Frage an Bärbel Bas von Peter W. bezüglich Gesundheit
Liebe Frau Bas,
ich frage Sie als Mitglied im Gesundheitsausschuss, warum wir beim Thema Masern überhaupt über eine Impfpflicht debattieren und nicht erstmal alle Alternativen wirklicher Experten durchgehen? (siehe Abschnitt C, https://tinyurl.com/y2mq6p2z)
Warum schauen wir uns nicht die Zahlen aus dem europäischen Ausland an?
Dort gibt es Länder wie Finnland, Schweden oder Portugal, in denen die Masernelimination offenbar auch ohne Zwangsmaßnahmen funktioniert hat.
Was machen diese Länder anders?
A) Wie sind die Impfraten dieser Länder? -> Niedriger als in Deutschland
bspw. Finnland: https://www.thl.fi/roko/rokotusrekisteri/atlas/atlas-en.html?show=infantbc
B) Wie sehen die Impfkalender dieser Länder aus? -> Spätere Impfungen
https://vaccine-schedule.ecdc.europa.eu/Scheduler/ByDisease?SelectedDiseaseId=8&SelectedCountryIdByDisease=-1
D) Wie gut werden Ausbrüche untersucht? -> Gründlicher
In Deutschland ist das für das RKI meines Wissens nach nicht möglich, nur nach Einladung des betroffenen Bundeslands. Müsste man nicht das RKI hier mit mehr Kompetenz/Finanzmitteln ausstatten?
E) Wie sieht es mit den Maßnahmen bei Ausbrüchen aus? -> Erweiterte Maßnahmen
Postexpositionsprophylaxe sind in Deutschland nur Off-Label-Use. Anderswo gibt es Bedarfsimpfungen identifizierter Kontaktpersonen, um die Transmissionsketten zu durchbrechen.
F) Welche zusätzlichen Faktoren könnten in Deutschland eine Rolle spielen? -> viele Migranten, viel Tourismus, hohe Bevölkerungsdichte?
Ich danke Ihnen für Ihren Blick über den Tellerrand hinaus.
MfG, P. W.
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Nachricht zur Debatte über eine Impfpflicht gegen Masern für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die in einer Gemeinschaftseinrichtung betreut werden und für Erwachsene, die in einer Gemeinschaftseinrichtung oder in einer medizinischen Einrichtung beschäftigt sind.
Ich stimme Ihnen zu, dass es wichtig ist über den Tellerrand hinauszublicken. Ich versichere Ihnen, dass meine Kolleginnen und Kollegen und ich das tun. Wir werden den vorliegenden Gesetzentwurf, wie jeden Gesetzentwurf, im parlamentarischen Verfahren intensiv beraten. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens werden Stellungnahmen von betroffenen Institutionen, Verbänden und Einzelsachverständigen eingeholt. Darüber hinaus findet eine Anhörung im Bundestag statt, in der Expertinnen und Experten befragt werden und offene Fragen geklärt werden. Sie können sicher sein, dass meine Kolleginnen und Kollegen und ich unsere Entscheidung gut informiert treffen werden. Dabei werden wir auch auf die Erfahrungen aus anderen Ländern zurückgreifen.
Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die notwendigen Impfquoten zum Schutz der Bevölkerung zu erreichen. Dies beinhaltet auch, die Einführung einer gesetzlichen Masernimpfpflicht - keiner allgemeinen Impfplicht - zu prüfen. Wir haben uns in der Vergangenheit darauf konzentriert, die freiwillige Impfentscheidung zum Beispiel durch mehr Impfaufklärung oder den Ausbau der Vorsorgeuntersuchungen und der ärztlichen Impfberatung zu fördern.
Wir müssen feststellen, dass Impfaufklärung sowie der Ausbau der Vorsorgeuntersuchungen und der ärztlichen Impfberatung nicht den erhofften Erfolg gebracht haben. Bei Kindern vor dem Schuleintritt erreichen wir mit der ersten Masernimpfung deutschlandweit zwar 97 Prozent, aber schon hier gibt es deutliche regionale Unterschiede. Zweimal gegen Masern geimpft sind nur noch 93 Prozent der Schulanfängerinnen und Schulanfänger. Laut BARMER-Arzneimittelreport 2019 könnten die Impfquoten sogar noch darunter liegen.
Eine Maserimpfpflicht kann helfen, Impflücken zu schließen. Manche mögen diesen Schritt als Bevormundung empfinden, aber es geht hier nicht nur um dem Schutz jedes Einzelnen, sondern um den Schutz der gesamten Bevölkerung. Ein ausreichender Impfschutz kann unnötiges Leid vermeiden.
Immer wieder kommt es zu schwerwiegenden Masernausbrüchen, bei denen auch Todesfälle zu beklagen sind. Eine Masernerkrankung ist keine harmlose Kinderkrankheit. Sie führt zu einer erheblichen Schwächung des Immunsystems, kann schwerwiegende Folgeinfektionen mit sich bringen und im schlimmsten Fall zum Tode führen.
Bereits einige Tage vor Auftreten der Erkrankung ist die Infektion hoch ansteckend. Eine von Ihnen geforderte stärkere Nutzung von Postexpositionsprophylaxe ist aus meiner Sicht daher nicht geeignet, die Ausbreitung von Masern zielführend einzudämmen. Zirkulierende Masern gefährden alle nicht geimpften Menschen und unter ihnen vor allem diejenigen, die aus Altersgründen oder auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht geimpft werden können. Diese Menschen, die sich selbst nicht schützen können, müssen wir schützen.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Bas