Frage an Christian Lindner bezüglich Gesundheit

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Christian Lindner
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Frage von Katy S. •

Frage an Christian Lindner von Katy S. bezüglich Gesundheit

Wir waren jetzt 7 Wochen abgeschottet nun überschlagen sich die Nachrichten in MV über Lockerungen? Wozu waren wir 7 Wochen lang zu Hause, wenn jetzt mit Macht alles ganz schnell hochgefahren wird? Zu den Sommerferien wird dann wohl alles wieder vorbei sein und wir dürfen dann wieder nichts. Tolle Aussichten!

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Sehr geehrte Frau Seriot,

vielen Dank für Ihre Frage.

Die einschneidenden Maßnahmen, die wir alle in den letzten Wochen erduldet haben, waren zu Beginn der Krise - angesichts mangelnder Vorbereitung, eines geringen Kenntnisstands über das Virus, Engpässen bei der Schutzausrüstung und fehlenden Intensivkapazitäten - absolut unumgänglich. Als Freie Demokraten haben wir diese Einschränkungen nicht nur mitgetragen, sondern initiativ eingefordert, noch bevor die ersten Schulen geschlossen worden waren.

Die verhängten Maßnahmen haben ihre Wirkung schnell entfaltet. Die Zahl der Neuinfektionen ist stark gesunken, die Zahl der aktiv Infizierten regelrecht eingebrochen. Der Lockdown hat den Gesundheitsbehörden die Möglichkeit gegeben, Ihre Kapazitäten bei Tests und Intensivbetten stark auszuweiten - eine Gesundheitskatastrophe wie in Bergamo wurde verhindert. Die Situation hat sich also grundlegend gewandelt: Schutzausrüstung wird geliefert, Kliniken stehen bereit, der Forschungsstand über das Virus hat sich stark erhöht und die Bevölkerung ist über die Lage informiert und für Hygieneregeln sensibilisiert. Inzwischen sind wir daher in einer Situation, in der die Folgen der Pandemiebekämpfung, schädlicher werden die als die Gefahr, die vom Virus in diesem Stadium noch ausgeht. Ich denke an verschobene oder ausfallende Operationen und geschlossene Reha-Einrichtungen, an psychische Schäden beim Verlust der wirtschaftlichen Existenz, an Kinder, denen Bildungschancen genommen werden, und an einen wirtschaftlichen Strukturbruch inklusive der negativen Auswirkungen für die Finanzierung von Sozialstaat und Gesundheitswesen.

Lockerungen sind nun also möglich und daher auch geboten - gerade weil Grundrechtseingriffe dieses Ausmaßes tagtäglich auf ihre Verhältnismäßigkeit hin überprüft werden müssen. Die Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz vom 6. Mai ist daher ein richtiger Schritt und eine notwendige Wende in der eingeschlagenen Krisenstrategie der Verantwortlichen – auch der Bundeskanzlerin. Doch sie kommt sehr spät. Bereits Ende April waren die erheblichen Beschränkungen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens erkennbar nicht mehr verhältnismäßig und auch angesichts verschiedener Gerichtsurteile nicht mehr aufrechtzuerhalten. Umso wichtiger ist, dass die vereinbarten Lockerungen nun schnell und konsequent implementiert werden. Statt Verboten müssen jetzt wirksame Hygieneregeln für Kitas, Schulen, Gastronomie, Hotellerie und Betriebe gelten. Auch der Sport darf davon nicht ausgenommen werden. Infektionsketten müssen nun auf Ebene der Kommunen nachverfolgt und Ausbrüche dort bekämpft werden, statt das ganze Land im Stillstand zu halten. Warum sollte in Dresden ein Hotel schließen, wenn es in Dortmund einen Infektionsherd gibt?

Vor einer zweiten Welle lasse ich mir in diesem Zusammenhang keine Angst mehr machen. Wir müssen wachsam bleiben - doch angesichts der beschriebenen Verbesserungen bei Gesundheitsbehörden, Intensivkapazitäten und der Sensibilisierung der Bevölkerung ist unser Land viel besser vorbereitet als noch zu Beginn der Pandemie. Der augenblickliche Zustand ist mit der Situation im Februar und März nicht mehr zu vergleichen. Wichtig ist allerdings, dass wir die Zeit nun nutzen, um noch besser zu werden. Für das weitere Vorgehen wäre eine interdisziplinäre Expertenkommission sinnvoll, die den Regierungen in Bund und Ländern wöchentliche Einschätzungen in einer gemeinsamen Stellungnahme vorlegt. Hier geht das schwarz-gelb regierte Nordrhein-Westfalen voran, das solch eine Kommission schon vor Wochen eingerichtet hat. Darüber hinaus fehlt ein durchdachtes Konzept zu Nutzung unserer digitalen Möglichkeiten, zum Beispiel durch eine freiwillige App zur Verfolgung und Früherkennung von Infektionsketten.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles Gute - bleiben Sie gesund!

Freundliche Grüße

Christian Lindner

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