Frage an Anton Hofreiter bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Portrait von Anton Hofreiter
Anton Hofreiter
Bündnis 90/Die Grünen
70 %
199 / 283 Fragen beantwortet
Frage von Guntram S. •

Frage an Anton Hofreiter von Guntram S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Hofreiter,

im Wahlkampf haben die GRÜNEN auf Steuererhöhungen bei der Einkommenssteuer gesetzt, also "Bestrafung von Leistung". Die Bürger haben dies mit einem schlechten Wahlergebnis für die GRÜNEN quittiert, meiner Auffassung nach zu Recht, denn schon die Bundestagswahl 2009 war eigentlich ein Votum GEGEN hohe Steuern und FÜR Steuersenkung, anders war ja das hervorragende Ergebnis der FDP damals kaum zu erklären. Ebenso spricht dafür, dass die FDP für ihre nicht eingelösten Versprechen 2013 abgestraft wurde.

Könnte man dieses Wählerverhalten so deuten, dass die Menschen es satt haben, dass Politiker über ihr z.T. mühsam verdientes Einkommen bestimmen, und nicht sie selbst?

Der schnelllebige Konsum unserer heutigen Zeit ist ökologisch bedenklich und widerspricht nicht nur GRÜNEN, sondern auch CHRISTLICHEN Maßstäben. Sind da gestaffelte Verbrauchssteuern nicht die bessere Wahl der Besteuerung, zumal auch hier gewährleistet ist, dass "die Reichen" mehr bezahlen, als "die Armen", da sie ja auch mehr und TEURER konsumieren?

Hat nicht eine niedrige Einkommensteuer auch den Effekt, dass Menschen, die etawas leisten WOLLEN, stärker dafür belohnt werden?

Die SPD bezeichnet die Mehrwertsteuer als "unsozial", weil alle "das Gleiche" bezahlen würden. Weiter oben habe ich erklärt, dass selbst bei einheitlich gleichen Steuersätzen den "Löwenanteil" die "Reichen", d.h. die Menschen mit hohem Konsum und hohen Luxusansprüchen (also auch die, diees sich eben leisten können, verantwortungslos zu konsumieren) bezahlen würden.

Ist es nicht auch schon deswegen sinnvoll, die Einkommensteuer zu senken, damit sich auch Menschen mit NIEDRIGEM Einkommen einen ökologisch produzierten Grundbedarf leisten können?

Sollte nicht das Existenzminimum nach ökologischen Produkten bemessen werden?

Wäre dies nicht mal ein zukunftsweisendes Motto:
Leistung bestrafen - NEIN DANKE?

Mit freundlichen Grüßen,

Guntram Seiss

Portrait von Anton Hofreiter
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Seiss,

vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch. Herr Hofreiter kann ihrer Auffassung nicht zustimmen und hat mich gebeten, Ihnen die Gründe zu nennen. Zunächst aber möchte ich darauf hinweisen, dass das grüne Steuerkonzept über einen höheren Grundfreibetrag steuerliche Entlastungen für 90% der Menschen vorsieht. Nur die 10% der Menschen mit dem höchsten Einkommen müssten etwas höhere Steuern zahlen. Historisch gesehen ist auch ein Spitzensteuersatz von 49% noch niedrig. In Deutschland lag dieser bis 1998 sogar bei 53%. In anderen Ländern gibt es weit höhere Steuerbelastungen. In den USA galten in den 50er und 60er Jahren Spitzensteuersatze von 90% ohne das nennenswerte negative Effekte festgestellt werden konnten. Im Gegenteil war das Wirtschaftswachstum in dieser Zeit sehr hoch. Wir stehen zu einer progressiven Besteuerung. Die Mehrwertsteuer ist hingegen regressiv. Menschen mit niedrigem Einkommen zahlen relativ zu ihrem Einkommen einen höheren Beitrag. Gerade weil die Mehrwertsteuer und auch die Sozialabgaben diese Verteilungswirkung haben brauchen wir eine progressive Einkommensteuer, die diese Schieflage der anderen Steuern ausgleicht. Es stimmt auch nicht, dass die obersten Einkommen die meisten Steuern zahlen. Das gilt ebenfalls nur im Bereich der Einkommensteuer. Da auf diese hohen Einkommen wegen der Beitragsbemessungsgrenze keine Sozialabgaben mehr anfallen und außerdem Menschen mit hohem Einkommen viel sparen und daher weniger Mehrwertsteuer zahlen, ist ihre Steuer- und Abgabenbelastung sogar insgesamt geringer als die von mittleren Einkommen.

Dr. Markus Büchler, Mitarbeiter

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Anton Hofreiter
Anton Hofreiter
Bündnis 90/Die Grünen