Frage an Andreas Geisel bezüglich Wirtschaft

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Andreas Geisel
SPD
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Frage von Hannelore K. •

Frage an Andreas Geisel von Hannelore K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Geisel,

Sehen Sie Chancen, nach dem Vorbild von Muhammad Yunus die wirtschaftliche und soziale Entwicklung unseres Staates von Grund auf zu erneuern, human, zu gestalten ?

Mit Gruß und Dank für Ihre Antwort,

Hannelore Kliche

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Sehr geehrte Frau Kliche,

ich kannte Muhammad Yunus zwar als den "Mann mit den Mikrokrediten" und den Nobelpreis hat er vor einigen Jahren auch erhalten... Aber ich gebe zu, ich musste trotzdem erstmal im Internet googeln, um mich weitergehend über ihn zu informieren. Da findet man relativ rasch ein Interview, das er im Mai 2007 "Spiegel online" gegeben hat. Sehr interessant! Seinen Grundsatz, mit Mikrokrediten in der Dritten Welt Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, statt einfach Geld zu verschenken, finde ich beeindruckend. In Deutschland heißt das (natürlich bei einem wesentlich höherem Lebensstandard) "fördern und fordern" und ist Bestandteil der Agenda 2010, respektive der Hartz-Gesetzgebung ("Ich-AG").
Und Yunus ist Protagonist einer neuen sozialen Marktwirtschaft. Was wir von ihm lernen können, ist, dass Marktwirtschaft Regeln braucht, um wirklich allen Menschen zu nützen und nicht nur einigen wenigen. Denn welche Ergebnisse der "Casinokapitalismus" produziert sehen wir gerade jetzt an den Auswirkungen der Finanzkrise. Gerade deshalb muss der Staat Grenzen setzen, gerade deshalb muss Raffgier gesellschaftlich geächtet werden. Steinmeier und Steinbrück haben daraus gelernt und treten für strenge Regeln auf den Finanzmärkten ein. Deshalb brauchen wir die SPD in der Regierung, denn in einer schwarz-gelben Koalition würde Westerwelle in kürzester Zeit wieder seinen neoliberalen Takt vorgeben.

Woran ich nicht glaube, ist die bloße Hoffnung, die Menschen würden sich einfach so "bessern" und aus ihren Fehlern lernen. Da sprechen sich alle großen Weltreligionen seit Jahrtausenden für gegenseitige Solidarität und ein Miteinander aus und ächten maßlose Selbstbereicherung. Genutzt hat es aber - siehe aktuell die Bereicherung einiger weniger Manager - bisher nur wenig. Ehrgeiz und Wettbewerb sind vor allem auch die Triebfedern des menschlichen Fortschritts. Und wer mehr arbeitet als andere, fleißig ist und innovativ, der soll ruhig auch mehr Geld verdienen. Das ist schon okay. Wir müssen aber organisieren, dass alle Menschen die gleichen Chancen, die gleiche Ausgangsbasis dafür haben. Wie sie diese Chancen dann nutzen, ist vor allem eine persönliche Entscheidung (neben glücklichen Umständen, die sicher auch dazu gehören). Diesen Fortschritt, diesen Wettbewerb in Bahnen zu lenken und solidarisch zu organisieren, ist die Aufgabe des Staates. Insofern haben wir aus der derzeitigen Erfahrung alle Chancen, um zu lernen und die soziale Marktwirtschaft in unserem Land zu erneuern. Also ein klares "ja" auf Ihre Frage. Allerdings ist es ein dickes Brett, das da gebohrt werden muss. Und zwar täglich immer wieder neu. Denn wenn wir nachlassen, wissen wir, was passiert...

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Geisel

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