Frage an Anjes Tjarks

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Anjes Tjarks
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ramona S. •

Frage an Anjes Tjarks von Ramona S.

Sehr geehrter Herr Dr. Tjarks,

wie stehen Sie zu dem neuem Schulsystem (Gesamtschule/ Stadtteilschule) ?

Was spricht gegen das klassische Haupt-, Realschule- und Gymnasiummodell ?

Denken Sie nicht, dass die Haupt- und Realschulen die Schüler so vorbereiten müssten, dass sie, bei entsprechendem Interesse und Ehrgeiz der Schüler, die gleichen Chance haben sollten auf dem Arbeitsmarkt bzw. auf einer weiterbildenden Schule wie z.B. das Gymnasium?

In Gesamtschulen besteht die Gefahr, dass die leistungsstärkeren Schüler hinten anstehen, weil das Niveau sich am schwächsten Glied der Kette anpasst.

Man müsste die gesellschaftliche Meinung, dass Hauptschüler "dumm" oder weniger qualifiziert sind ändern und nicht das Schulsystem, oder?

Vielen Dank für Ihre Antwort, im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen

R. S.

Anmerkung der Redaktion
Aufgrund eines technischen Fehlers konnte die Frage erst am 31.07. an den Abgeordneten übermittelt werden.
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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau S.,

entschuldigen Sie vielmals meine späte Antwort. Aufgrund eines technischen Fehlers von abgeordnetenwatch.de konnte mir Ihre Anfrage erst am 31. Juli zugeschickt werden.

Nun zu Ihren Fragen:

Wie stehen Sie zu dem neuem Schulsystem (Gesamtschule/ Stadtteilschule) ? Was spricht gegen das klassische Haupt-, Realschule- und Gymnasiummodell?

Das zweigliedrige System, das aus Gymnasium und Stadtteilschule besteht, ist mittlerweile fünf Jahre alt. Wie Sie vielleicht wissen, haben wir uns immer für die Schule für alle ausgesprochen. Wir halten die Prognosen bezüglich der Abiturfähigkeit von 10jährigen Kindern für nicht valide und sehen im Rahmen des Längeren gemeinsamen Lernens bessere Möglichkeiten zur Förderung aller Schülerinnen und Schüler. Die Mehrheit der Hamburger Eltern spricht sich jedoch dagegen aus – das akzeptieren wir und halten deshalb an der Zweigliedrigkeit des Hamburger Schulsystems fest.

Denken Sie nicht, dass die Haupt- und Realschulen die Schüler so vorbereiten müssten, dass sie, bei entsprechendem Interesse und Ehrgeiz der Schüler, die gleichen Chance haben sollten auf dem Arbeitsmarkt bzw. auf einer weiterbildenden Schule wie z.B. das Gymnasium?

Ja, eine der Aufgabe jeder Schule ist es, ihre Schülerinnen und Schüler auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten.

In Gesamtschulen besteht die Gefahr, dass die leistungsstärkeren Schüler hinten anstehen, weil das Niveau sich am schwächsten Glied der Kette anpasst.

Es gibt gute Erfahrungen mit individualisiertem Unterricht. Wir müssen ihn aber weiter stärken und Lehrkräfte noch besser dazu befähigen, Schülerinnen und Schüler ihren individuellen Talenten, Fähigkeiten und Interessen entsprechend zu unterrichten.
 
Man müsste die gesellschaftliche Meinung, dass Hauptschüler "dumm" oder weniger qualifiziert sind ändern und nicht das Schulsystem, oder?

Viele Bundesländer haben mittlerweile die Hauptschule abgeschafft, weil sie zu einer Restschule geworden ist. Die gesellschaftliche Meinung, Hauptschülerinnen oder Hauptschüler seien „dumm“ oder weniger qualifiziert spielte bei der Entscheidung weniger eine Rolle als der Umstand, dass sie nur unzureichend gefördert werden konnten. U. a. fehlte es an positiven Beispielen innerhalb des Umfelds der Hauptschulen. Zur Begründung heißt es im Bericht der Hamburger Enquete-Kommission: „

Die Hauptschule ist in Hamburg mit einem Anteil von nur noch 10,6 % aller Schülerinnen und Schüler zu einer „Restschule“ geworden, in der häufig eine Ballung bestimmter sozialer Milieus anzutreffen ist. Sie vermittelt zu wenig Berufschancen und Anschlussperspektiven. Der Besuch einer Hauptschule wirkt daher ab der siebten Klasse häufig motivationshemmend. Das Leistungspotenzial der Kinder und Jugendlichen wird nicht adäquat ausgeschöpft.

Mit freundlichen Grüßen

Anjes Tjarks