Frage an Angelika Krüger-Leißner bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Angelika Krüger-Leißner
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Frage von Jutta B. •

Frage an Angelika Krüger-Leißner von Jutta B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Krüger-Leißner,

mit Befremden habe ich gestern Ihre Rede zu dem Antrag der LINKEN (17/5174) gehört.

Sie erkennen öffentlich die verschiedensten Verstöße im Zusammenhang des SGB-Rechtskreises für U-25-Jährige an,
Sie reden unter anderem von Willkür bei der Grenzziehung, von Altersdiskriminierung, von einer keinesfalls Motivations fördernden, besonderen Sanktionsregelung, ja sogar vom Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot.

Dann begründen Sie Ihre ablehnende Stimme mit einem angeblichen Fehler, der den LINKEN unterlaufen sei.
Wäre es nicht ehrlicher gewesen, Sie hätten versucht, den vorgeblichen Fehler vor der Abstimmung zu bereinigen, mit der LINKEN darüber ein Gespräch zu führen, um dann Ihrer Überzeugung gemäß abzustimmen?

Als Wähler habe ich nach Ihrer Rede nun leider den Eindruck, Sie geben mit Ihrer Stimme gegen oben genannten Antrag öffentlich zu, dass Sie aus Opportunismus bereit sind, gegen Grundgesetz und Menschenrechte zu handeln.

Mit freudlichen Grüßen
J. Buschmann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Buschmann,

vielen Dank für die aufgeworfenen Fragen. Leider sind da zwei Sachen durcheinandergekommen. Die im Text geschilderten Sachverhalte passen nicht zur Vorlagennummer, auf die Sie sich beziehen. Der von Ihnen benannte Antrag der Fraktion Die.LINKE (17/5174 „Sanktionen im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und Leistungseinschränkungen im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch abschaffen“) war darauf ausgerichtet, die Sanktionsmechanismen im SGB II und die Leistungsein-schränkungen im SGB XII abzuschaffen. Diesen Antrag habe ich abgelehnt und dies in meiner Rede begründet. Die Forderung, die Sanktionen im SGB II auszusetzen, wie es die Grünen verlangten, ist aus rechtlichen Gesichtspunkten nicht möglich. Eine generelle Abschaffung der Sanktionen im SGB II kommt einem Freibrief gleich, wie er unserem Rechtssystem fremd ist. Auf allen Rechtsgebieten gibt es Sanktionsregelungen bei Fehlverhalten oder Missbrauch. Das ist auch im SGB II sinnvoll und gerechtfertigt. Wer sich in betrügerischer Absicht durch Vorspiegelung falscher Tatsachen oder durch wahrheitswidrige Angaben Leistungen erschleicht, ist im System der Grundsicherung nicht schutzwürdig. Daher sage ich, dass es Sanktionen geben muss.
Diese Sanktionen müssen allerdings – das ist überhaupt keine Frage – verfassungsfest sein. Ich möchte, dass den Menschen, die in Not geraten, weil sie ihre Arbeit verloren haben, sofort Sozialleistungen gewährt werden, denn den Menschen muss sofort geholfen werden. Aber diese Menschen müssen auch alles ihnen mögliche tun, dass sie wieder selbständig leben können und sich von der Sozialleistung schnell wieder lösen, um dann wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Das ist mir wichtig. Vor allem unter dem Grundsatz, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.
Das geht aus meiner Sicht am besten nach dem Prinzip „Fördern und Fordern“. Das Fördern und Fordern muss aber gleichwertig sein. Es muss gefordert werden können, aber natürlich muss auch die Förderung da sein, und daran hapert es aus unserer Sicht deutlich. Es passt nicht zusammen, wenn auf der einen Seite gefordert wird, aber bei den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten gekürzt wird und jungen Menschen damit die zweite Chance auf einen weiterführenden Bildungsabschluss genommen wird. Es wird einseitig beim Fördern gekürzt – das will ich nicht. Ich möchte fördern und fordern. Das muss im Gleichgewicht sein, und dann ist das auch eine gute Sache. Grundsicherung ist eine vorrübergehende Leistung für Arbeitssuchende Menschen, demnach müssen zeitgleich Angebote einsetzen, die Hilfe zur Arbeitsaufnahme leisten.
Wie Sie meiner Rede entnehmen können, unterstütze ich die Intention des Antrages, den Sie im Text beschreiben haben. Dieser bezieht sich auf die Drucksache 17/9070 „Hartz-IV-Sonderregelung für unter 25-Jährige abschaffen“. Dieser Antrag ist in die zuständigen Ausschüsse überwiesen worden. Und ich stehe zu meinen Aussagen, die ich in meiner Rede vorgetragen habe. Es gibt nichts, das diese Ungleichbehandlung von Arbeitsuchenden unter 25 und älteren Langzeitarbeitslosen über 25 bei den Sanktionen rechtfertigt. Die Grenze ist willkürlich gezogen. Ein sachlicher Grund für diese Art der Altersdiskriminierung existiert nicht. Allein wegen seines Alters ist ein jüngerer Arbeitsuchender nicht schärfer zu bestrafen als ein älterer. Daher verstößt die derzeitige Regelung gegen das Gleichbehandlungsgebot.
Lassen Sie mich abschließend deutlich sagen: Integration in Ausbildung und Arbeit muss immer im Vordergrund stehen, und zwar gerade bei jungen Menschen. Die besonderen Sanktionsregelungen für die unter 25-Jährigen sind dabei keineswegs motivationsfördernd. Sie bewirken eher das Gegenteil, nämlich das Herausdrängen aus dem Integrationsprozess.
Ich hoffe, damit einiges noch einmal deutlich klargestellt zu haben und verbleibe

Mit herzlichen Grüßen
Angelika Krüger-Leißner, MdB