Frage an Angelika Krüger-Leißner bezüglich Wirtschaft

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Angelika Krüger-Leißner
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Frage von Volker M. •

Frage an Angelika Krüger-Leißner von Volker M. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Krüger-Leißner

Sie haben für mich unverständlicherweise, als ehemalige Eisenbahnerin, für die Bahnprivatisierung gestimmt. Damit haben Sie als Vertreter einer Arbeiterpartei gegen die Interessen der übergroßen Mehrheit des Volkes und besonders der Eisenbahner und für die Interessen der Wirtschaft und der Investoren gestimmt. Wir spüren als Eisenbahner jetzt schon ohne das auch nur eine Aktie verkauft wurde einen unvorstellbar massiven Druck auf alle Eisenbahner, insbesondere in den zur Privatisierung anstehenden Transportbereichen. Das äußert sich u.a. in geplanten massenweisen Ausgliederungen in Tochtergesellschaften und Subunternehmen, die alle auf der Basis von Dumpinglöhnen arbeiten.

Da der Markt insbesondere an Lokführern leergefegt ist und Lokführer praktisch zu diesen Dumpinglöhnen nicht mehr erhältlich sind, läuft derzeit bei der DB aber auch bei einigen Privatbahnen ein staatlich subventioniertes Ausbildungsprogramm von weit über 1000 Lokführern, um somit ein Überangebot an Lokführern zu schaffen und die Löhne künstlich niedrig zu halten. Alle diese Lokführer sollen ausschließlich im Niedriglohnsektor eingesetzt werden. Viele Eisenbahner finanzieren so quasi als Steuerzahler ihren eigenen finanziellen Abstieg, weil natürlich Tariflohnarbeitsplätze wegfallen. Was gedenken Sie und Ihre Partei gegen diese Entwicklung zu tun, die Sie ja mit Ihrer Zustimmung zur Bahnprivatisierung mit zu verantworten haben.
Mit freundlichen Grüßen V. Müller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich verstehe Ihre Besorgnis gegenüber der am 30.5 beschlossenen Bahnprivatisierung. Es war keine leichte Entscheidung. Wir haben uns monatelang mit der Bahnprivatisierung beschäftigt und viele Gespräche geführt, um eine gute Lösung zu finden. Die Entscheidung des Bundestages war jedoch nur der erste Schritt. Wir haben zwei weitere Sicherungen eingebaut, damit die Gemeinwohlinteressen gewährt bleiben. Eine Sicherung ist ein Beteiligungsvertrag, den die Bundesregierung mit der DB AG schließt. Darin ist festgeschrieben, dass die DB AG den konzerninternen Arbeitsmarkt aufrecht erhält. Für die SPD war immer klar: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DB AG brauchen im Falle der Beteiligung privater Investoren besondere Unterstützung und wirksame Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung. Auch hier haben wir uns durchgesetzt. Die DB AG bleibt als integrierter Konzern erhalten. Der konzerninterne Arbeitsmarkt bleibt gesichert.

Ich begrüße ausdrücklich auch den Abschluss eines Sicherungstarifvertrages zwischen der Transnet und der Deutschen Bahn AG. Im Kern sind hier drei Punkte herauszustellen:
1.) Es wird ausgeschlossen, dass es bis zum Jahr 2023 zu betriebsbedingten Kündigungen kommt.
2.) Der bahninterne Arbeitsmarkt bleibt erhalten. Obendrein wird die Bahn weiterhin in großem Umfang ausbilden.
3.) Es bleibt auch das sogenannte Kontrahierungsgebot, also die Verpflichtung zur konzerninternen Auftragsvergabe bei der Deutschen Bahn erhalten. Das heißt, dass alle Arbeiten im Konzern selbst erledigt werden, soweit sie dort abrufbar sind, auch wenn die Bahn diese auf dem freien Markt viel günstiger einkaufen könnte. Genau das wollen wir aber nicht. Das macht uns Sozialdemokraten aus: Wir wollen nicht alles den Markt regeln lassen, wenn das auf Kosten der Arbeitsplätze bei der Bahn geht. Wir wollen gute Arbeit, wir wollen anständig bezahlte Arbeit und keine Ausbeutung bei der Bahn.

Ich habe Ihre Anfrage auch an die DB AG weitergeleitet und um Stellungnahme gebeten. In dem Antwortschreiben befürwortet die DB AG ausdrücklich eine Tarifbindung im Bahnbereich und dementiert die Gründung von nicht tarifgebundenen Tochtergesellschaften, die auf Basis von Dumpinglöhnen arbeiten. Ein angemessenes und allgemeinverbindliches Tarifniveau wird von Seiten der DB AG begrüßt. Auch ein gesetzlicher Mindestlohn, wie ihn die SPD fordert, wäre meiner Meinung nach eine gute Möglichkeit zu verhindern, dass der Wettbewerb nicht zu Lasten der Beschäftigten geht.

Bezüglich der Kampagne "Die Deutsche Bahn sucht 1000 Lokomotivführer" schreiben Sie, dass die ausgebildeten Lokführer ausschließlich im Niedriglohnbereich eingesetzt werden. Hier kann ich Ihnen nicht zustimmen. Während der Ausbildung erhalten die Kandidaten eine branchenübliche Vergütung. Die Beschäftigungsbedingungen für diese Arbeitnehmer sind in einem Flächentarifvertrags Zeitarbeit des Arbeitgeberverbandes der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister geregelt. Um die Zeitarbeit zu begrenzen, wird zwischen TRANSNET und GDBA eine verbindliche Höchstquote festgeschrieben.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Sorgen etwas zerstreuen. Zur weiteren Überprüfung ihres Anliegens habe ich Ihre E-Mail an die zuständigen Berichterstatter der Fraktion weitergeleitet.

Sollten Sie dennoch Anhaltspunkte für Ihre Befürchtungen haben, senden Sie mir diese per Mail an angelika.krueger-leissne@bundestag.de .Denn es liegt in meinem Interesse, als Sozialdemokratin und stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses Arbeit und Soziales gegen Dumpinglöhne vorzugehen.

Mit freundlichem Gruß

Angelika Krüger-Leißner