Frage an Annekathrin Giegengack bezüglich Verbraucherschutz

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Annekathrin Giegengack
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Andreas T. •

Frage an Annekathrin Giegengack von Andreas T. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Giegengack,

Als Einwohner Ihres Wahlkreises Chemnitz/Lutherviertel habe ich eine Frage zum Thema Einheitliche Rundfunkgebühr seit 1.1.2013. Ich lebe in einem Ein-Personen-Haushalt, habe lediglich zwei Radios, eins zu Hause und eins im Auto, keinen Fernseher und nutze auch das Internet nicht für digitalen Rundfunk-oder TV-Empfang. Bislang habe ich für‘s Radio um die 7 Euro pro Quartal gezahlt, jetzt das dreifache für eine Leistung, die ich nicht in Anspruch nehme und deren bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme mir vom Gesetzgeber unterstellt wird. Dem Bäcker bezahle ich auch nicht 15 Brötchen wenn ich nur 10 gekauft habe unter dem Verweis, ich hätte ja 15 kaufen können, wenn nicht, sei ich selber schuld. Ich halte diese Gebühr, oder sollte ich es Kopfsteuer nennen?, für moralisch höchst bedenklich. Wird dieses Thema in den Parlamenten nach wie vor debattiert und überlegt man eine Gesetzesänderung?. Und, 2. Frage, wem untersteht eigentlich die GEZ, wem ist sie rechenschaftspflichtig und welche Verfügungsgewalt hat sie?

Vielen Dank für Ihre Kenntnisnahme und mit der Hoffnung auf baldige Antwort verbleibe ich mit freundl. Grüßen
Andreas Truxa

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

1) Wir Grünen haben uns die Entscheidung zu den neuen Rundfunkgebühren nicht leicht gemacht. Es ist ganz klar ein Kompromiss, der letztlich zu Lasten derer geht, die bisher wirklich komplett auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen und Radio verzichtet haben. Ausschlaggebend für uns, der neuen Erhebung doch zuzustimmen, waren zwei Gründe: 1. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein unverzichtbares Gut in unserer demokratischen Gesellschaft, der für unabhängige, umfassende und frei verfügbare Angebote sorgen soll. Dies bedarf einer finanziellen Absicherung. 2. Die bisherige Praxis der GEZ Gebührenerhebung war so nicht mehr tragbar.

Die Erhebung eines Beitrages pro Haushalt unabhängig vom Gerät schafft eine deutliche Vereinfachung und erfordert - und dies halten wir für einen sehr großen Gewinn - keine Kontrolle mehr. Nicht nur mit Fernseher und Radio sondern auch mit PC, tablet und smartphone werden heute Rundfunk empfangen und ständig kommen neue Geräte hinzu. Die bisherige Verwirrung, wann welches Gerät angemeldet werden muss und wie viel es jeweils kostet, wird aufgelöst. Es wird nur ein Beitrag pro Wohnung fällig, egal wie viele Geräte vorhanden sind. Wenn grundsätzlich alle Haushalte und Unternehmen solidarisch an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beteiligt werden heißt das jedoch, jetzt zahlen auch diejenigen, die das Programm nicht oder kaum nutzen. Für die weit über 90 Prozent der Haushalte, in denen mindestens ein Fernsehgerät steht, entstehen dadurch keine höheren Kosten, falls sie bisher ihrer Verpflichtung nachgekommen sind. Für viele Familien, Lebens- und Wohngemeinschaften gibt es sogar Entlastungen mit der neuen Rundfunkgebühr. Alle, die bisher nur Radio oder gar kein Rundfunkgerät besaßen, müssen nun jedoch voll zahlen.

Mit dem neuen Modell verknüpfen wir aber auch Erwartungen an ARD und ZDF. Das Programm soll für mehr Menschen interessant werden. Die Rundfunkanstalten haben einen verfassungsrechtlichen Grundversorgungsauftrag: Sie sollen möglichst viele Menschen mit Informations-, Bildungs- aber auch Unterhaltungsangeboten erreichen. Im Zweifelsfall muss aus unserer Sicht jedoch gelten: Qualität vor Quote. ARD und ZDF müssen innovativer und transparenter werden sowie vor allem ihre Angebote für Jugendliche und Menschen mit Behinderung ausbauen. Wir begrüßen es, dass die Einführung des neuen Beitrages bei den öffentlich-rechtlichen Sendern mit einer deutlichen Verbesserung der Barrierefreiheit verbunden wird. Ebenso wichtig ist es, dass nun die Programme als livestream im Internet verfügbar sind. Wenn jetzt jeder Haushalt für das Programm zahlt, dann dürfen aber auch Sendungen von ARD und ZDF nicht mehr nach sieben Tagen aus den Mediatheken verschwinden. Dafür müssen die gesetzlichen Grundlagen geändert werden.

Im Rundfunkbeitrags-Staatsvertrag ist eine Evaluation vorgeschrieben. 2014 wird das neue System überprüft. Es muss aber möglich sein, unerwartete Fehlentwicklungen schon vorher zu korrigieren. Hier sind die Staatskanzleien der Bundesländer gefragt. Die verschiedenen kritisierten Aspekte werden somit auch wieder in den Parlamenten diskutiert werden.

2) Der Beitragsservice ist eine gemeinsame Einrichtung von ARD, ZDF und Deutschlandradio, eine so genannte nicht-rechtsfähige öffentlich-rechtliche Verwaltungsgemeinschaft. Sie ist also keine staatliche Behörde und darf dies aus verfassungsrechtlichen Gründen auch nicht sein (Stichwort: Rundfunkfreiheit). Zuständig ist aber immer die jeweilige Landesrundfunkanstalt, also für Chemnitz der MDR. Sie kann ihre Aufgaben aber an den Beitragsservice übertragen, der dann u.a. Behörden um Vollstreckungshilfe gegenüber Beitragsschuldnern ersucht.

Annekathrin Giegengack, MdL