Frage an Andrea Nahles von Hans-Günter G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Nahles,
Sie und die SPD stehen mitten in den Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU, obwohl man im Wahlkampf mit dem Anspruch angetreten ist, Frau Merkel nicht wieder zu einer Mehrheit zu verhelfen. „Keine Große Koalition“ war die einstimmige Parole des SPD-Präsidiums.
Die Wähler haben den Parteien, die fast Unisono für Mindestlohn, Abschaffung des Betreuungsgeldes, Reform der Leiharbeit, u. s. w. votiert haben, eine Mehrheit gegeben. Alles was man den Wählern versprochen hatte, wäre mit einer rot-rot-grünen Koalition zu verwirklichen gewesen.
Dennoch verhandeln Sie und die SPD mit der einzigen Partei, die fast das ganze Wahlprogramm der Sozialdemokraten strikt ablehnt.
Die Bürger verstehen schon lange nicht mehr die fatale Trotzhaltung zur Partei DIE LINKE, mit der man noch nicht einmal sprechen will, aber mit den Parteien, die mit hunderten Millionen „Spenden“ von BMW und Audi bedacht werden, die SPD der Unzuverlässigkeit in der Europapolitik bezichtigt, mit denen wird verhandelt.
Selbst die Gefahr einer Entmachtung der Opposition und einer gefährlichen Schädigung der Demokratie, kann Sie und die Seeheimer nicht von dieser Politik abhalten.
Meine Fragen:
Hat man bei der SPD, durch die Millionenspenden an die CDU und CSU, noch einmal darüber nachgedacht, in einen eventuellen Koalitionsvertrag den Tatbestand der Abgeordnetenbestechung unter Strafe zu stellen?
Sollte die CDU/CSU der SPD das Zugeständnis eines gesetzlichen, flächendeckenden, in Ost und West gültigen Mindestlohns machen, wäre dann die „Gegenleistung“ ein völliger Verzicht der anderen SPD-Forderungen?
Sollte das Abschließende Mitgliedervotum negativ ausfallen, was wäre die Folge bei der SPD-Führungsriege?
Für eine Antwort, noch vor einer Regierungsbildung, wäre ich dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Günter Glaser
Sehr geehrter Herr Glaser,
zum Thema Minderheitenrechte habe ich Ihnen schon vor Wochen deutlich gemacht, dass Ihre Vorwürfe diesbezüglich unberechtigt sind. Selbst Bundestagspräsident Lammert hat sich inzwischen dazu geäußert.
Der Parteikonvent der SPD hat mit großer Mehrheit für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union gestimmt. In der Abstimmung stimmten von 229 Delegierten 31 mit „Nein“ und zwei enthielten sich. Das bedeutet eine Zustimmung von rund 85 Prozent. Insofern ist es ja wohl totaler Quatsch, diese Entscheidung auf mich und die Seeheimer zu reduzieren. Nach den Koalitionsverhandlungen werden die rund 470.000 SPD-Mitglieder über die Annahme des Koalitionsvertrages und damit den Eintritt in eine Koalition mit der Union abstimmen. Wir haben derzeit einen sehr transparenten innerparteilichen Diskussionsprozess.
Die Einigung auf einen Mindestlohn hat selbstverständlich nicht zur Folge, dass alle anderen Arbeitsgruppen ihre Arbeit einstellen, wie Sie es unterstellen. In Ihrer ganzen Frage schwingt, wie so oft, Ihre bereits vorgefertigte Meinung mit. Dies vereinfacht eine Beantwortung nicht, da Sie ja eh schon immer wissen, wie ich angeblich denke und handel.
Beste Grüße
Andrea Nahles