Frage an Bodo Ramelow bezüglich Verkehr

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Bodo Ramelow
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Frage von Ingolf W. •

Frage an Bodo Ramelow von Ingolf W. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Ramelow,

mich ärgern grundsätzlich Ungerechtigkeiten. Angeblich ist deshalb unsere Steuergesetzgebung so umfangreich geworden, im Bestreben nach einer steuerlichen Gerechtigkeit.

Nun sollen wieder einmal die KfZ-Steuern umgestellt werden, auf eine neue Berechnungsgrundlage gestellt werden unter dem Vorwand, die Immisionen damit reduzieren zu können. Ich versuche seit geraumer Zeit, die Wirkung dieser neuen Regelung zu verstehen !

Geht die Politik davon aus, daß jemand, der z.Z. ein älteres oder altes Auto besitzt & dann mehr Steuern zahlen muß, sich umgehend ein neues, schadstoffarmes Auto kauft ? Wenn dafür das Geld nicht vorhanden ist, wo bekommt er das Geld her ? Oder ist es aus Politkersicht vielleicht so, daß keiner einen Anreiz hat, am Lenkrad eines neuen Autos zu sitzen, da die Politiker ausschließlich alte Autos fahren ?

Oder ist es nicht so, daß nahezu jeder bestrebt ist, ein möglichst neues Auto zu besitzen, so er sich es leisten kann ! Sind nicht die, die sich kein neues Fahrzeug leisten können, genug "gestraft". Der Spritverbrauch älterer Fahrzeuge ist höher, so daß auch aus wirtschaftlicher Sicht ein modernes Fahrzeug angestrebt wird. Werden die alten Fahrzeuge dann verschrottet oder fahren die dann irgend wo auf unserem Planeten weiter ? Aber das ist ja nicht unser Problem, oder ? Ich hab das erlebt, z.B. in Kuba.

Trotz ernsthaften Bemühens kann ich in dieser Maßnahme lediglich eine Abzocke gegen die finanziell schwächeren Mitbürger feststellen ohne jegliche Gegenleistung, die der Staat hierfür erbringt !

Vielleicht können Sie mir helfen, die Sinnhaftigkeit dieser Steuerumstellung zu verstehen.

mfg aus jena

dr. ingolf weidlich

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Weidlich,

zum Verständnis möchte ich zu Beginn meiner Antwort generell etwas zur KfZ-Steuer sagen. Die Kfz-Steuer ist für uns Ausdruck einer Zusammenfassung von sozialen, insbesondere ökologischen Kosten, die allein aus dem Besitz eines Autos bereits entstehen. So beanspruchen Autos sowohl beim Fahren als auch beim Parken auf der Straße in erheblichem Umfang öffentlichen Raum. Daher fallen im Zusammenhang mit privaten Fahrzeugen Kosten an, die die öffentliche Hand zu tragen hat. Die Kfz-Steuer kann somit auch als Abgabe für die Nutzung dieses öffentlichen Raumes angesehen werden. Diese Kosten entstehen auch, wenn das Auto nicht gefahren wird – die Kfz-Steuer folgt daher dem Verursacherprinzip. Die Fraktion DIE LINKE ist aus diesem Grunde gegen eine Abschaffung der Kfz-Steuer.

Aus Sicht der Umweltpolitik hat die Kfz-Steuer in der Vergangenheit z.B. im Zusammenhang mit der Anreizbildung für Katalysatoren eine große umweltpolitische Lenkungswirkung entfaltet. Daher erachten wir eine Neuausrichtung der Kfz-Steuer hinsichtlich der aus Gründen des Klimaschutzes überfälligen Reduzierung des CO2-Ausstoßes neuer Pkw für sinnvoll. Negative soziale Effekte, im Sinne einer Mehrbelastung von Menschen mit geringem Einkommen, bei der Umstellung der Kfz-Steuer vom Hubraum auf Kohlendioxid als Bemessungsgrundlage entstehen eben dann, wenn diese auch für alle Altfahrzeuge eingeführt werden würde. Der Hintergrund für diese Benachteiligung ist, dass neue Fahrzeuge bei gleichem Hubraum, durch die Effizienssteigerung bei der Entwicklung neuer Antriebe, weniger CO2 als alte Fahrzeuge ausstoßen. Die Unterschiede werden je nach Alter grob auf bis zu 30 Prozent geschätzt. Das hätte für die Eigentümer von Altfahrzeugen, wie sie ja auch schreiben, erhebliche finanzielle Konsequenzen. Nicht nur bei der eventuellen Finanzierung eines Neuwagens, sondern auch bei der Entrichtung der Steuer.

Deshalb war von Anfang an ein fester Bestandteil unserer Forderungen, dass eine Kfz-Steuerreform nur für neu zugelassene Fahrzeuge gelten soll (siehe unsere Anträge „Trendwende beim Klimaschutz im Verkehr – Nachhaltige Mobilität für alle ermöglichen“ vom 28. Februar 2007 und „Wirksame Begrenzung des CO2-Ausstoßes neuer Personenkraftwagen“ vom 28. Mai 2008). Eine Mehrbelastung von Altfahrzeugen ist auch aus Klimaschutzgründen wenig sinnvoll, da dies für den entscheidenden Aspekt der Anreizwirkung beim Neuwagenkauf ohnehin irrelevant ist.

Entgegen ursprünglichen anders lautenden Plänen scheint auch die Bundesregierung zuletzt die Unsinnigkeit einer Erhöhung der Kfz-Steuer für die Besitzer von Altfahrzeugen erkannt zu haben. Laut dem Beschluss des Koalitionsausschusses zur Kfz-Steuer von Anfang Juni, ist eine solche vom Tisch.

Mit freundlichen Grüßen
Bodo Ramelow

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