Frage an Cansel Kiziltepe

Cansel Kiziltepe
Cansel Kiziltepe
SPD
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Frage von Bernd S. •

Frage an Cansel Kiziltepe von Bernd S.

Glauben Sie dem Herrn Dobrindt, dass die Autobahnmaut ca 500 Mill. Euro Gewinn pro Jahr einbringt?
Oder gibt es einen anderen Grund, weswegen Sie dieses Projekt unterstützen, dass doch vor allem ein Wegbereiter von privaten und privatizierten Autobahnen sein wird?

Cansel Kiziltepe
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schröder,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de.

Bereits am 27. März 2015 beschloss der Deutsche Bundestag in zweiter und dritter Lesung das sogenannte Infrastrukturabgabengesetz (PKW-Maut). Damals habe ich mit JA gestimmt, zweifelte aber wie viele andere Abgeordnete an der Europarechtskonformität des Gesetzes.

Am 18. Juni 2015 stoppte Verkehrsminister Dobrindt nur sechs Tage nach Inkrafttreten das Gesetz. Anstatt – wie ständig angekündigt – die PKW-Maut zum 01. Januar 2016 „scharf zu stellen“, vereinbarte er fast 18 Monate später mit der EU-Verkehrskommissarin Frau Bulc im Dezember 2016 umfangreiche Nachbesserungen, um die Europarechtskonformität in einem neuen Anlauf mit einer Gesetzesänderung doch noch herzustellen. Diese Änderungen am Gesetz von 2015 führen jedoch absehbar dazu, dass die Einnahmen nennenswert sinken (u.a. Verdoppelung von drei auf sechs Vignetten, wobei vier preiswerter als 2015 festgelegt werden sowie zusätzliche Entlastung für schadstoffarme PKW), während die Ausgaben – insbesondere durch den zusätzlichen Kontrollaufwand durch das Personal des BAG – erheblich steigen werden.

Bundesfinanzminister Schäuble hat die Verantwortung für prognostizierte Nettoeinnahmen im Bundeshaushalt bis 2021 von 1,5 Mrd Euro durch die PKW-Maut übernommen. Nur, wenn diese Prognose auch tatsächlich zutreffen würde, wären die drei Bedingungen des Koalitionsvertrages als unabdingbare Vorbedingungen zur Einführung der PKW-Maut erfüllt:

„Zur zusätzlichen Finanzierung des Erhalts und des Ausbaus unseres Autobahnnetzes werden wir einen angemessenen Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen PKW erheben (Vignette) mit der Maßgabe, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird als heute. Die Ausgestaltung wird EU-rechtskonform erfolgen.“

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat jetzt schon ein zweites Mal versichert, dass sein Gesetzentwurf alle drei Bedingungen erfüllt — ich persönlich habe allerdings insbesondere nach den Erfahrungen von 2015 erhebliche Zweifel daran. Zusätzlich teile ich die Bedenken des Bundesrates über eine mögliche nachteilige Auswirkung der Einführung der Infrastrukturabgabe auf die Grenzregionen. Ein Verzicht auf die Entrichtung der Infrastrukturabgabe auf bestimmten Autobahnabschnitten hätte als Sonderregelung für die grenznahen Städte und Kommunen zweckdienlich sein können. Ich bedauere, dass dieser Vorschlag in den parlamentarischen Beratungen am Widerstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gescheitert ist.

Ich habe dem Gesetzentwurf trotz dieser und weiterer offenen Fragen und Bedenken zugestimmt, weil ich die Abstimmung nicht für eine Gewissensentscheidung halte und weil die SPD vertragstreu auch die Punkte des Koalitionsvertrags umsetzt, die unsere Koalitionspartner zu ihrem zentralen Anliegen gemacht haben. Die Pkw-Maut ist der Preis dafür, dass wir unsere zentralen Versprechen für diese Wahlperiode in die Tat umsetzen konnten: der Mindestlohn gilt, wir haben die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren durchgesetzt und die Kommunen wurden bis 2018 um mehr als 25 Milliarden Euro entlastet.

Mit freundlichen Grüßen

Cansel Kiziltepe