Frage an Bodo Ramelow bezüglich Recht

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Bodo Ramelow
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Frage von Rainer H. •

Frage an Bodo Ramelow von Rainer H. bezüglich Recht

Hallo Herr Ramelow,

wie stehen Sie eigentlich zur Geschichte der SED/PDS? Sind Sie bereit zuzugestehen, dass der Bau der Berliner Mauer ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit war und dass es falsch war, 18 Millionen Ostdeutsche hinter Beton und Stacheldraht einzusperren?
Werden Sie sich aktiv dafür einsetzen, dass Ihre Partei ihr historische Schuld an rund Tausend Todesopfer (die genaue Zahl ist ja unbekannt) an der Mauer/innerdeutschen Grenze endlich anerkennt und sie bei den Opfer und ihren Angehörigen entschuldigt? Ist es nicht endlich Zeit, diesen Tatsachen ins Auge zu sehen und sich von der alten SED-Politik abzuwenden?
Ihre persönliche Meinung interessiert mich, nicht irgendwelche Bausteine aus dem Programm oder Ihrer Bundesgeschäftsstelle, bitte!

Mit nachdenklichen Grüßen

R. Hohn

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Sehr geehrter Herr Hohn,

Natürlich erfahren Sie meine persönliche Meinung. Ich komme aus Westdeutschland und war dort jahrelang aktiver Gewerkschafter, gehörte aber nie einer Partei an. Schon vor 1989 habe ich mich kritisch zum Sozialismusmodell in der DDR geäußert. Ohne Demokratie kann es keinen Sozialismus geben. Jeder Tote ist einer zuviel. Da gibt es keine Abstriche. Das ist zu verurteilen. Das Grenzregime wirkte nach innen. Das war falsch. Als ich 1990 in den Osten kam, habe ich die Entwicklung der PDS sehr genau beobachtet und kritisch begleitet. Erst nach sehr reiflichem Überlegen bin ich 1999 in die PDS eingetreten. Ich hätte dies nie getan, wenn sich diese Partei nicht klar immer wieder von den Verfehlungen, ja den stalinistischen Verbrechen der SED im Namen des Sozialismus, glaubhaft distanziert hätte, erstmals auf ihrem außerordentlichen Parteitag Ende 1989. Es gibt mittlerweile zig Erklärungen dazu. Aber auch die praktische Politik der PDS und jetzt der Linkspartei spricht eine deutliche Sprache. Auch wenn Sie es mir vielleicht nicht abnehmen: Demokratie ist zu einem Markenzeichen unserer Politik geworden. In Thüringen haben unsere Mitglieder sehr engagiert am Volksbegehren für mehr Demokratie teilgenommen. Im Landtagswahlkampf warben und im Bundestagswahlkampf werben wir für Volksabstimmungen. Mit großem Respekt vor den Opfern und der Notwendigkeit weiterer Forschung und Analyse, nach 15 Jahren deutscher Einheit muss aber auch eine differenziertere Einschätzung der Geschichte der DDR möglich sein. Ich darf darauf hinweisen, dass es als Preis der deutschen Teilung im Rahmen des Kalten Krieges auch zu politischer Verfolgung, z.B. Berufsverboten, in Westdeutschland gekommen ist. In vielen Fällen führte dies zur Existenzvernichtung. Aber die Verantwortung für den Kalten Krieg und die deutsche Teilung hatte die Barbarei des deutschen Faschismus und die nach 1945 einsetzende Blockkonfrontation, die die Grenze zwischen den Blöcken zu einer Grenzlinie zwischen Kaltem und Heißen Krieg machte. Leider haben dies zu viele Menschen mit dem Tode bezahlt.
Ich bitte Sie nachdenklich zu bleiben, aber auch zu versuchen darüber nachzudenken, dass sich Menschen ändern und dass meine Partei sich in eine demokratische Partei gewandelt hat, unsere Mitglieder Lehren aus der Geschichte gezogen haben.

Mit freundlichen Grüßen
Bodo Ramelow

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