Frage an Bodo Ramelow bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Bodo Ramelow
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Frage von Stephan B. •

Frage an Bodo Ramelow von Stephan B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ramelow,

ein Rechtsanwalt erläuterte mir vor kurzem folgende Idee zur Einforderung von Wahlversprechen: Bürger müssten vor der Wahl mit entsprechenden Politikern oder den Parteien einen Vertrag abschließen. Bei Nichteinhaltung der in diesem Vertrag von beiden Seiten unterschriebenen Wahlversprechen wäre dann eine Vertragsstrafe nach Arbeitsrecht fällig.

Meine erste Frage: Was halten Sie von dieser Idee?

Wenn ich mich richtig erinnere, war es sogar mal eine Forderung der PDS, dass Wahlversprechen verbindlich sein sollten. Dies ist eine mögliche Realisierung davon.

Meine zweite Frage soll dies an einem konkreten Beispiel verdeutlichen. Sie äußerten in einem oder sogar mehreren Interviews, dass, wenn die Linke in Thüringen die Regierung stellt, das Bildungsthema (längers gemeinsames Lernen) nicht einfach so durchgesetzt werden soll, sondern, da es so ein wichtiges Thema ist, in einem Volksentscheid (Referendum) entschieden werden soll.

Unter welchen Vertragsbedingungen würden Sie (oder der Landesverband der Linken) sich darauf festnageln lassen, dass dies innerhalb des ersten Jahres einer rot-roten oder rot-rot-grünen Regierung auch tatsächlich auf diese Weise angepackt wird?

Mit freundlichem Gruß,
Stephan Beyer

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Sehr geehrter Herr Beyer,

bin sehr dafür, dass Wahlversprechen als harte Aussagen verbindlich geprüft werden. Sonst macht Wahlkampf keinen Sinn. Die Idee des Rechtsanwalts ist aber absurd, weil sich das Wahlgeheimnis als eine zentrale Grundlage unseres gesamten Rechtssystems darstellt. Ich empfehle Ihrem Rechtsanwalt in diesem Zusammenhang ebenso einen Blick in das Grundgesetz betreffs der dort festgeschriebenen Unabhängigkeit und Gewissensfreiheit des Abgeordneten. Der Vorschlag ist deshalb leider überhaupt nicht tragfähig. Ich halte mehr davon, das Gewicht auf mehr direkte Demokratie zu legen. Das bedeutet verbindliche und erreichbare Volksbegehren und Volksabstimmungen auf der Kommunal-, Landes-, Bundes- und Europaebene. Hier müssen auch finanzielle Themen abstimmungsfähig sein.

Zu ihrer Frage hinsichtlich unseres Wahlprogramms in Thüringen gebe ich ihnen mein persönliches Wort: Längeres gemeinsames Lernen, der Masterplan für eine Verwaltungsreform sowie der Masterplan für eine Energiewende werden die Kernaufgaben einer Landesregierung sein, in die wir eintreten wollen. Entweder werden diese Themen angepackt oder wir werden an einer solchen Landesregierung nicht teilnehmen, wenn es keine Chance auf Verwirklichung dieser Aufgaben gibt. Dann würden wir als Opposition mit der Bevölkerung gemeinsam weiter kämpfen, um diese Ziele durchzusetzen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Antwort behilflich sein.

Mit freundlichen Grüßen
Bodo Ramelow

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