Frage an Andrea Nahles von Thomas P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Nahles,
(Thema 1) zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wurde eine Antidiskriminierungsstelle eingerichtet und an das BM für Familie, Senioren, Frauen u.Jugend (BMFSFJ) angegliedert. Dies ist erstaunlich, da diese Antidiskrim.stelle auch stark mit beruflichen Diskriminierungen, Arbeitsschutz, Gewerbeaufsichtsämtern und Konfliktschlichtung befasst sein wird.
Frage: Hätte man nicht auch das BM für Arbeit u. Soziales in die Verantwortung für die Tätigkeiten der Antidiskriminierungsstelle nehmen müssen?
(Thema 2) Das AGG bezieht sich auf definierte Diskriminierungsmotive wie Rasse, Alter etc.
Diskriminierungen, die anders motiviert , aber ebenfalls unrechtmäßig sind, werden von diesem Gesetz gar nicht erfasst.
Fragen: Kann man die Antidiskriminierungsstelle nicht mit einer erweiterter Zuständigkeit ausstatten, sodass zumindest in der Praxis auch alle anderen unrechtmäßigen Diskriminierungstatbestände, insbesondere in der Arbeitswelt, mit abgedeckt werden?
(Thema 3) Beim sozialen Arbeitsschutz gibt es ein großes Defizit bzgl. außergerichtlicher Schlichtungsverfahren. Wenn ein von einem Arbeitsplatzkonflikt betroffener Arbeitnehmer innerbetrieblich nicht weiterkommt, ist er auf den langwierigen und strapaziösen Gerichtsweg angewiesen.
Frage: Wäre es nicht sinnvoll und notwendig, die Gewerbeaufsichtsämter mit entsprechender Kompetenz für die soziale Konfliktschlichtung und für Diskriminierungsprävention auszustatten?
Ihnen, Frau Abgeordnete Nahles, wünsche ich für das Neueu Jahr weiterhin viel Elan und Erfolg! (und das ganz besonders, wenn Sie die Zeit finden, diese Fragen zu beantworten ;-)
mit freundlichen Grüßen
Thomas Peltason
Sehr geehrter Herr Peltason,
ich komme erst heute aus dem Urlaub. Ihre Anregungen sind interessant. Es scheint, dass sie ein guter Kenner der Materie sind. Und es macht den Eindruck - insbesondere der Hinweis auf die Antidiskriminierungsstelle - das es lohnt da nochmal nachzuhaken. Das werde ich tun, muss aber zugeben, das das AGG nicht zu meinen Steckenpferden zählt. Wenn ich mehr erfahren habe, melde ich mich.
Andrea Nahles
Sehr geehrte Herr Peltason,
die Ansiedlung der Antidiskriminierungsstelle erklärt sich aus der Genese des AGG. Von der Gleichstellung Frau-Mann über allgemeine Gleichstellungsfragen bis schließlich hin zum AGG: stets hatte das BMFSFJ die Federführung und deshalb ist es angebracht, die Stelle genau dort einzurichten. Außerdem ist Mobbing als gesamtgesellschaftliches Problem nicht allein auf den Arbeitsbereich beschränkt. Daher würde eine Zuordnung zum BMAS wiederum zu kurz greifen.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes deckt bereits jetzt einen Großteil der Mobbingfälle ab. Sie kann immer dann aktiv werden, wenn eine Benachteiligung vorliegt, die sich auf eins der folgenden Kriterien zurückführen lässt: ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität.
Mobbing speziell am Arbeitsplatz ist bereits jetzt arbeitsrechtlich verboten, die als Mobbing bezeichneten Verhaltensweisen bereits jetzt strafbar.
Ich bin der Meinung, dass wie mit den arbeitsrechtlichen Möglichkeiten und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz bereits ausreichende Schritte unternommen haben. Dennoch kann es sein, dass Mobbing in Zukunft ein noch wichtigeres Thema werden wird, u.a. deshalb, weil immer mehr Menschen durch das AGG für das Thema sensibilisiert werden. Dann werden auch gesetzliche Schritte und ein Ausbau der bundeseinheitlichen Beratung kommen. Bislang finde ich die Informationsinfrastruktur beim Thema Mobbing aber ausreichend.
Zwei Beispiele:
Infos und Schulungsmaterialien zum Thema "Mobbing am Arbeitsplatz" hält die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin bereit ( http://baua.de )
Direkte Hilfe gibt es z.B. beim Bürgercenter der Landesregierung NRW (Tel.: 01803 100 113)
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Nahles