Frage an Bärbel Kofler bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Bärbel Kofler
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Frage von Joachim L. •

Frage an Bärbel Kofler von Joachim L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Tausende besorgter Bürger gehen auf die Strasse um gegen die Geheimniskrämerei beim ACTA Abkommen zu demonstrieren.
Werden Sie für dieses Abkommen stimmen?

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Sehr geehrter Herr Lauktien,

vielen Dank für ihre Frage zum ACTA Abkommen. Die Notwendigkeit, geistiges Eigentum und Innovationen international und gerade auch in der EU zu schützen und Produktpiraterie zu bekämpfen, ist unumstritten. Dazu sollte das ACTA-Handelsabkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie zwischen der EU und den USA, Australien, Kanada, Japan, Mexiko, Marokko, Neuseeland, Singapur, Südkorea sowie der Schweiz dienen. Viele Produktfälschungen sind nicht nur wirtschaftlich schädlich, sondern auch gefährlich, wenn zum Beispiel mit Bremsscheiben aus minderwertigem Material oder gefälschten Medikamenten gehandelt wird.

Jedoch lässt der Text des ACTA-Abkommens auf der digitalen Seite noch viele Fragen offen. Besonders problematisch sind die Regelungen zur Rechtsdurchsetzung im Internet. In den Verhandlungen wurde hier nicht sauber getrennt zwischen der Bekämpfung von Produktfälschungen und Fragen, die das Internet und die digitale Welt betreffen. Die Bekämpfung der Urheberrechtsverletzung darf nicht dazu führen, dass Grund- und Freiheitsrechte eingeschränkt werden oder der Datenschutz aufgeweicht wird. Es darf nicht soweit gehen, dass letztlich jede Bewegung und Kommunikation im Internet überwachbar wird und jeder Nutzer von Musik- oder Videodateien grundsätzlich unter einen Generalverdacht gestellt wird. Daher lehne ich das ACTA-Abkommen in seiner jetzigen Fassung ab.

Offenheit und Transparenz müssen auch in internationalen Verhandlungen gelten. Die Geheimhaltungsversuche zu Beginn der internationalen Verhandlungen des ACTA-Abkommens sind skandalös. Nur durch massiven Druck der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament sah sich die EU-Kommission zu mehr Offenheit genötigt. Die Verhandlungen nun im Europäischen Parlament werden absolut transparent ablaufen. Alle Beratungen werden öffentlich sein und im Internet übertragen. Die Sozialdemokraten werden Mitte April einen Runden Tisch mit allen Interessensgruppen organisieren, denn wir wollen die Zivilgesellschaft hören und ihre Sorgen ernst nehmen.

ACTA ist ein sogenanntes „gemischtes Abkommen“, das sowohl von den Mitgliedstaaten als auch vom EU-Parlament ratifiziert werden muss. Am 26. Januar 2012 haben 22 EU-Regierungen sowie Vertreter der Europäischen Kommission das ACTA-Abkommen unterschrieben. Deutschland hingegen hat das Abkommen vorerst nicht unterzeichnet. Zudem haben mehrere EU-Mitgliedstaaten die Ratifizierung des Abkommens ausgesetzt. Wann ACTA im Plenum des Europäischen Parlaments zur Abstimmung steht, ist noch nicht abzusehen. Es gibt auch keine Frist, bis wann das Europäische Parlament seine Entscheidung treffen muss. Wenn das Europäische Parlament das Abkommen jedoch mehrheitlich ablehnt, ist der Prozess vorbei und diese Abkommen ist gescheitert.

Auch meine sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament sehen einige Bestimmungen des Abkommens sehr kritisch und werden den Text des Abkommens sehr genau prüfen. Unsere Entscheidung wird auf unserem politischen Urteil fußen und sicherstellen, dass Grundrechte und europäische Standards der Freizügigkeit und des Datenschutzes auch in Zukunft unangetastet bleiben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bärbel Kofler

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