Frage an Annalena Baerbock bezüglich Naturschutz

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Annalena Baerbock
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Astrid S. •

Frage an Annalena Baerbock von Astrid S. bezüglich Naturschutz

Sehr gehrte Frau Baerbock,
weshalb sträubt sich die Brandenburgische Landesregierung so vehement gegen den von Polen beabsichtigten Ausbau der Oder zur wirtschaftlichen Nutzung des Flusses? Hier sollen Grundlagen für die durchgängige Schiffbarkeit geschaffen werden, die auch Brandenburg gut nutzen kann. Wir bauen den Oder-Havel-Kanal aus, damit mehr und größere Schiffe fahren können und damit mehr Transport von der Straße aufs Wasser möglich werden. Der Hafen Schwedt wurde ausgebaut und modernisiert. Naturschutz ist wichtig, es müssen aber immer auch Kompromisse möglich sein. Wenn die Befahrbarkeit für Transportschiffe von Berlin über Schwedt zur Ostsee möglich wird, kann viel Straßenberkehr eingespart werden.
Warum blockiert hier die Landesregierung?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Schäfer,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Teile Ihrer Fragen beziehen sich auf Aktivitäten der Brandenburger Landesregierung. Annalena Baerbock ist jedoch Mitglied des Deutschen Bundestages. Dennoch möchten wir versuchen, auf Ihre Fragen einzugehen.

Polen will derzeit einseitig den Oderausbau vorantreiben. Grundlage dafür ist das Deutsch-Polnische Wasserstraßenabkommen aus dem Jahr 2015, das die Bundesregierung mit der polnischen Regierung in Warschau abgeschlossen hat. Das Vorhaben ist insbesondere auf der deutschen Seite stark umstritten. Ein Flussausbau ohne Betrachtung der prognostizierten Trockenheit und des künftigen Wassermangels in den kommenden Jahrzehnten ist im Prinzip nicht tragbar. Nach Prüfung der polnischen Unterlagen sind gravierende Auswirkungen auf den Natur- und Wasserhaushalt zu erwarten, bestätigte Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel im Juni 2020 in einer Aussprache dazu im Umweltausschuss des Brandenburger Landtages. Der von der Brandenburger Landesregierung eingereichte Widerspruch beruht vor allem darauf, dass die von Brandenburg 2019 vorgebrachten Einwände von Polen kaum berücksichtigt wurden.

Unserem Wissenstand zufolge ist der von Ihnen angesprochene Güterverkehr auf der Oder heutzutage aufgrund der geringen Wassertiefe kaum wirtschaftlich möglich. Es können nur wenig effiziente Schiffe mit geringem Tiefgang eingesetzt werden. Schon jetzt ist die Oder monatelang nicht schiffbar. Diese Einschätzung teilen auch die Bundesregierung und die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, die keinen Ausbau der Güterschifffahrt auf der Oder planen. Wassermangel ist eine künftig größer werdende Herausforderung für die Fluss-Schifffahrt, wie man auch an der Elbe in den vergangenen Jahren schon sehen konnte.

Zudem lassen sich die Pläne Polens zum Ausbau der Oder mit den Anforderung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie nicht in Einklang bringen. Nach der Rahmenrichtlinie der EU darf es keine Verschlechterung des Zustandes der Gewässer mehr geben.

Zu bedenken ist auch, dass sich in den letzten 25 Jahren an der Oder ein bemerkenswerter Lebensraum mit einer sehr hohen Artenvielfalt entwickelt hat. Angesichts der existentiellen Bedrohung des Menschen durch Artenverlust, ist das ein hohes Gut, das es zu schützen gilt.

Wir als Bündnisgrünen stehen mit dieser Meinung nicht alleine da. Michael Succow, Ökologe und Träger des Alternativen Nobelpreises, warnt, dass insbesondere der Nationalpark Unteres Odertal durch den Ausbau der Oder Schaden nehmen könnte. Vor dem Hintergrund der voranschreitenden Klimakrise und der in Ostbrandenburg immer länger andauernder Trockenperioden warnen auch Naturschützer*innen vor dem Ausbau der Oder.

Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock

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