Sehr geehrte Frau Bas, warum werden die Diäten durch einen Automatismus bestimmt und nicht wie es das Diätenurteil des BVG verlangt öffentlich diskutiert?
Warum legt man dabei die Lohnentwicklung im Tarifgebiet zugrunde?
Warum wollen Sie das die Menschen im Nichttarifgebiet arbeiten immer schlechter gestellt werden, wollen Sie das Land spalten?
Es geht hier auch um hochqualifizierte Fachkräfte, also bitte nichts mit Mindestlohn.
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Frage. Da Sie sich auf meine Aufgaben als Bundestagspräsidentin beziehen, antworte ich Ihnen nicht in meiner Funktion als Abgeordnete, sondern als Vertreterin des Verfassungsorgans Deutscher Bundestag und der Gesamtheit seiner Mitglieder sowie dank der Zuarbeit der Bundestagsverwaltung:
Abgeordnete werden aus Steuergeldern bezahlt. Ihre Diäten gehören zu den Kosten der Demokratie, die es nicht umsonst geben kann. Wenn es um höhere Diäten für Bundestagsabgeordnete geht, ist die kritische Begleitung durch die Öffentlichkeit deshalb richtig und wichtig. Erlauben Sie mir einige Hinweise, die in der öffentlichen Diskussion manchmal zu kurz kommen:
Der Deutsche Bundestag hat die immer wieder geäußerte Kritik aufgegriffen und deshalb Ende 2011 eine unabhängige Expertenkommission damit beauftragt, Vorschläge zur Abgeordnetenentschädigung und zur Altersversorgung zu erarbeiten. Um die Diäten angemessen zu regeln, hat sich das Parlament dann 2014 ein im Abgeordnetengesetz festgeschriebenes Verfahren auferlegt, das wesentliche Teile dieser Vorschläge umsetzt. Dabei werden auch die Anforderungen, die das von Ihnen zitierte „Diätenurteil“ des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 1975 an das Verfahren der Entschädigungsfestsetzung stellt, berücksichtigt. Demnach müssen die Abgeordneten zwingend selbst über ihre Bezüge entscheiden, da kein anderes Organ die nötige Legitimation dazu hat. Darüber hinaus muss die Entscheidung öffentlich getroffen werden und nachvollziehbar sein.
Als Richtgröße für die Bezüge gelten seither die Gehälter von Richterinnen und Richtern an einem obersten Bundesgericht. Die Entwicklung der Diäten ist heute an den Nominallohnindex gekoppelt. Dieser bildet den durchschnittlichen Anstieg von Löhnen und Gehältern der abhängig Beschäftigten im Bundesgebiet ab, unabhängig davon, ob sie in einem tarifgebundenen Betrieb arbeiten oder nicht. Er wurde als Indexwert gewählt, weil durch ihn die Lohnentwicklung eines Großteils der in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgebildet werden kann. Die Abgeordneten sollen nur im selben Maße wie diese Personengruppe an der Einkommensentwicklung teilnehmen können. Mit diesem Verfahren, das seit dem 1. Juli 2016 angewandt wird, stellen sich die Parlamentarier der verfassungsrechtlich gebotenen Transparenz in eigener Sache. Es soll gerade auch dazu beitragen, den Verdacht der Selbstbedienung zu entkräften.
Das Verfahren, das der Deutsche Bundestag – im Sinne des Bundesverfassungsgerichtsurteils – zu Beginn jeder Legislaturperiode neu beschließen muss, macht die Anpassung nun für alle Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar. Vor der Beschlussfassung findet in der Regel eine öffentliche Debatte im Plenum statt. Der angepasste Betrag der Entschädigung wird zudem jedes Jahr von mir in einer Bundestagsdrucksache veröffentlicht und ist somit für alle Bürgerinnen und Bürger einsehbar.
Bei Interesse können Sie die detaillierte Begründung zum Anpassungsverfahren der Entschädigungen auch in dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes (Drucksache 18/477, S. 10-11) nachlesen. Sie ist unter folgendem Link zu finden: https://dserver.bundestag.de/btd/18/004/1800477.pdf.
Ich hoffe, meine Ausführungen tragen dazu bei, dass Sie die Gründe für das heute angewandte Verfahren zur Festsetzung der Abgeordnetenentschädigungen besser nachvollziehen können.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir als seiner Präsidentin Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Bas