Frage an Angelika Beer bezüglich Soziale Sicherung

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Angelika Beer
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Frage von Marcel F. •

Frage an Angelika Beer von Marcel F. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Beer,

nach dem Scheitern des EU-Vertrags von Lissabon ist die Ratifizierung des Vertrags und damit die Weiterentwicklung Europas faktisch zum Stillstand gekommen. Das "NO" der Iren gilt vielen nicht zuletzt als Ablehnung des europäischen Sozialmodells. Deshalb interessiert mich Ihre Meinung zu dem alternativen Sozialsystem des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE).

Wie Sie vielleicht wissen sieht dieses Konzept vor, JEDEM Menschen ohne Bedarfsprüfung und Erwartung einer Gegenleistung eine Summe (je nach Modell) zwischen 600-1.300€ monatlich zur Verfügung zu stellen. Als Gegenmodell zur "Zwangsarbeit für Hartz-IV-Empfänger", die der Wirtschaftsminister Glos vorschlägt, setzt das BGE auf das Recht eines jeden Menschen, "NEIN" zu unzumutbaren Arbeitsbedingungen zu sagen. Keinesfalls soll durch ein BGE die Bereitschaft zur Erwerbsarbeit verringert oder diese gar abgeschafft werden. Wer mehr Geld benötigt, soll auch weiterhin arbeiten können und so sein Einkommen erhöhen. Es geht also nicht um "Gleichmacherei" oder Kommunismus, sondern um ein Recht auf ausreichendes Einkommen, dass sich aus dem Recht auf ein würdevolles Leben ableitet.

Ohne hier in eine detaillierte Debatte über Vor- und Nachteile zu verfallen möchte ich von Ihnen wissen:

* Wie steht ihre Partei in S.-H. im Allgemeinen und Sie im speziellen zu der Idee des BGEs?
* Wie schätzen sie die Möglichkeit ein, mit diesem Konzept ein sozialeres und wirtschaftlich stabileres (durch Stärkung des Binnenmarktes) Europa auf den Weg zu bringen?
* Welche Alternativen bieten sich Ihrer Meinung nach zum status quo und zum BGE? Der Vorschlag von Herrn Glos "fragwürdiges Existenzminimum nur gegen Arbeit"?

Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die folgenden Internetseiten:

www.buergerinitiative-grundeinkommen.de
www.unternimm-die-zu kunft.de

mit freundlichen Grüßen

M. Fehlau

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Sehr geehrter Herr Fehlau,

vielen Dank für Ihre Frage vom 04. August 2008 bezüglich eines bedingungslosen Grundeinkommens.

Ich finde die Idee, dass jeder Mensch bedingungslos einen gewissen Geldbetrag zur Verfügung stehen hat, der seine Existenz sichert, reizvoll. An Modellen für ein solches Grundeinkommen mangelt es nicht, jedoch unterscheiden sie sich oft in wichtigen Punkten: Nicht alle Modelle sind realisierbar oder tragen tatsächlich zu einer Unterstützung der schwachen Mitglieder unserer Gesellschaft bei. Gerade die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft müssen durch soziale Sicherungssysteme aufgefangen werden. Ich möchte mich auch klar gegen die Auszahlung einer existenzsichernden Leistung gegen Arbeitsdienste, wie sie Herr Glos vorschlägt, aussprechen.

Wir Grünen in Schleswig-Holstein haben uns daher am 11. November 2007 für das "Grüne Grundeinkommen" entschieden: eine nicht bedarfsgeprüfte Sockelleistung für alle in Kombination mit bedarfsgeprüften und lebenslagenspezifischen Zusatzleistungen. Die Höhe der Sockelleistung soll für Erwachsene bei netto 500 EUR liegen, die an alle Menschen ausgezahlt wird. Durch dieses "Grüne Grundeinkommen" sehen wir eine Verbesserung der materiellen Lage breiter Bevölkerungsschichten gewährleistet, so werden nachhaltiges Verbraucherverhalten und Kaufkraft gestärkt. Weitere Informationen zum "Grünen Grundeinkommen" finden Sie hier:

http://www.sh.gruene-partei.de/cms/default/dokbin/204/204934.beschluss_vorlaeufig_das_gruene_grundein.pdf

In den europäischen Ländern gibt es eine Vielzahl beitragsfinanzierter sozialer Sicherungssysteme, Grundsicherungskonzepte sind auch dort in der Debatte. Jedoch haben sie derzeit viele Gegner, wie zum Beispiel die Gewerkschaften. Kann sich die Grundsicherung eines Tages europaweit durchsetzen, sehe ich eine sozialere und wirtschaftlich stabilere Europäische Union auf einem guten Weg.

Allerdings befasse ich mich im Europäischen Parlament nicht maßgeblich mit Fragen der Sozialpolitik, daher möchte ich sie auf den sozialpolitischen Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Markus Kurth, aufmerksam machen. Er wird Ihnen sicher auch das derzeit auf Bundesebene bei den Grünen diskutierte Konzept der sozialen Grundsicherung gern detailliert erklären. Erste Informationen dazu finden Sie hier:

http://www.gruene-bundestag.de/cms/soziales/dokbin/205/205945.entwurf_positionspapier_soziale_grundsic.pdf

Mit freundlichen Grüßen,

Angelika Beer