für Krankheitsanfälligkeiten verantwortlich sind, gegen solche mit Resistenzeigenschaften auszutauschen. In der Medizin verspricht man sich davon verbesserte Vorsorge- und Heilungsmethoden, in der Landwirtschaft bessere und gesündere Lebensmittel, die mit weniger Pflanzenschutzmittel behandelt werden müssen. Die Problematik liegt nun darin, daß ggf. nicht nur positive Eigenschaften weitergegeben werden, sondern auch negative Stimulationen in den jeweiligen "Produkten" erzeugt werden können. Z.B. könnte eine neue Sorte auch Stoffe produzieren, die eine Lebensmittelallergie bei dafür empfindlichen Menschen auslöst - so geschehen mit einer neuen Kartoffelsorte vor einigen Jahren in Großbritannien. Oder andere produzierte Stoffe könnten für Insekten gefährlich werden, deren Aussterben wiederum die Nahrungskette für andere Lebewesen stören würde. Ein Versuch auf Kälteresistenz führte z.B. zur Freisetzung einen genveränderten Bakteriums, das ein für die Kristallbildung des Wassers (Eis) verantwortliches anderes Bakterium verdrängt und ggf. erheblich in das Klimageschehen einzugreifen in der Lage sein könnte und möglicherweise bereits ist..

Gentechnik kann erheblich zum Fortschritt auf den verschiedensten Gebieten beitragen. Um jedoch negative Folgen besser abschätzen zu können, sind Feldversuche notwendig. Bei allem Verständnis für die Kritik an der Gentechnik kann jedoch kein Verständnis dafür aufgebracht werden, Forschung durch blinde Zerstörung unterbinden zu wollen, denn eine ständig sich vergrößernde Zahl von Menschen muß auch morgen mit ausreichend Lebensmitteln versorgt werden. Allerdings unter der Voraussetzung, daß negative Auswirkungen von vornherein unterbunden werden. Dies kann z.B. dadurch erreicht werden, daß damt (wie bei der F1-Hybridzüchtung schon jetzt möglich, z.B. kernlose Orangen) sterile Früchte als Zuchtziel erreicht wird.