Warum dürfen noch immer Amputationen an Tierkindern ohne Narkose durchgeführt werden?

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Andreas Mehltretter
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Frage von Lina M. •

Warum dürfen noch immer Amputationen an Tierkindern ohne Narkose durchgeführt werden?

Sehr geehrter Herr Mehltretter,

erfreut habe ich festgestellt, dass das neue Tierschutzgesetz deutliche Verbesserungen zeigt.
Fassungslos und traurig macht mich jedoch die Tatsache, dass Amputationen, um Tiere an landwirtschaftliche Haltungssysteme anzupassen, nach wie vor ohne Narkose gestattet werden (zB Kastration, Schwanz kupieren, Zähne abschleifen, Zehen abzwicken).
Dies muss nicht nur im Moment der Amputation grauenhafte Schmerzen auslösen.
Es ist wissenschaftlich belegt, dass Menschen durch ungeplante (nicht ausreichend betäubte) Amputationen lebenslang an Phantomschmerzen leiden.
Das Nervensystem der Tiere ist sehr ähnlich aufgebaut.
Was tun wir diesen armen Kreaturen da an?
Wir halten unsere Gesellschaft für zivilisiert, aber wenn es um Fleischkonsum geht macht einfach nur jeder die Augen zu….und streichelt dabei noch seinen Hund.
Das verstehe ich nicht, es macht mich traurig.

Danke, dass Sie meine Zeilen lesen.

Mit freundlichen Grüßen
Lina M.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau M.,

die Durchführung nicht-kurativer Eingriffe, also von Eingriffen, die für die Tiergesundheit nicht nötig sind und die teilweise ohne Betäubung erfolgen, ist für die betroffenen Tiere mit erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden. Seit 1994 ist deshalb z. B. das routinemäßige Schwanzkupieren bei Schweinen EU-weit verboten. In Deutschland werden jedoch - wie auch in etlichen anderen EU-Mitgliedstaaten - nach wie vor bei 95 Prozent der Schweine der Ringelschwanz kupiert. Mein Ziel ist eindeutig, dass sich die Haltungsformen an die Tiere anpassen und nicht die Tiere an die Haltungsform angepasst werden.

Für Tiere in der Landwirtschaft bedeuten die im neuen Tierschutzgesetz vorgesehenen Änderungen insbesondere, dass bestimmte Eingriffe, die Schmerzen, Leiden oder Schäden nach sich ziehen, gar nicht mehr (Schwänzekürzen bei Lämmern), nur noch mit entsprechender Betäubung (Ausbrennen der Hornanlagen bei Kälbern) oder nur in Einzelfällen sowie unter bestimmten Voraussetzungen (Schwänzekupieren bei Schweinen) vorgenommen werden dürfen. Für die tatsächliche Umsetzung dieses Verbotes in der Praxis sind die Tierhalter und die für die Kontrollen zuständigen Behörden der Länder zuständig. Wir schränken hier aber den Spielraum deutlich ein. Ein wichtiger Bestandteil dabei ist der deutlich ausgeweitete Nachweis dafür, dass der Eingriff tatsächlich zum Schutz der Tiere unerlässlich ist.

Ich gehe davon aus, dass sich die Situation mit den vorgeschlagenen Änderungen deutlich verbessern kann. Ich selbst könnte mir hier auch strengere Regelungen vorstellen. Deshalb beobachte ich auch mit Sorge die Stellungnahme des Bundesrates. Die Länder sprechen sich darin gegen die vorgeschlagenen Verschärfungen aus. Im anstehenden Gesetzgebungsverfahren wird es daher darum gehen, das Tierschutzgesetz überhaupt so zu ändern, wie vom BMEL vorgeschlagen. Dafür werde ich mich einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Mehltretter

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