Frage an Andreas Dressel bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Andreas Dressel
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Frage von Daniela G. •

Frage an Andreas Dressel von Daniela G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Dressel,

im Januar wird unser Bürgermeister im Hamburger Abendblatt folgendermaßen zitiert: "Es darf uns nicht gleichgültig lassen, wenn Wahlberechtigte ihr Wahlrecht nicht ausüben, weil sie sich überfordert fühlen." Kann ich dies so verstehen, dass die SPD insgesamt der Meinung ist, dass die Wahlberechtigten (bzw. ein Teil davon) mit dem Wahlrecht überfordert sind und es deshalb nicht ausüben? Wenn ja, würde ich von Ihnen gerne wissen, wie Sie zu dieser Ansicht gelangt sind. Wie hoch schätzen Sie den Anteil der Hamburger Bevölkerung ein, der sich überfordert fühlt, insgesamt 10 oder weniger Kreuze zu machen? Schätzen Sie diesen Anteil höher ein als der Landeswahlleiter, der geäußert hat, dass bei der letzten Bezirksversammlungswahl 0,5 bzw. 0,6 % der Stimmen eindeutig auf das "neue" Hamburger Wahlrecht zurück gingen. Wie hoch schätzen Sie den Anteil derjenigen ein, die aufgrund des Überforderungsgefühls gar nicht erst zur Wahl gehen? Und welcher Anteil entfällt auf mögliche andere Gründe? Sind Sie der Ansicht, dass bei einem anderen Wahlrecht mehr Menschen wählen gehen würden?

Bitte erklären Sie mir, warum die SPD das Wahlrecht, das demokratisch aus einem (bzw. mehreren) Volksentscheid/en zustande gekommen ist, "weiterentwickeln" möchte. In welche Richtung soll dies geschehen? Soll der Bürger nicht mehr die Möglichkeit haben, einzelne Personen zu wählen? Was sagen Sie zu der These, dass die SPD, das Argument "Der Wähler versteht das Wahlrecht nicht" nur vorschiebt, um innerparteilich wieder selbst über gute und schlechte Listenplätze entscheiden zu können?

Und nun noch eine abschließende Frage: Sehen Sie die Möglichkeit, dass bewusstes "Schummeln" (ja, ich weiß - ist ja alles ok und zulässig) bei der Berufsangabe auf dem Wahlzettel mit der Wahlbeteiligung korreliert?

Vielen Dank für Ihre Mühe und mit freundlichen Grüßen
D. G.

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SPD

Sehr geehrte Frau Gerhards,

vielen Dank für Ihre Anfrage
Der Rückgang der Wahlbeteiligung ist ein erschreckender Trend, den wir mit Sorge zur Kenntnis genommen haben. Die Frage nach den Ursachen sehe ich auch als Aufgabe von uns Politikern an. Eine hohe Wahlbeteiligung ist die beste demokratische Legitimation eines Parlamentes und sollte daher auch angestrebt werden. Das neue Wahlrecht könnte eine Ursache der niedrigen Wahlbeteiligung sein. Sicherlich wird dies nicht der einzige Grund sein. Wenn aber nach der Änderung eines Wahlrechtes hin zu einem komplizierteren Verfahren die Wahlbeteiligung zurückgeht, sollte nicht ausgeschlossen werden, dass dies mit dazu beigetragen hat. Ein neues Wahlrecht muss aber auch erst einmal erprobt und von den Bürgerinnen und Bürgern angewendet werden, um genaueres sagen zu können. Es ist daher sinnvoll, in der nächsten Legislaturperiode eine sorgfältige Auswertung der Bezirks- und Bürgerschaftswahlen vorzunehmen und eine Diskussion darüber zu führen, wie wir das Wahlrecht weiter optimieren können. Uns sollte allen an einem Wahlrecht gelegen sein, das alle Bürgerinnen und Bürger anwenden können und nicht abschreckend wirkt, damit eine hohe Wahlbeteiligung erreicht wird. Dabei geht es bei einer Diskussion nicht darum, dass gesamte Wahlrecht in Frage zu stellen sondern ob ein gewisser Reformierungsbedarf besteht. Insbesondere geht es um Fragen der vereinfachten Handhabung für Wählerinnen und Wähler und Maßnahmen für eine Erhöhung der Wahlbeteiligung.
Wir respektieren selbstverständlich die Volksentscheide. Daher haben wir sie reformiert, gestärkt und verbindlicher gestaltet. Eine Diskussion müsste daher unter breiter Beteiligung, parteiübergreifend und mit Mehr Demokratie, und in einem Konsens erfolgen.
Eine Auswertung des bestehenden Wahlrechtes ist auch in Bezug auf Transparenz und Klarheit hinsichtlich der aktuellen Vorgaben für Angaben auf den Wahllisten erforderlich. Die Angabe der Berufsbezeichnung ist nach dem jetzigen Wahlrecht nicht eindeutig geregelt. Hier könnte eine einheitliche Regelung Abhilfe schaffen, indem zum Beispiel ausschließlich der aktuell ausgeübte Beruf anzugeben ist. Die Angaben auf den Wahllisten sollen eine Entscheidungshilfe für die Wählerinnen und Wähler sein. Das ist Ausdruck des personalisierten Wahlrechtes, setzt aber auch voraus, dass ein verantwortungsvoller Umgang mit den Angaben erfolgt.
Mit zahlreichen Maßnahmen haben wir in der Bürgerschaft bereits überparteilich mit einer Kampagne für die Ausübung des Wahlrechtes geworben und beispielsweise mit der Absenkung des Wahlalters und verstärkter politischen Bildung auch Erstwählerinnen und -wähler angesprochen. Ich kann die Bürgerinnen und Bürger nur ermutigen, ihr Wahlrecht zu nutzen und mitzuentscheiden, wer sie in den nächsten fünf Jahren in der Bürgerschaft vertreten soll.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Andreas Dressel