Frage an Christian Lindner bezüglich Soziale Sicherung

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Christian Lindner
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Frage von Moritz M. •

Frage an Christian Lindner von Moritz M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Lindner,

ich habe mich in letzter Zeit oft mit dem Thema Zensur beschäftigt und bin in diesem Bereich oft auf das Thema Nationalsozialismus sowie dessen Zeichen bzw. Gesten gestoßen. Ich selbst bin mit meinen 18 Jahren noch sehr jung und so richtig gemerkt habe ich diese Zensur in dem von mir erworbenen Spiel South Park: Der Stab der Wahrheit. Ich selbst bin homosexuell und sympatisiere in keiner Weise mit rechtem Gedankengut.
Doch stellt sich mir die Frage, ob eine solch radikale Zensur überhaupt nötig ist.
Meine eigentliche Frage an sie ist somit warum sich Deutschland immer noch so schwer tut mit seiner Vergangenheit. Es ist nunmal passiert doch mittlerweile sind fast alle Beteiligten sowie Zeitzeugen aus der Zeit des zweiten Weltkrieges verstorben. In kaum einem Land außer Deutschland existiert ein solches Verbot. Außerdem greift ebendieses doch erheblich in die künstlerische Freiheit ein wenn z.b. ein Modellflugzeug originalgetreu gebaut werden soll, aber das Verbot dieser Zeichen dieses Vorhaben unmöglich machen ?
Es ist klar das die Geschehnisse nicht vergessen werden dürfen und ein mahnendes Beispiel für eine Diktatur sowie Faschismus und Rassismus ist, aber dennoch muss meiner Meinung nach Deutschland lernen offener mit seiner Vergangenheit umgehen und nicht immer kuschen wenn es umbequem oder anstrengend wird.

Mit freundlichen Grüßen

Moritz Mehing

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Sehr geehrter Herr Mehring,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 31.03.2014 zu Fragen des rechtlichen Umgangs mit Symbolen des NS-Unrechtsregimes in der Bundesrepublik Deutschland.

Sie sprechen in Ihrer Anfrage von „Zensur“; diese Einschätzung teile ich nicht. Zensur ist durch Art. 5 Abs. 1 Satz 3 des Grundgesetzes (GG) verboten. Bei dem strafrechtlich verankerten Verbot der Verwendung von Symbolen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a des Strafgesetzbuches, StGB) handelt es sich vielmehr um eine eng gefasste, aber berechtigte Einschränkung der Meinungsfreiheit. Die Meinungsfreiheit ist in Deutschland nicht schrankenlos gewährleistet. Die Meinungsfreiheit findet vielmehr ihre Schranke in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre (Art. 5 Abs. 2 GG). Dies ist Ausdruck eines Abwägungsprinzips: Auf der Ebene der Grundrechte gilt, dass widerstreitende Positionen miteinander in Ausgleich gebracht werden müssen. Kollidiert also die Inanspruchnahme der Meinungsfreiheit mit einem anderen Grundrecht, z.B. der Religionsfreiheit, so sind beide in Ausgleich zu bringen. Das kann dazu führen, dass besonders abwertende, rassistische oder extremistische Positionen keinen Schutz genießen.

Der Schutz der Menschenwürde ist das oberste Prinzip des Grundgesetzes. Er ist in Art. 1 Abs. 1 verankert und unterliegt einer Unabänderlichkeitsgarantie. Es hat historisch betrachtet kein größeres Unrecht gegeben als dasjenige, das das NS-Regime über Deutschland gebracht hat. Die systematische Massenvernichtung ganzer Glaubens- und Bevölkerungsgruppen ist in der Geschichte ohne Beispiel. Der Mensch wurde durch das NS-Regime nicht als Selbstzweck im Sinne Kants und Hegels, sondern als bloßes Objekt staatlicher Willkür betrachtet. Das Regime sprach zahllosen Personen schlicht ihr Menschsein und damit jegliche Würde ab. Diese Lage ist mit der Wertentscheidung des Grundgesetzes gänzlich unvereinbar. Es ist deshalb mehr als gerechtfertigt, die Verwendung von Symbolen, die das NS-Regime nutzte, von Verfassung wegen nicht zuzulassen und zugleich unter Strafe zu stellen, denn jede Verwendung eines solchen Symbols impliziert einen Hinweis mindestens auf Duldung des von den Nazis begangenen Unrechts. Hinter dieser grundsätzlichen Verneinung der Menschenwürde durch die Verwendung von NS-Symbolen – gleich, in welchem Kontext – muss das Interesse Einzelner an der Verwendung solcher Symbole, und sei es auch nur für nicht-politische Tätigkeiten wie etwa Hobbys (Modellbau) zurücktreten. Es handelt sich um eine drastische Ausnahmekonstellation, in der diese Beschränkungen gerechtfertigt sind.

Vor diesem Hintergrund halte ich das Verbot der Verwendung solcher Symbole für sachgerecht.

In diesem Sinne verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Christian Lindner MdL

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